Kaum Unterstützer: Schlechte Karten für Ortsumgehung in Friedrichsdorf

Gütersloh. Der Rückhalt der heimischen Politik für eine Ortsumgehung in Friedrichsdorf schwindet rapide. Von fünf Kandidaten, die zur Bürgermeisterwahl am 13. September antreten, positionieren sich vier dagegen. Nur Volker Richter (SPD) ist für die Umgehung. Er hält die Realisierung aber für unwahrscheinlich. Auch Henning Schulz hat sich nun als Bürgermeisterkandidat der CDU auf Anfrage der Bürgerinitiative Pro Ortsumgehung geäußert: Auch mit seiner Stimme habe der Rat im Sommer 2019 weitreichende Beschlüsse zum Klima- und Ressourcenschutz getroffen. Durch den Neubau der Umgehungsstraße würden auch in Zukunft zusätzliche, bislang unversiegelte Flächen dem Autoverkehr bereitgestellt. &bdquo;Das ist für mich nicht mehr tragbar“, so Schulz. Weiter heißt es: &bdquo;Die Inanspruchnahme von Ackerflächen und die Zerschneidung von Flächen und Wegebeziehungen führt zu einer strukturellen Schwächung der Landwirtschaft und der gesamten Landschaft. Deshalb lehne ich dieses Straßenneubauprojekt ab.“ Individuelle Autonutzung soll sichtbar zurückgehen Nichtsdestotrotz sei ihm die Belastung bewusst, die die jetzige Verkehrssituation für die Menschen im Ortsteil mit sich bringe. Schulz schlägt &bdquo;gesamtstädtische Maßnahmen“ vor, die dazu führen sollen, &bdquo;dass die individuelle Autonutzung sichtbar zurückgeht“. Er wolle die Durchfahrtsgeschwindigkeit insgesamt und besonders an den Ortseingängen auf Tempo 30 senken. So könnte im Ergebnis die Ortsdurchfahrt von Echtzeit-Navigationssystemen nicht mehr als &bdquo;schnellste Route“ vorgeschlagen werden. Intelligente Ampelsteuerungen könnten diesen Prozess unterstützen, so dass auch andere Verkehrsteilnehmer den Straßenraum wieder besser und gleichberechtigter nutzen könnten. Die Bürgerinitiative hatte schon vor Monaten um einen Gesprächstermin mit dem Bürgermeister gebeten. Dieser ist aber laut der Initiative immer wieder verschoben worden, coronabedingt, so die Stadt. Als es dann am 6. August zum Treffen kam, habe Schulz Fragen, die von Bürgern an die Initiative gereicht worden waren, nicht beantworten wollen. Mit dem Hinweis, dass er das nur als Bürgermeisterkandidat, nicht aber in seinen Amtsräumen als Bürgermeister könne. Daraufhin sei das Treffen geplatzt. Die Stadt bestätigt den Vorgang und weist darauf hin, dass Schulz Amt und Mandat konsequent voneinander trenne. Grünen wollen dafür sorgen, dass Umstieg auf Rad, Bus und Bahn attraktiver wird Auch bei den anderen Bürgermeisterkandidaten stößt die Initiative auf wenig Rückhalt. Gitte Trostmann (Grüne) antwortete der Initiative: &bdquo;Genauso wie die Grünen im Stadtrat bin ich gegen eine Ortsumgehung. Ich werde mich stattdessen dafür einsetzen, dass die Situation für die Menschen entlang der Durchgangsstraßen verbessert wird.“ Mehr Straßen bedeuteten auch mehr Verkehr. &bdquo;Vielmehr möchte ich dafür sorgen, dass der Umstieg auf Fahrrad, Bus und Bahn attraktiver wird.“ Norbert Morkes (BfGT) stellt sich ebenso gegen den Straßenneubau. &bdquo;Die Trasse führt direkt durch ein Naturschutzgebiet, das dadurch zerstört wird. Das ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar.“ Er plädiert für Tempo 30, auch aus Klimaschutzgründen. Ähnlich argumentiert Manfred Reese (Die Linke): &bdquo;Mit mir als Bürgermeister wird es keine Ortsumgehung Friedrichsdorf geben und ich werde mich auch nicht in Düsseldorf dafür einsetzen.“ Durch eine Umgehungsstraße würden Begehrlichkeiten für Ansiedlung von Gewerbe geweckt und dann wäre noch mehr Verkehr die Folge. Seine Empfehlung: Die Initiative habe indes seine volle Unterstützung (auch in Düsseldorf), Friedrichsdorf für die Lkw-Durchgangsverkehre zu sperren. SPD hält Durchfahrtsverbot für Lkw für weniger wirksam Volker Richter (SPD) hingegen erinnert an das Wahlprogramm seiner Partei 2014, in dem sich für die Umgehungsstraße ausgesprochen wurde. Mittlerweile sei der Sachverhalt so, dass sich die Stadt Bielefeld dagegen sperre, ein Bau nur über Gütersloher Gebiet aber unmöglich sei. &bdquo;Als Bürgermeister der Stadt Gütersloh werde ich in den ersten 100 Tagen meiner Amtszeit mit dem Oberbürgermeister unserer Nachbarstadt abklären, ob sich die Position der Stadt Bielefeld zur Ortsumgehung ändern könnte“, so Richter. Er unterstütze unabhängig davon auch andere Beiträge zur Verbesserung der Verkehrssituation in Friedrichsdorf, wie ein Durchfahrtsverbot für Lkw, auch wenn die Auswirkungen auf die schwierige Verkehrssituation deutlich geringer seien. Unter anderem wird dieses Mittel auch von der Gegeninitiative Bürger gegen Ortsumgehung (BGO) favorisiert. Die Möglichkeit eines Durchfahrtverbots für Lkw wird im Auftrag der Politik geprüft. Das könne aber bis März 2021 dauern, wie Inga Linsel (Fachbereich Stadtplanung/Bauordnung) im Planungsausschuss am Dienstag mitteilte. Über eine Rückstufung des Projekts in Düsseldorf wird nicht nachgedacht Landtagsmitglied Raphael Tigges (CDU) gehörte zu den treibenden Kräften, die dafür gesorgt haben, dass die Ortsumgehung Friedrichsdorf im Jahr 2018 im Landesstraßenplanungsprogramm (LLP) wieder in die vorrangige Planung aufgenommen wurde. Das Statement seines Gütersloher Parteikollegen könne er &bdquo;sehr gut nachvollziehen“ und respektiere seine Meinung dazu. &bdquo;Wir sind uns sehr einig in dem Ziel, die verkehrliche Belastung für Friedrichsdorf zu minimieren.“ Über eine Rückstufung des Projekts werde in Düsseldorf nicht nachgedacht. Die Aufnahme des Projekts in das LLP der zweiten Stufe ermögliche, überhaupt Planungsgrundlagen zu erarbeiten und Realisierbarkeiten zu prüfen. Er sei der Auffassung, dass bevor eine Straße gebaut werde, alle anderen Maßnahmen und Möglichkeiten einer Verkehrsentlastung für Friedrichsdorf ergriffen werden müssten. Da zur Zeit die Projekte der ersten Stufe des LPP priorisiert würden, bei denen fertige Planungsgrundlagen vorlägen, bleibe ohnehin abzuwarten, ob und wann Planungskapazitäten für die zweite Stufe bestünden. &bdquo;14 Jahre ehrenamtlicher Arbeit werden mit Füßen getreten“ Josef Außendorf von der Initiative Pro Ortsumgehung ist enttäuscht. &bdquo;14 Jahre ehrenamtlicher Arbeit werden mit Füßen getreten.“ Der Bürgerwille werde total vergessen, verweist Außendorf auf die vor 14 Jahren gesammelten 1.800 Unterschriften für die Ortsumgehung. &bdquo;Offenbar hat die Meinung weniger Bürger in den Außenbereichen mehr Gewicht als die der 2.000 bis 3.000 betroffenen Anlieger.“ Gerade auch von der Kehrtwende der CDU sei er enttäuscht. &bdquo;Für mich ist das Wählerbetrug.“

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