Mietshaus in Gütersloh möchte Obdachlosen im Garten loswerden

Gütersloh. &bdquo;Wir wollen diesem Mann wirklich nichts Böse", sagt Rentnerin Ruth Pöls (67). Aber die Situation rund um das gelbe Mietshaus in der Egerländer Straße A 19 in Gütersloh, in dem sie seit November 1980 wohnt, sei mittlerweile unerträglich. Was sie meint? Seit Mitte März hat im seitlich des von vier Parteien bewohnten Gebäudes gelegenen Teil des Gemeinschaftsgartens offensichtlich ein Obdachloser seine Lagerstätte aufgeschlagen. Er campiere und nächtige dort unter freiem Himmel &bdquo;bei Wind und Wetter", wie Nachbarin Gerda Gremmel (84) hinzufügt. Beide Frauen sind vom Schicksal des Mannes bestürzt. Dennoch ärgert sie auch ihre eigene Situation: Sie beklagen angesammelten Müll, Gestank und Exkremente im Vorgarten. &bdquo;Und keiner fühlt sich zuständig." Ein schwieriger Fall aus mehreren Blickwinkeln. Zwischendurch beißt der Geruch in der Nase &bdquo;Vorhin hat er wieder sein großes Geschäft auf dem Gehweg verrichtet. So geht es einfach nicht weiter. Jetzt haben wir als Hausgemeinschaft beschlossen, dass wir das selber in die Hand nehmen und öffentlich auf die Sache aufmerksam machen", sagt Ruth Pöls am Freitag im Rahmen eines Gesprächs mit der NW. Das Bild vor Ort in der Siedlung macht betroffen: Der obdachlose Mann selbst ist nicht anwesend. Dafür zeugt eine alte, verschlissene Isomatte auf dem kargen Rasen unter den Bäumen von ihm. Daneben eine dünne Stoffdecke. Rundherum stapeln sich Einkaufstüten, Kuscheltiere wie ein Stoffhuhn, Kleidung, Müll, Essensreste und Unrat. Zwischendurch beißt immer mal wieder ein Geruch in der Nase. Ratten, Mäuse und Igel würden immer öfter gesichtet. In einer unteren Wohnung des Hauses verschließt jemand schnell die Plissees, während Ruth Pöls weiter erzählt – und zwar Bedrückendes. "Sie haben ihn bespuckt und beschimpft" Die gebürtige Lübeckerin spricht von &bdquo;anderen Nachbarn". Von Leuten, die über die Zustände so verärgert seien, dass sie den Obdachlosen auch schon radikal angegangen seien. &bdquo;Sie haben ihn bespuckt und beschimpft. So etwas geht natürlich überhaupt nicht", sagt Pöls. Sie hat sich selber schon ein, zwei Mal mit dem Mann aus ihrem Garten unterhalten. Er tue ihr leid. Irgendwie müsse man seine und ihre Situation gleichermaßen ändern. Deshalb habe sie auch mehrere Versuche gestartet und unter anderem die zuständige Stelle bei der Stadt Gütersloh zu Rate ziehen wollen. Aus dem Rathaus heißt es am Freitag dazu, dass dem Fachbereich &bdquo;Familie und Soziales" der Mann und dessen Situation zwar bekannt sei. Man habe jedoch &bdquo;formal keine weitere Handhabe". Mann lehnt Angebot der Unterbringung ab Der Hintergrund: &bdquo;Meine für den Bereich Obdachlosigkeit zuständigen Kollegen haben ihm eine Unterbringung in einer der städtischen Wohneinrichtungen angeboten. Dieses Angebot hat er abgelehnt. Somit handelt es sich um eine frei gewählte Obdachlosigkeit", erklärt Annette Blumenstein, stellvertretende Stadt-Pressesprecherin. Man können ihn nicht zwingen, in eine Unterkunft zu gehen. Generell würde der Kontakt zu dem Mann aber kontinuierlich aufrecht gehalten werden, ebenso wie das Angebot, in eine der städtischen Unterkünfte zu ziehen. Gemeinsam mit anderen Institutionen in Gütersloh versuche man, &bdquo;eine Verbesserung der persönlichen Situation zu erreichen", wie Blumenstein versichert. Mieter wenden sich an das Wohnungsunternehmen Auch die Lage