Sie ist die neue Gütersloher Spitzenfrau der CDU

Gütersloh. Das erste Mal trat Helen Wiesner, geborene Förster, schon mit 17 auf die politische Bühne. Damals, 2000 war das, nahm sie sich vor, die Junge Union aus deren Schlummer zu holen. Als neue Vorsitzende des Ortsverbandes Gütersloh sprach sie: &bdquo;Viele Jugendliche verbinden mit Politik langweilige Debatten und fühlen sich nicht angesprochen." Das wolle sie ändern. Heute, 20 Jahre später, zählt sie zu den wichtigsten Politikern im Kreisgebiet. Wiesner führt die CDU-Fraktion im neuen Kreistag. Einstimmig haben die Fraktionsmitglieder sie zur neuen Vorsitzenden gewählt. Die 38-jährige Gütersloherin folgt auf Heinrich-Josef Sökeland, der nach elf Jahren nicht erneut für den Vorsitz kandidiert hatte. Ihr Vater galt viele Jahre als der Finanzfachmann im Gütersloher Stadtrat Ohne die CDU wird in der Kreispolitik wenig gehen. Zwar sind die goldenen Zeiten der absoluten Mehrheit seit 2004 vorbei, allerdings besetzen die Christdemokraten 28 der 72 Sitze im Kreistag und haben damit einigen Spielraum, die politische Agenda zu dominieren. Wiesner versteht sich gleichwohl als Teamplayerin, intern wie extern: &bdquo;Wir haben Gespräche mit allen Fraktionen außer der AfD und der Linken geführt. Ein festes Bündnis wird es nicht geben, aber ich setze auf eine gute Zusammenarbeit." Mit 15 Sitzen stellen die Grünen die zweitstärkste Fraktion im Kreistag, gefolgt von der SPD mit 14 Sitzen. Die neue Fraktionschefin bringt inzwischen reichlich politische Erfahrung mit. Wann sie in die Partei eingetreten sei? &bdquo;Mit 13, glaube ich, müsste ich nachgucken." Am Tisch ihrer Eltern sei viel über Politik und gesellschaftliches Engagement gesprochen worden; ihr Vater, Thomas Förster, gehörte 15 Jahre dem Gütersloher Stadtrat an und galt dort als der Fachmann für Finanzen. Schon früh in Ehrenämtern engagiert Wiesner legte ihr Abitur am Evangelisch Stiftischen Gymnasium ab, studierte Politik und Verwaltungswissenschaften in Konstanz und Barcelona, engagierte sich während des Studiums und danach in den Elternvertretungen von Kindergarten und Grundschule und im Verein &bdquo;Bürger für Jugend und Ausbildung", als die CDU 2009 bei ihr anfragte, ob sie sich vorstellen könnte, für den Kreistag zu kandidieren. Wiesner konnte. Sie übernahm den Wahlbezirk des Parteigranden Ludger Kaup und holte ihn direkt. Verheiratet ist sie mit Wilko Wiesner, einem Rechtsanwalt, der ebenfalls der Kommunalpolitik zugetan ist. Zeitgleich übernahmen sie 2009 ein Mandat – Helen im Kreistag, Wilko im Stadtrat. Auch ihr Ehemann, ein gebürtiger Ostfriese, trat in große Fußstapfen; er übernahm den Bezirk von Gerhard Piepenbrock, langjähriger Ratsherr und stellvertretender Bürgermeister, wenn auch nur für fünf Jahre. Inzwischen zum Notar bestellt, arbeitet Wilko Wiesner in der Kanzlei seines Schwiegervaters als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. "Im Moment überlagert die Bekämpfung der Pandemie alles" Die Fraktion derart souverän wie Sökeland zu führen, dürfte nicht einfach sein. Der Harsewinkeler Allgemeinmediziner, Inhaber einer ortsübergreifenden Gemeinschaftspraxis mit mehreren Standorten, hatte sich trotz seiner beruflichen Belastung enorm hineingekniet. Allerdings verstanden sich Sökeland und Helen Wiesner die elf Jahre stets als Gespann; von Anfang an war sie seine erste Stellvertreterin, Wiesner vertrat ihn auch über längere Zeiträume. Weiterer Vorteil: Die CDU-Kreistagsfraktion wird künftig drei statt zwei Stellvertreter haben: Helmut Kaltefleiter aus Verl, Birgit Ernst aus Werther und Peter Wiese aus Gütersloh. Ihre vorrangigen politischen Ziele? &bdquo;Im Moment überlagert die Bekämpfung der Pandemie alles", sagt Wiesner. Dabei dürften jedoch nicht die anderen großen Themen vergessen werden: Der wirtschaftliche Strukturwandel samt Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Zusammenhalt der Gesellschaft. "Dürfen unseren Kindern keinen Berg an Schulden hinterlassen" &bdquo;Wir müssen im Kreis Gütersloh politisch den Rahmen setzen für eine gute Bildung und Weiterbildung", sagt Wiesner. Die Stärkung und Ausrichtung der Berufskollegs, der Ausbau der Fachhochschule in Gütersloh – darin sehe sie wesentliche Stellschrauben. Beim Punkt Nachhaltigkeit sagt sie, die CDU stehe für ein ehrgeiziges Klimakonzept und für die Solidität der Finanzierung. &bdquo;Wir sollten unseren Kindern einen bewohnbaren Planeten, aber auch keinen Berg an Schulden hinterlassen", so die Mutter von drei Kindern (5, 8 und 9 Jahre). Gesellschaftlich erkenne sie im Augenblick, nicht nur wegen Corona, eine starke Polarisierung: &bdquo;Auch da muss es uns gelingen, die verschiedenen Gruppen wieder zusammenzuführen." Gut möglich, dass ihr dabei die Erfahrungen helfen, die sie während ihrer hauptberuflichen Arbeit sammelt: Wiesner ist seit Jahren die Leiterin des Gütersloher Büros von Ralph Brinkhaus. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin des CDU-Kreisverbandes, eine Stelle, die sie direkt nach dem Studium antrat, hatte sie seinerzeit schon dessen Wahlkampf für den Bundestag betreut. Die große Bundespolitik und die nur vermeintlich kleine Lokalpolitik – Wiesner fühlt sich auf beiden Gebieten zuhause. Ab kommenden Montag, dem Tag der konstituierenden Sitzung des Kreistages, will sie es beweisen.

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