Jetzt als Podcast: Das Rätsel um Ingrid Amtenbrinks Tod

Gütersloh. Vor genau zwölf Jahren hat der mysteriöse Mord an der Witwe Ingrid Amtenbrink aus Gütersloh Schlagzeilen gemacht. Die Leiche der 67-Jährigen wurde damals in einem Kornfeld in Blankenhagen gefunden. Trotz intensiver Fahndungen der Polizei fehlt bis heute vom Mörder jede Spur. Auch moderne DNA-Analysen können nicht weiterhelfen – und so bleibt der &bdquo;Cold Case" ungeklärt. Für immer? Der rätselhafte Mordfall ist nun Thema in einer neuen Episode von "OstwestFälle - dem True-Crime-Podcast der Neuen Westfälischen". Die Fakten zum Mord an Ingrid Amtenbrink im Überblick: Am 21. Mai 2009 (Himmelfahrtstag) verschwindet die damals 67-jährige Ingrid Amtenbrink aus dem Kreis Gütersloh nach einem Musikfest spurlos. Am 22. Mai schaltet die Tochter der verschwundenen Frau eine Vermisstenanzeige. Die Leiche von Ingrid Amtenbrink wird am darauffolgenden Sonntag von Anwohnern in einem Getreidefeld gefunden. Die 67-Jährige wurde erwürgt. Die Ermittler sichern Fremd-DNA am Fundort. Tausende Speichelproben werden durchgeführt und unzählige Menschen befragt – erfolglos. Die TV-Sendung &bdquo;Aktenzeichen XY ungelöst" strahlt den Mordfall aus, ebenfalls ohne Erfolg. Bis heute ist kein Täter gefasst. Problematische Aufklärung von Tötungsdelikten ohne erkennbare Beziehung Fast alle Tötungsdelikte in Deutschland werden geklärt, die Quote liegt bei weit mehr als 90 Prozent. Die Täter sind meist im unmittelbaren Umfeld der Opfer zu finden. Man spricht dann von Beziehungstaten: Geschäftspartner, Familienangehörige, Nachbarn oder Freunde. Doch es gibt auch andere Fälle, bei denen außer der Todesursache quasi nichts aufgeklärt werden kann. Wenn es keinen Verdacht und keine Spur gibt, nur Ungewissheit. Ermittlungen werden problematisch, wenn Morde scheinbar oder tatsächlich zufällig verübt werden, wenn Opfer und Täter also in keiner erkennbaren Verbindung zueinander stehen. Denn im Gegensatz zum Totschlag trifft der Täter beim Tatbestand Mord Vorsichtsmaßnahmen, um nicht gefasst zu werden. Ist das im Mordfall Amtenbrink ähnlich? Ingrid Amtenbrink verlässt allein das Musikfest Wir blicken zurück: Ingrid Amtenbrink verlässt am 21. Mai 2009 (Himmelfahrtstag) zu Fuß um 13.25 Uhr ihre Wohnung an der Haselstraße. Es ist ein ganz normaler Frühlingstag mit gemäßigten Temperaturen. Wahrscheinlich, so die Ermittlungen, läuft sie von dort auf den Heckenweg, dann auf die Tarrheide. Danach biegt sie in den Meier-zu-Rassfeld-Weg ein und besucht das Open-Air-Musik-Fest &bdquo;Swinging Table". Es ist die kürzeste Strecke dorthin. Die 67-Jährige hält sich etwa eine Stunde lang zwischen dem Eisstand und der Sektbar auf. Ab 15 Uhr sitzt sie gemütlich an einem der zahlreich aufgestellten Tische und genießt die herrliche Frühlingsluft. Das Festival ist zu diesem Zeitpunkt schon sehr gut besucht. Sie lacht, wirkt fröhlich, trinkt Erdbeerbowle, lauscht der Livemusik und unterhält sich mit einem älteren Ehepaar. Um 16.45 Uhr macht sie sich auf den Heimweg. Sie verabschiedet sich von ihren Gesprächspartnern: &bdquo;Ich gehe jetzt allein nach Hause." Da wird sie zum letzten Mal lebend gesehen. Die Tochter der Verschwundenen erstattet Vermisstenanzeige Am nächsten Morgen wundert sich ihre Nachbarin an der Haselstraße, dass immer noch der Sonnenschirm von Ingrid Amtenbrink auf dem Balkon aufgespannt ist. &bdquo;Sie hat ihn eigentlich jeden Abend zusammengefaltet. Also ist sie nicht nach Hause gekommen", mutmaßt sie später. Die Tochter versucht mehrmals vergeblich, ihre Mutter telefonisch zu erreichen. Als sie sich auch am nächsten Tag nicht meldet, beschließt sie, zu ihrer Wohnung zu fahren. Doch die ist leer. Sie erstattet eine Vermisstenanzeige. Anwohner entdecken die Leiche im Getreidefeld Am darauffolgenden Sonntag macht sich um 18 Uhr eine Anwohnerin der Haselstraße zusammen mit ihrer Tochter spontan auf den Weg, um die Vermisste zu suchen. Ein Bekannter schließt sich mit seinem Hund an. Als der kleine Suchtrupp gegen 19 Uhr im Kornfeld am &bdquo;Schulpättchen", einem asphaltierten Mini-Pfad an der Holler Straße, eine Art Schneise erspäht, die in das Getreidefeld führt, schauen sie neugierig nach. Im hohen, grünen Korn entdecken sie die tote Ingrid Amtenbrink. Trotz Spuren am Fundort: Mörder bleibt unentdeckt Der Fundort liegt 300 Meter entfernt vom Meierhof