Junge Frau behauptet sich in Männerdomäne: Sie stellt täglich 200 Pakete zu

Gütersloh. Johanna Grätzke ist eine von drei Frauen, die als Paketzustellerinnen bei der Deutschen Post DHL Group in Gütersloh arbeiten. Das ist ungewöhnlich, gibt die 21-Jährige offen zu. Schließlich sei ihr Job körperlich anstrengend, ein Paket kann bis zu 31,5 Kilogramm wiegen. Etwa 200 Pakete stellt Grätzke am Tag im gesamten Gütersloher Stadtgebiet zu, das entspreche etwa 120 bis 130 Stops mit dem DHL-Bulli. Ihre übrigen neun Zusteller-Kollegen seien allesamt männlich. "Für mich ist die anstrengende Arbeit kein Problem" "Für mich ist die anstrengende Arbeit aber kein Problem", sagt Grätzke mit einem Lächeln im Gesicht und ergänzt: "Als Frau bekomme ich neben einem breiten Grinsen auch regelmäßig Hilfe von unseren Kunden. Manche nehmen mir schwere Pakete ab und tragen sie selbst in ihre Wohnung hinein." Nicht selten werde die 21-Jährige wegen ihres Geschlechts in ein Gespräch an der Haustür verwickelt. "Die Leute interessieren sich dafür, warum ich den Beruf als Frau ausübe und fragen nach." Seit April diesen Jahres ist Johanna Grätzke als Paketzustellerin in Gütersloh tätig. Die 21-Jährige kam zu einer Zeit, in der die Paketbranche immer mehr zu florieren begann - insbesondere wegen der Coronakrise. "Rund um Ostern herum haben unsere Zusteller deutschlandweit rund neun Millionen Pakete ausgeliefert", sagt Rainer Ernzer, Pressesprecher der Deutschen Post DHL Group. "Normalerweise erreichen wir diese Werte in der Weihnachtszeit." Das Logistikunternehmen hatte für 2020 ursprünglich mit rund 5,3 Millionen Zustellungen pro Tag gerechnet. "Aktuell sind es sieben Millionen", so Ernzer, der die Arbeit der Paketzusteller ausdrücklich lobt. "Der Job ist aktuell eine wahre Herausforderung." Der Kauf per Klick wird immer beliebter Der Kauf per Klick wird immer beliebter, der Online-Handel erlebt einen Aufschwung. Die Corona-Pandemie verschafft nicht nur der Digitalisierung sondern auch der Paket-Branche einen zusätzlichen Schub. "Das können wir nur bestätigen", sagt Sebastian Kaltofen, Regional Communications Manager der Hermes Germany GmbH. "Seit Beginn der Corona-Krise verzeichnen wir einen deutlichen Sendungsanstieg – stellenweise von mehr als 40 Prozent. Diese Mehrmengen haben sich auch im Verlauf der Pandemie nicht merklich verringert." "Die Menschen trauen sich weniger raus" Exemplarisch verweist auch Kaltofen auf aktuelle Sendungsmengen im Kreis Gütersloh, die "wir im vergangenen Jahr in der absoluten Spitzenzeit des Weihnachtsgeschäfts hatten." Im Kreis Gütersloh betreibt die Hermes Germany GmbH derzeit 38 Paketshops. "Die Menschen trauen sich weniger raus", nennt Michael Bublitz, Geschäftsführer der Citipost OWL, einen der Gründe für den aktuellen Boom in der Paketbranche. Die Citipost OWL ist seit Mitte 2019 im Paketgeschäft tätig, wenngleich der Paketsektor bislang lediglich 0,4 Prozent des Unternehmensumsatzes ausmacht. Aber auch Bublitz bestätigt ein erhöhtes Paket- und Briefaufkommen im Raum Ostwestfalen. "Insbesondere Katalogversendungen mehren sich aktuell vor Weihnachten. Das wiegt schon einmal deutlich mehr als ein einfacher Brief." Graut es ihr vor dem Weihnachtsgeschäft? Trotz steigender Zustellzahlen graut es Johanna Grätzke nicht vor dem bevorstehenden Weihnachtsgeschäft. Freie Tage und auch Urlaub gebe es in dieser Zeit zwar nicht, aber den Menschen Pakete liefern zu dürfen, die sie sehnlichst erwarten, bereite der 21-Jährigen Freude. "Je näher Weihnachten kommt, desto länger werden die Arbeitstage. Das ist mir vollkommen klar. Für mich ist das aber absolut in Ordnung. Ich kenne es ja nicht anders. Die Zeit vor Corona habe ich ja nicht mehr mitbekommen." Grätzke wisse, dass im Gütersloher Hauptsitz der Post, aktuell noch an der Kaiserstraße, stets dafür gesorgt werde, dass ein jeder Paketzusteller nicht überlastet wird. "Die Pakete werden immer gerecht verteilt. In unserem Gütersloher Team funktioniert das super. Jeder unterstützt hier jeden", sagt sie. Die 21-Jährige berichtet außerdem von einem "Zwei-Wellen-System", durch das der Kontakt der einzelnen Arbeitskollegen während der Coronapandemie reduziert wird. Deutschlandweit werden 10.000 Mitarbeiter eingestellt Im Weitere stellt die Deutsche Post DHL Group derzeit deutschlandweit 10.000 weitere Mitarbeiter ein, um das erhöhte Paketaufkommen bewältigen zu können. "Vier Zusteller werden auch in Gütersloh gesucht", sagt Pressesprecher Rainer Ernzer. "Auf diese Weise versuchen wir unsere Mitarbeiter zu entlasten." Einmalig habe die Gruppe ihren Mitarbeitern im Zuge der Coronakrise einen Gehaltszuschuss von 300 Euro gewährt. Eine Prämie rund um das Weihnachtsgeschäft wird es allerdings nicht geben.

Meistgelesen