an der Egerländer Straße A 19 ist deutlich verbesserungsfähig. Deshalb haben die nun aktiv gewordenen Frauen sich ebenfalls mehrfach an den Vermieter wenden wollen, was sich aus ihrer Sicht zweifelsfrei mehr als schwierig gestalte. &bdquo;Selbst den Hausmeister bekommen wir kaum ans Telefon", beklagt Gerda Gremmel, die im März 1980 zu ihrem im Jahr 2017 verstorbenen Mann Klaus in die Wohnung des Mehrfamilienhauses gezogen ist. 1707 Wohnungen dieser Art werden von der LEG Immobilien AG mit Sitz in Düsseldorf im Kreis Gütersloh betreut, davon 1447 in der Stadt. Wie äußert sich das Wohnungsunternehmen zu den Vorkommnissen? Das sagt die LEG Immobilien AG aus Düsseldorf &bdquo;Ja, der Fall ist uns bekannt", teilt Unternehmens-Sprecher Mischa Lenz auf Anfrage der NW mit. Man habe sich &bdquo;diesbezüglich selbstverständlich" bereits &bdquo;im Rahmen unserer Möglichkeiten" gekümmert. Es sei Kontakt zur Polizei und zur Stadt Gütersloh aufgenommen worden. &bdquo;Die Polizei teilte uns mit, dass sie die Person nur des Grundstücks verweisen könnte, aber keine weitere Handhabe hätte", fährt Lenz fort. Aktuell fahre ein Dienstleister mehrfach pro Woche vor Ort vorbei, um die Situation zu kontrollieren und den Unrat zu beseitigen. Davon ist am Freitag allerdings keine Spur. &bdquo;Grundsätzlich sind wir natürlich für unser Grundstück verantwortlich, können die Person aber lediglich immer wieder von dort verweisen", sagt Mischa Lenz und fügt hinzu: &bdquo;Aus unserer Sicht ist eine Lösung nur mit Hilfe der Stadt und der Polizei möglich." Polizei hat eingeschränkte Möglichkeiten Auch Rentnerin Ruth Pöls hat die Polizei in der Sache nun schon öfter zu Hilfe gerufen. &bdquo;Allein drei Mal in der vergangenen Woche", sagt sie. Doch es sei jedes Mal das Gleiche: Die Beamten würden kommen, dem obdachlosen Mann einen Platzverweis erteilen und dieser quartierte sich dann für ein paar Stunden in einer nahe gelegenen Bushaltestelle ein. &bdquo;Und spätestens am nächsten Tag ist er wieder da." Katharina Felsch, Pressesprecherin der Kreispolizeibehörde Gütersloh, bestätigt mehrere Einsätze in der Vergangenheit. Sie weist aber auch darauf hin, dass die Beamten verhältnismäßig und mit Augenmaß vorgehen müssten und ihnen letztlich nur die Möglichkeit des Platzverweises bleibe, solange der Grundstückseigentümer kein offizielles Haus- oder Grundstücksverbot erteile. Selbst dann ist jedoch von kleineren, strafrechtlichen Anklagedelikten auszugehen. Eigentümer will Grundstücksverbot erwirken Der Schritt des Grundstücksverbots ist seitens der LEG Immobilien AG aus Düsseldorf in der Tat bislang nicht erfolgt. Man erwäge jedoch die Möglichkeit und wolle das gegebenenfalls am Montag kommender Woche nachholen, erklärt Mischa Lenz. Das börsennotierte Wohnungsunternehmen aus dem Rheinland erlebt immer mal wieder ähnliche Fälle wie den aus Gütersloh. &bdquo;Wir bemühen uns in jedem Einzelfall aktiv darum und möchten auch in diesem Aspekt unserer sozialen Verantwortung gerecht werden", sagt Mischa Lenz. &bdquo;Natürlich möchten auch wir, dass die Person menschenwürdig und angemessen untergebracht werden kann und hier nachhaltig Hilfe und Unterstützung erfährt." Wie dies in Einklang mit einem möglichen Grundstücksverbot zu sehen ist, bleibt am Ende ebenso offen wie die Zukunft des obdachlosen Mannes und seines Quartiers im Garten eines Siedlungshauses mitten in Gütersloh.

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