Bürgermeister Morkes warnt: "Stadt ist dabei, über ihre Verhältnisse zu leben"

Gütersloh. Auf die Gütersloher Grundstücksbesitzer kommen höhere Steuern zu. Wie Bürgermeister Norbert Morkes und Kämmerin Christine Lang bereits im Januar ankündigten, beabsichtigt die Stadt, 2022 die Grundsteuern A und B anzuheben. Viele Eigentümer müssen sich auf Aufschläge von mehr als 100 Euro gefasst machen. Auch die Gewerbesteuer soll anziehen, wenn auch nur leicht. Morkes und Lang kündigten die Schritte bei der Einbringung des Haushaltsentwurfes 2022 an. Demnach sieht die Lage alles andere als rosig aus. Weniger Einnahmen stehen höheren Ausgaben gegenüber – was zur Folge hat, dass die Stadt für nächstes Jahr von einem Minus in Höhe von 44 Millionen Euro ausgeht. Und nicht nur das, so Morkes: Sehe man sich die Prognosen für die Folgejahre an, werde sich Gütersloh tief verschulden: &bdquo;Die Stadt ist dabei, zukünftig dauerhaft über ihre Verhältnisse zu leben." SteuernDie Grundsteuer B – zu zahlen von den Eigentümern bebauter und unbebauter Grundstücke – soll von 381 auf 479 Punkte steigen. Kämmerin Lang räumte ein, dass der Sprung erheblich sei, &bdquo;allerdings haben sich die Gütersloher bislang unschlagbar günstiger Steuersätze erfreut". Der Anstieg sei verkraftbar. Mit 479 Punkten gleiche man den Wert den fiktiven Hebesätzen an, die im Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes NRW stünden. Wie sich das auswirkt, machte Lang an Beispielen deutlich: Die Besitzer eines durchschnittlichen Einfamilienhauses von Baujahr 1986 müssten 61 Euro mehr zahlen, die eines Hauses von Baujahr 2020 sogar 153 Euro. Bei einer Eigentumswohnung Baujahr 1984 wären es 46 Euro – Beträge, die die Eigentümer auch auf Mieter umlegen können. Die Grundsteuer A – zu zahlen von Land- und Forstwirten – soll von 195 auf 247 Punkte steigen. Moderat fiele dagegen der Anstieg bei der Gewerbesteuer für die Firmen aus: Die Stadt will sie von 411 auf 414 Punkte anheben. Investitionen74,5 Millionen Euro will die Stadt nächstes Jahr ausgeben. Davon entfallen 22 Mio. auf die Schulen – hier wiederum sind die 3. Gesamtschule mit 9,9 Mio. Euro und die Grundschule Heidewald mit 4,2 Mio. Euro die größten Posten. Der modulare Ausbau der anderen Grundschulen fällt mit 1,9 Mio. Euro noch kaum s ins Gewicht – zweistellige Millionenraten seien dort erst ab 2023 zu erwarten, so Morkes. Den zweitgrößten Posten bilden die Beteiligungen: 16,1 Mio. Euro will die Stadt an ihre Töchter geben, 13 davon seien Darlehen, &bdquo;von denen wir hoffen dürfen, dass wir sie als Tilgung wiederkriegen", sagte Lang. Im wesentlichen fließe das Geld ans Klinikum für Ausbau/Sanierung und an die Stadtwerke für neue Busse. 12,8 Millionen Euro entfallen auf Tiefbau (Straßen, Brücken, Kanäle, etc.) und Stadtentwässerung. 8,9 Mio. gehen ins Immobilienmanagement – davon exakt 5,1 Mio. für den Kauf des Postgeländes. Diesen Betrag, festgesetzt nach Bodenrichtwert, Abriss- und Nebenkosten, hat die Stadt vor Jahren mit Eigentümer Hagedorn zu damaligen Konditionen fixiert. 