"Völlig unter der Gürtellinie": Massive Kritik an Mitarbeitersuche eines Betriebs

Gütersloh. Normalerweise sind sie die Fachleute für Gas, Wasser und Heizung. Momentan ist bei den Mitgliedern der Gütersloher Sanitär-Branche indes gehörig &bdquo;Dampf auf dem Kessel" wie Christian Westerhelweg (52) vom gleichnamigen Isselhorster Unternehmen einräumt. Auslöser der vor gut einer Woche ausgebrochenen brancheninternen Dissonanzen ist eine mit finanziellen Anreizen befeuerte Mitarbeitersuche der Heizung- und Sanitärfirma Henrich Schröder aus Isselhorst. Proppevolle Auftragsbücher in Kombination mit ausgelasteten Mitarbeitern sowie dem leidigen Fachkräftemangel führen in dem Isselhorster Betrieb immer wieder zu Auftragsabsagen an investitionswillige Kunden. Lieber heute als morgen würde die Geschäftsführung um das Brüderpaar Cord und Thorsten Schröder deshalb fünf bis zehn für den Einbau regenerativer Heizungsanlagen benötigte Anlagenmechaniker einstellen. Doch die sind selten. Sehr selten. &bdquo;Wir wollen niemanden abwerben", beteuert Thorsten Schröder Um die zunächst auf der firmeneigenen Homepage in einem selbstgedrehten Video publizierten Stellenausschreibungen in eine möglichst breite Öffentlichkeit zu tragen, hat Mit-Geschäftsführer Thorsten Schröder deshalb für den Vertragsabschluss 1.000 Euro Vermittlungsprämie für den jeweiligen Tippgeber ausgesetzt. Obwohl der Personalverantwortliche mehrfach versichert, &bdquo;wir wollen niemanden abwerben. Wer bei einem Kollegen glücklich ist, soll da bleiben", ist im Kollegenkreis genau dieser Eindruck entstanden. Nach dem Erscheinen des Artikels in der Neuen Westfälischen glühten die Telefondrähte der Experten für Gas, Wasser, Heizung ab morgens um 6 Uhr heiß. Stellvertretend für etliche Installateure behielt auch Heizungs- und Sanitärtechnikexperte Christian Westerhelweg seinen Unmut nicht für sich. In einem Brief an die NW wirft der Chef eines neun Mitarbeiter großen Betriebes seinem Isselhorster Mitbewerber Ellenbogenmentalität, Illoyalität, unlautere Methoden und fehlenden Branchengeist vor. Christian Westerhelweg: &bdquo;Schröder wildert im Revier der Kollegen. Mitarbeiter über eine Kopfprämie gewinnen zu wollen, macht man einfach nicht." Hintergrund der Streitigkeiten ist der sich weiter zuspitzende Fachkräftemangel in der Branche. Christian Westerhelweg: &bdquo;Durch das altersbedingte Ausscheiden von Arbeitskräften werden wir in fünf Jahren im Handwerk eine Notlage erleben, die es so noch nicht gegeben hat." In seinem Antwortschreiben auf die Prämienoffensive führte der seit 37 Jahren in seinem Beruf tätige zweifache Vater noch weitere Argumente an. Das An-/Abwerben qualifizierter Arbeitskräfte sei seit Jahren kein neues Phänomen; diese Praxis jetzt auch auf dem breiten Arbeitsmarkt anwenden zu wollen, bedeute in seinen Augen &bdquo;einen Dammbruch". &bdquo;Unmoralisches Gewinnstreben", wirft ihm Westerhelweg vor Aus ethisch-moralischer Sicht gibt Westerhelweg zu bedenken: &bdquo;Es kann doch kein ernsthafter Lösungsansatz sein, dass einzelne Arbeitgeber versuchen, sich mit Geld- oder Sachgeschenken gegenseitig Mitarbeiter abspenstig zu machen?" Zur Verdeutlichung skizziert er ein Worst-Case-Szenario: &bdquo;Wird demnächst Handwerker A schließen müssen, weil seine Mitarbeiter wegen eines Geldgeschenkes zu Handwerker B wechseln? Oder wird Handwerker C am Ende der lachende Dritte sein, weil seine Kopfprämie noch einmal höher ausfällt?" Laut Aussage des 52-Jährigen fiel bei internen Gesprächen in Branchenkreisen des Öfteren das Wort &bdquo;Nestbeschmutzer". Die Stellungnahme endet mit den Worten: &bdquo;Wenn ein Handwerksbetrieb so auf Wachstum ausgerichtet ist, dass sein wirtschaftliches Fortbestehen nur damit zu gewährleisten ist, Mitarbeiter anderer Handwerkskollegen mit Geldprämien abzuwerben, dann können die Gründe dafür nur unmoralisches Gewinnstreben und Unersättlichkeit lauten. Wobei der Begriff &bdquo;Handwerkskollege" hier als unangebracht angesehen wird, da &bdquo;Kollegialität" anders geht." Auch bei der Innung ist man sauer Mit seinen Vorwürfen steht Christian Westerhelweg nicht alleine. Auch Lehrlingswart Bertram Barzak (55) von der im Kreis Gütersloh 130 Mitglieder starken Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik-Innung ist über den Schröderschen Versuch, &bdquo;neue Wege bei der Mitarbeitersuche zu gehen", stocksauer. Bereits Donnerstag früh um 7 Uhr tat das Mitglied im Innungsvorstand Thorsten Schröder seinen Unmut kund: &bdquo;Das ist kein kollegiales Verhalten, völlig unter der Gürtellinie. Es geht um reine Abwerbung." Leider habe die Innung keinerlei Handhabe, ein solches Verhalten zu unterbinden. Bertram Barzak: &bdquo;Ich könnte nur das Gleiche machen." Christian Westerhelweg habe mit seinen Vorwürfen &bdquo;vollkommen recht". Bertram Barzak argumentiert grundsätzlich: &bdquo;Der Innungsobermeister, viele, viele Kollegen und ich sehen das ganz genauso. Unter Kollegen wirbt man sich nicht gegenseitig die Mitarbeiter ab."

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