Bekannter Gütersloher Spieleladen zieht wegen großer Nachfrage um

Gütersloh. Gehe vor die Tür. Halte dich links und folge der Straße. Nach 150 Metern kommt eine Kreuzung: Beachte die Verkehrsregeln und gehe einfach geradeaus weiter. Folge der Straße für weitere 150 Meter. Widerstehe den Versuchen von Immobilienmakler, Café-Barista und Möbelhändler, dich in ihre Läden zu locken und stelle dann beglückt fest: Du bist angekommen. Ziel erreicht! 100 Gummipunkte! Nein, als Brettspiel taugt der Umzug des Geschäftes von Dennis Glöge nicht. Alles viel zu konstruiert, aufgeblasen, übertrieben. Wer die Anleitung auf ihren Inhalt anklopft, wird sofort merken, wie der Autor versucht, künstlich eine Spannung zu erzeugen, die der Vorgang gar nicht hergibt: Hey, da zieht ein Laden 300 Meter die Straße runter, mehr passiert da doch gar nicht! Was soll das Geschwurbel! Stimmt. &bdquo;Wolpertinger", der Laden von Glöge, wechselt nur das Haus. Von der Kirchstraße 12 zur Blessenstätte 25. Ist das überhaupt der Erwähnung wert? Böser gefragt: Wird hier ein nahezu nichtiger Anlass herbeigezogen, um Schleichwerbung für einen Gütersloher Einzelhändler zu machen? Der Trend war schon vor Corona erkennbar Ja und nein. Dass die Zeitung über den Umzug eines örtlichen Händlers berichtet, kommt ja erstens schon mal vor, und zweitens macht diesen speziellen Umzug die Tatsache interessant, dass der Laden, wie sagt man?, brummt wie Sau. Und da er ein Sortiment führt, das ebenfalls sehr speziell ist – Spiele, vor allem Brettspiele – und der Ladenbetreiber sich veranlasst sieht, seine Geschäftsfläche mehr als zu verdoppeln, wirft dieser Umzug ein Licht auf ein offenbar derzeit stark verbreitetes Bedürfnis der Gesellschaft: Der Mensch will spielen. Homo ludens. Mehr zum Thema: Neues Geschäft mit besonderer Kleidung im Kreis Gütersloh eröffnet Nicht dass Covid-19 und der allgemeine Trend zum Cocooning diesen Menschen wachgeküsst hätte: Spiele waren eh schon gefragt. Was sich analog auf dem Wohnzimmertisch ausbreiten und haptisch von A nach B bewegen lässt - Brett-, Würfel-, Karten-, Rollen-, Wissens-, Strategie-, Fantasie-, Tabletop-, Exit-, Bastel- und Partyspiele: All das wird von Jahr zu Jahr beliebter. Alles, aber bloß kein Online-Zocken &bdquo;Die Leute suchen ein Kontrast zum ständigen Bildschirmflimmern", sagt Glöge. Am Feierabend und am Wochenende seien viele Menschen heilfroh, endlich offline gehen, Computer und Tastaturen zur Seite zu schieben, die virtuelle Welt hinter sich zu lassen und gegen die, nun ja, reale eintauschen zu können. In eine Welt mit echter, leibhaftiger Gesellschaft und angeregter Fantasie. Die Spielwarenbranche verzeichnet enorme Zuwächse, seit längerem schon, und &bdquo;Wolpertinger" ist dabei. Glöge, gelernter Elektriker und Meister der Mechatronik, ist zum passenden Zeitpunkt aufgesprungen. Er trennte sich von seinen alten Berufen, folgte seiner Leidenschaft und machte sich 2018 selbstständig. In diesen nur drei Jahren ist es dem 39-Jährigen gelungen, eine Spiele-Community um seinen Laden zu scharen: Auf Instagram und Facebook folgen ihm tausende, aber nicht etwa, um sich zu Online-Zockereien zu verabreden, sondern um auf dem Laufenden zu bleiben, was die Branche an neuem analogen Zeugs entwickelt hat. Glöge stellt ihnen die Neuheiten vor, plaudert, packt aus, spielt an, erläutert. Kurzweilig und informativ. Er hat sich der Aktion &bdquo;Hoher Spielwerk" angeschlossen, einem Netzwerk von 34 Spielwarengeschäften, die sich auch untereinander auf Stand halten. In Wohnzimmeratmosphäre dürfen die Kunden was ausprobieren Kunden, deren Interesse geweckt ist, kommen zu ihm in den Laden. &bdquo;Aus dem Ruhrpott, aus Hannover, Kassel, manche reisen ein oder zwei Stunden an", sagt Glöge. Während Corona hat sich sein Umsatz teils in den Online-Verkauf verlagert, aber in normalen Zeiten macht Glöge drei Viertel seines Geschäftes vor Ort. Und er beschränkt sich nicht auf den Verkauf. Glöge bietet Spieleabende an, organisiert Quizrunden und Treffs mit Wohnzimmeratmosphäre, Snacks und Getränken. Seine Kunden nutzen an solchen Abenden die Gelegenheit, mal was Neues ausprobieren zu können, andere freuen sich, ihre neue, zuhause schon eifrig gespielte Entdeckung anderen vorstellen zu können. Viele englischsprachige Spiele im Original Rund 1.000 Spiele hat Glöge in seinem Laden. Sie türmen sich in den Regalen bis unters Dach, mehr geht nicht. Was Glöges &bdquo;Wolpertinger" auszeichnet, ist eine Vielzahl englischsprachiger Spiele: Der US- und der britische Markt sind nicht kleiner als der deutsche, viele der dort erfundenen Spiele hält Glöge für großartig, aber sie erreichen nie die Auflage, die notwendig wäre, um sie ins Deutsche zu übersetzen. Glöge kommt an die Originalversionen ran. Seinen Laden &bdquo;Wolpertinger" zu nennen, einem, hasenähnlichen bayrischen Fabelwesen mit Geweih, Flügeln und Vampirzähnen, war eine Eingebung, offenbar nicht die schlechteste. Der Name habe sich in der Spiele-Community flott verbreitet, sagt Glöge. Die Bekanntheit nutzt er auch, um gegen Missstände wie Black Friday anzugehen. &bdquo;Solche Online-Aktionen sind kurzsichtig, sie töten den Handel und unsere Innenstädte", sagt Glöge. Alternativ bittet er seine Kunden während der schwarzen Freitage, Geld für einen guten Zweck zu spenden, etwa für die Suppenküche. Eine vierstellige Summe komme zusammen, so Glöge. Die Frage nach dem persönlichen Lieblingsspiel ärgert ihn Sein persönliches Lieblingsspiel? Zu plump, die Frage, fast ärgert sie ihn; als würde man einen Musikfreund nach dessen Lieblingslied fragen, während das doch völlig abhängig von Jahreszeit, Umständen und Stimmung sei. Bei den Spielen, so Glöge, komme es zunächst darauf an, mit wem man spiele, gefolgt von der Frage, wie viel Zeit man zur Verfügung habe. Als drittes folge das konkrete, tagesaktuelle Bedürfnis: Leichte Kost oder das große Grübeln? Entspannung oder Ehrgeiz? Zuhause, sagt Glöge, habe er eine Auswahl von 300 Spielen, aber auch das wechsle. Umziehen wird der Wolpertinger Ende September/Anfang Oktober. Es geht in den Laden, in dem einst die &bdquo;Hifi Corner" war. Gute Quizfrage: Nenne einen Hifi-Laden, der in Gütersloh Kult war, aber traurigerweise schließen musste. 100 Gummipunkte.

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