3,3 Mio. Euro gehen in die Kitas, jeweils 1,8 an die Feuerwehr und den Fachbereich Grünflächen. Neues Klima-DezernatMorkes kündigte an, ein neues Dezernat gründen zu wollen, für Umwelt, Klima und Mobilität. &bdquo;Es sollte uns allen klar sein, dass die Zeit reif ist, nicht nur zu reden, sondern zu handeln. Dafür brauchen wir ein starkes Dezernat." In Gütersloh habe es früher mal einen Umweltdezernenten gegeben, später habe man das abgeschafft. Derzeit ist Kämmerin Lang für Umwelt zuständig, um das Thema Mobilität (Verkehr) kümmert sich Baudezernentin Nina Herrling. Mit dem freiwilligen vorzeitigen Ausscheiden von Lang in den Ruhestand Mitte nächsten Jahres biete sich die Möglichkeit zur Neustrukturierung, so Morkes – das entlaste Herrling und entschlacke auch den Lang-Geschäftsbereich Finanzen/Recht/Ordnung um das Thema Umwelt. Die Zahl der Beigeordneten im Verwaltungsvorstand würde sich auf sechs erhöhen; erst kürzlich hatte Carsten Schlepphorst das ebenfalls neue Dezernat Digitalisierung, Zentrale Dienste (Organisation/Verwaltung) und Feuerwehr übernommen. Umgang mit InvestorenMorkes stellte seine Haushaltsrede unter das Motto &bdquo;Nach- und Umdenken". Dazu zähle für ihn auch die Frage, wie die Stadt mit Investoren umgehe, etwa bei den Flächen am Bahnhof und auf dem Marten-Gelände. &bdquo;Ich bin zum Beispiel gegen einen städtebaulichen Wettbewerb bei Marten." Wettbewerbe seien intransparent, der Bürger könne kaum eingreifen, am Ende tage eine Jury und bestimme den Sieger. &bdquo;Ich sehe das kritisch. Da findet mir zu viel hinter verschlossenen Türen statt. Bestes Beispiel ist die Brücke über den Westring. Die hätten wir früher haben können." Statt um Funktionalität und eine schnelle, taugliche Lösung sei es nur um Schönheit gegangen, das habe das Ganze in die Länge gezogen. Morkes sagte, er setze bei Marten oder am Bahnhof eher auf Public Private Partnership, auf ein Miteinander mit den Investoren. Die Stadt gebe damit ihre Planungshoheit nicht aus der Hand, aber die Mitarbeiter im Rathaus würden entlastet und könnten sich intensiver um planerische Aufgaben etwa für Schulen und Kitas kümmern. Auch der Umgang mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) sei nicht immer angemessen gewesen. Mit Folgen, denn: &bdquo;Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus." Das Gründen der neuen städtischen ConceptGT für Wirtschaftsförderung, Immobilien und Stadtentwicklung sei für ihn das Signal, neue Wege zu gehen. Die Gespräche mit der BImA stimmten ihn optimistisch, &bdquo;dass wir endlich eine Lösung für die leerstehenden Britenhäuser finden und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen können." StellenplanMorkes möchte &bdquo;rund 40 neue Stellen" gründen, das Gros entfalle auf Kitas und Soziales. Näheres dazu unter www.haushalt.guetersloh.de AusblickIm nächsten Jahr schlagen der enorme Anstieg der Kreisumlage auf 17 Mio. Euro sowie der Wegfall von Einnahmen über Schlüsselzuweisungen des Landes und aus dem Einheitslastenabrechnungsgesetz ins Kontor. Lang und Morkes appellierten an die Politiker, Zurückhaltung und Bescheidenheit bei den Ausgaben walten zu lassen, auch längerfristig. Jedes Jahr seien Defizite von mehr als 30 Millionen Euro zu erwarten, Folge: Der Schuldenstand wachse rapide. War es zuletzt gelungen, einen Teil des Berges abzutragen, geht die Stadt nun davon aus, dass die Verschuldung schon nächstes Jahr von 61 auf 109 Millionen Euro klettert. Noch, so Lang, sei das aus der mit 147 Mio. Euro gut gefüllten Ausgleichsrücklage zu bewältigen, aber spätestens 2025 sei die leer. &bdquo;Und wie es dann weitergehen soll, bin ich etwas ratlos."

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