Rassfeld. "Sie hat dort gelegen, als wenn sie gerade vom Friseur gekommen ist", sagen diese Zeugen aus. "Sie hat aber am Fundort keine Schuhe getragen." Die Notärztin stellt auf den ersten Blick nur eine kleine Kopfverletzung fest. Trotz extremer Fahndungen der Polizei fehlt bis heute vom Mörder jede Spur. Die Kripo hat Freunde, Nachbarn, Verwandte und mehr als 500 Besucher des Hof-Festes verhört, setzt sogar Spürhunde ein, die einen Tag später die Schuhe vom Opfer im Kornfeld finden, sichert schließlich eine Fremd-DNA, die vom Täter stammen muss. Auch die TV-Sendung &bdquo;Aktenzeichen XY ungelöst" strahlt den Mordfall aus. 1.500 Euro werden als Belohnung für Hinweise ausgesetzt. Doch alle Bemühungen enden in einer Sackgasse. Lesen Sie auch: Rätselhafter Tod von Ingrid Amtenbrink - "Kein Mensch, der Feinde hat" Obduktion bringt Klarheit: Es soll sich um Sexualverbrechen handeln Tatzeit: unbekannt. Tatort: unbekannt. Motivlagen: unbekannt. &bdquo;Zu Anfang waren wir uns nicht sicher, ob es sich tatsächlich um ein Tötungsdelikt handelt", berichtet ein ehemaliger Ermittler. Erst die Obduktion bringt Klarheit. Offensichtlich, so die gesicherten Recherchen dieser Redaktion, ist Ingrid Amtenbrink erwürgt worden. Es soll sich um ein Sexualverbrechen handeln. Ermittler und Gerichtsmedizin sollen jedoch unterschiedlicher Meinung sein. Die Pathologen sollen fest behauptet haben, dass Ingrid Amtenbrink erst wenige Stunden vor ihrem Auffinden getötet worden ist, was die damalige Ermittlungsgruppe nicht glaubt. Es soll sogar deswegen einen richtigen Streit zwischen beiden Parteien zum Mordfall gegeben haben. Also könnte die Rentnerin nach ihrem Verschwinden am Himmelfahrtstag doch noch zwei Tage gelebt haben. War es ein männlicher Täter? Ihr Tod wirft viele Fragen auf: Ist die 67-Jährige auf ihrem Heimweg vom Musik-Festival ihrem Mörder begegnet? Hat sie einen Umweg gemacht? Ist sie womöglich zu ihm ins Auto gestiegen? Hat sie sich an einem anderen Ort freiwillig aufgehalten oder wurde sie gegen ihren Willen festgehalten? Eine Bestätigung der Kripo dafür gibt es nicht. Täterwissen. Vermutlich, so ein mittlerweile pensionierter, beteiligter Kripobeamter, sei die Leiche dort im Kornfeld abgelegt worden, um vielleicht eine Beziehung zum Open-Air-Musikfest zu knüpfen. Die Fallanalyse des Landeskriminalamtes hat ergeben, dass es sich um einen männlichen Täter handeln müsse. Es gebe keine Täter-Opfer-Vorbeziehung. Eine Eingrenzung seines Alters sei laut Landeskriminalamt nicht möglich, er müsse jedoch regionale Bezüge haben. Das bringt die Kriminalbeamten nicht weiter. Nach Tausenden Speichelproben: Arzt hegt Verdacht Neben einem Massenspeicheltest (12.000 Männer haben DNA-Proben abgegeben) hat die Mordkommission &bdquo;Korn" auch Suizide, die mit der Tat in Verbindung stehen könnten, in der Umgebung näher untersucht. Erfolglos. Dennoch hat es einen kleinen Hoffnungsschimmer gegeben: Vor zwei Jahren meldete sich ein Arzt mit einem Verdacht. Ihm sei bei bestimmten Anlässen ein unbekannter Mann zweimal aufgefallen, von dem er glaubt, dass dieser etwas mit dem Fall zu tun haben könnte. Ein Foto liefert er gleich mit. Die Details dazu wolle er gerne der Polizei mitteilen. &bdquo;Doch die Polizei hat sich nie mehr bei mir gemeldet. Man hätte ja wenigstens mal mit mir reden können", sagt er enttäuscht in einem Gespräch mit dieser Redaktion. Ohnehin gebe es inzwischen noch weitere Hinweise von Zeugen, die sich nach etlichen Jahren plötzlich wieder an Begebenheiten erinnerten, die wichtig sein könnten. &bdquo;Wirklich schade. Das alles wäre vielleicht die letzte Chance, diesen Mord doch noch aufzuklären." Übrigens: Auf dem Grabstein von Ingrid Amtenbrink ist immer noch kein Todestag eingemeißelt. Bringt die DNA irgendwann einen Treffer in der bundesweiten Datenbank? Doch die verstrichene Zeit kann sogar helfen. Zum einen bietet die erst in den 1990er Jahren eingeführte DNA-Analyse heute ganz neue kriminaltechnische Möglichkeiten. Die am Tatort in Gütersloh gesicherte DNA könnte eines Tages einen Treffer in der bundesweiten Datenbank ergeben. Zum anderen wiegt die Last einer eventuellen Mitwisserschaft mit den Jahren oft immer schwerer. Oder der berühmte Kommissar &bdquo;Zufall" kommt der Polizei zu Hilfe. Fest steht: Die Wahrheit kommt jedenfalls nie zu spät.

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