Coronavirus beschert einziger Brauerei im Kreis Gütersloh gehörigen Kater

Gütersloh. 2020: Das sollte das Jahr werden, in dem sich für Hohenfelder was zusammenbraut. Was man alles feiern wollte! Das Firmenjubiläum, den neuen Markenauftritt, die Hopfenmanufaktur, die Übergabe an die nächste Generation. Doch stattdessen: Corona und Kopfweh. Der Virus bescherte der einzigen Großbrauerei im Kreis Gütersloh einen gehörigen Kater. &bdquo;Ja, es tut weh, wenn einem derart der Stecker gezogen wird. Aber wir sind robust genug, das zu überstehen", sagt Sophia Schütze. Die 27-Jährige ist auserkoren, das Unternehmen in die Zukunft zu führen. Sie hat Betriebswirtschaft in Münster studiert, mit Auslandssemestern in Athen und St. Gallen, nun arbeitet sie sich als Mitglied der Geschäftsleitung ein. Im Laufe des nächsten Jahres wird sie die Nachfolge ihres Vaters Edgar Schütze (67) antreten; dann, so die Hoffnung, soll sie gewappnet und das Virus besiegt sein. Vom Amtmann des Amtes Reckenberg gegründet Es ist eine lange Tradition, die Sophia Schütze fortführt. 1845 hatte Konrad Lappmann die Idee gehabt, auf seinem Hof eine &bdquo;Bayerische und Exportbrauerei" zu gründen. Lappmann, Amtmann des Amtes Reckenberg, hatte zwar unternehmerischen Weitblick, aber keine Ahnung, also holte er sich den Beistand eines Braumeisters aus Unterfranken. Zwei Jahre später benannten sie die Brauerei um – und tauften sie, angelehnt an die alte Flurbezeichnung, &bdquo;Hohenfelde". Ob ihr vor so viel Geschichte bange sei? &bdquo;Nein", sagt Sophia Schütze. In den 175 Jahren habe es vermutlich keines wie dieses 2020 gegeben, und dennoch seien die Perspektiven gut. Es gebe genug Biertrinker, die das regionale Handwerk schätzten; genug Menschen, denen die örtliche Verwurzelung wichtig sei und die Wert auf bewusstes Konsumieren legten. &bdquo;Ent-Globalisierung" nennt Schütze das. Dieser Trend sei auch bei anderen Lebensmitteln zu beobachten. Firmen und Vereine zeigten sich solidarisch Wie tief die regionale Identifikation wurzelt, hatten Solidaritätsaktionen im Frühsommer gezeigt: Um ihren örtlichen Brauer zu stärken, kauften Firmen und Vereine ihm palettenweise Flaschenbier ab und gaben es für kleines Geld an ihre Mitarbeiter und Mitglieder weiter; die Differenz übernahmen sie selbst. &bdquo;Es tat gut zu sehen, wie sehr die Leute hinter unserer Marke stehen", sagt Schütze. Zwischenzeitlich sei die Nachfrage nach dem heimischen Gerstensaft derart gestiegen, dass die gelben Kisten mit dem Leergut knapp geworden seien. Allerdings fließt von den 50.000 Hektolitern, die Hohenfelder pro Jahr braut, nur die Hälfte in Flaschen, die andere Hälfte geht ins Fass. Schütze: &bdquo;Und dort trifft uns der Rückgang hart." Kneipen geschlossen, Feste abgesagt: 2020 fragte kaum jemand Fassbier nach. Schon beim ersten Lockdown im Frühjahr sah sich Hohenfelder gezwungen, seine Fässer wegzuräumen und fertiges Kellerbier, das sich nicht so lange hält, in den Ausguss zu schütten. Was tun, wenn jedes Schützenfest ausfällt? Das Problem: Gerade mit Fassbier verdient eine Brauerei Geld. &bdquo;Der Deckungsbeitrag ist ungleich höher", sagt Schütze. Normalerweise verkaufe Hohenfelder zwei Drittel seiner Fässer an die Gastronomen und ein Drittel an Veranstalter. Doch was tun, wenn jeder Saalbetrieb ruht, wenn jedes Schützenfest und jeder Weihnachtsmarkt ausfällt, wenn Gütersloh keinen Schinkenmarkt, Wiedenbrück keinen Karneval und Lippstadt keine Herbstwoche ausrichtet? Zwei Monate ist es inzwischen her, dass die Langenberger ihr letztes Fass befüllten. &bdquo;Das rentabelste Standbein ist uns fast vollständig weggebrochen", sagt Schütze, und leider sei derzeit nicht mal sicher, wie die Saison 2021 wohl aussehen werde. Um die 250 regionale Veranstaltungen sind es normalerweise, die Hohenfelder beliefert. Von der Belegschaft, 27 Mitarbeiter, arbeitet der Großteil kurz. Staatliche Überbrückungshilfen? &bdquo;Bislang Fehlanzeige", sagt Schütze. Hohenfelder habe die Abgeordneten Ralph Brinkhaus und André Kuper angeschrieben, auch die Brauereiverbände seien rührig, aber bewirkt habe das bislang wenig. &bdquo;Noch ist das Thema nicht abgehakt, aber wenn wir Pech haben, rutschen wir überall durch." Viel Lob für den neuen Markenauftritt Das Firmenjubiläum zu feiern, war schlicht nicht möglich. &bdquo;Am 25. April hatte unser Hoffest steigen sollen, dann haben wir es auf den Sesehr ptember verschoben, schließlich haben wir es abgesagt. Es ging nicht", sagt Schütze. Auch der Festabend in der neuen Stadthalle in Rheda-Wiedenbrück fiel aus. Immerhin war rechtzeitig zum Jubiläumsjahr der neue Markenauftritt fertig. Motto: &bdquo;Neuer Look. Bewährter Schluck." Der Relaunch umfasste alles: Kronkorken, Bierdeckel, Banderolen, Verkaufswagen, Kühlanhänger und natürlich das Firmenlogo: Der Bogenschütze zielt nun nach vorne statt nach hinten. &bdquo;Vorwärts- statt rückwärtsgewandt, so stelle ich mir das vor", sagt Sophia Schütze. Für den frischen, dynamischen Auftritt habe das Unternehmen viel Lob bekommen. Dass es berechtigt sei, könne jeder feststellen, sogar ganz nüchtern.

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