Sollten wegen der Corona-Pandemie die Kommunalwahlen verschoben werden? Eine Umfrage unter den heimischen Parteien ergibt ein uneinheitliches Meinungsbild.

Gütersloh. Nicht nur das öffentliche Leben liegt weitgehend darnieder. Auch der politische Betrieb hat sich in Zeiten der Corona-Pandemie mehr oder weniger in Quarantäne begeben. Die Ratssitzung am vorigen Freitag stellt eine Ausnahme dar. Und so wird in den Landesparteien bereits seit Tagen darüber diskutiert, vor diesem Hintergrund die für den 13. September geplanten Kommunalwahlen eventuell zu verschieben. Die Lokalredaktion hat sich bei den heimischen Parteien (nur die UWG hat sich nicht geäußert) umgehört. Demnach halten es die meisten Sprecher für verfrüht, jetzt eine Entscheidung über einer Verlegung der Wahlen zu treffen. Linke und FDP es jedoch für notwendig, einen neuen Termin ins Auge zu fassen. "Zuerst über die Fristen nachdenken" &bdquo;Für mich wäre als erstes darüber zu diskutieren, ob die Frist zur Abgabe der Wahlvorschläge – derzeit der 16. Juli – zu verschieben ist", sagt SPD-Stadtverbandsvorsitzender Volker Tappe. Hier sei noch Luft, da die geltende Frist von 59 Tagen vor dem Wahltermin auf veralteten Zeitabschätzungen hinsichtlich der Prozesse innerhalb der Verwaltung beruhe. Außerdem: Wenn man laut Grundgesetz eine Bundestagswahl innerhalb von 60 Tagen auf die Beine stellen könne, müsse nicht ein halbes Jahr vorher über die Absage der Kommunalwahl entschieden werden. Tatsache ist, dass momentan sämtliche Versammlungen untersagt sind. Das gilt auch für die von Tappe angesprochenen Kandidatenaufstellungsversammlungen im Vorfeld der Wahlen. &bdquo;Unsere Versammlung war für den 28. April angedacht. Ich gehe heute davon aus, dass dieser Termin nicht stattfinden kann. Einen neuen Termin gibt es aktuell nicht", teilt der Stadtverbandvorsitzende der Gütersloher CDU, Ischo Can, auf Anfrage mit. Auch SPD und Linke haben ihre Versammlungen auf unbestimmte Zeit verschoben. Grüne, BfGT und FDP wollen – Stand heute - im Mai über ihre Reservelisten entscheiden. "Ein demokratischer Wahlkampf wäre nicht möglich" Und was ist mit den Wahlen im September? &bdquo;Sollten sie stattfinden, ohne dass sich die Lage in Sachen Corona wesentlich gebessert hätte, wäre das verantwortungslos", sagt Manfred Reese, Fraktionsvorsitzender der Linken im Rat. Ein Dialog mit den Bürgern wäre kaum möglich, somit auch kein demokratischer Wahlkampf. Zudem hätten Menschen ohne Internetzugang keine gleichwertigen Chancen auf Information und Austausch. Auch der neue FDP-Stadtverbandsvorsitzende Sascha Priebe ist für eine Verschiebung der Wahlen, mindestens bis November, bei weiteren Ausgangsbeschränkungen bis in den Sommer hinein auch bis zum Frühjahr 2021. &bdquo;Die Ladungsfristen müssen schließlich eingehalten und auch die Wählbarkeit der Kandidaten geprüft werden." Laut Priebe haben die Folgen von Corona mit Ausnahme der Wahlversammlung noch zu keinen konkreten Auswirkungen auf die Wahlvorbereitungen der Liberalen geführt. &bdquo;Inwieweit Fotografen für die Kandidatenplakate eingeschränkt sind, ist mir noch nicht bekannt. Wahlprogramm oder Layout der Werbeprodukte könnten zeitig vorbereitet werden, weil einige Vorstandsmitglieder im Homeoffice oder vom Arbeitgeber freigestellt seien. "Die Lösung wäre die Briewahl" Die beiden größeren Parteien halten wenig von einer Verschiebung der Wahlen. &bdquo;Zeigt uns nicht die Krise, dass die Demokratie funktionieren muss? Die Lösung für den Wahltermin wäre meines Erachtens die Briefwahl", sagt Ischo Can. &bdquo;Bis in den September hinein werden wir zumindest zu einem gewissen Grad zur Normalität zurückkehren." Ehrlicherweise sei aber derzeit an einen Wahlkampf nicht zu denken. &bdquo;Heute geht es schlicht nur darum, das Richtige zu tun." Womit wohl gemeint ist, zu Hause zu bleiben und Kontakte zu vermeiden. Mit sechseinhalb Jahren sei die aktuelle Wahlperiode schon ungewöhnlich lang, sagt Volker Tappe. Irgendwann stelle sich die Frage, ob die Entscheidungen der Stadt nicht einer erneuten demokratischen Legitimation durch die Bürger bedürften. Außerdem hätten sich sowohl die aktuellen Ratsmitglieder als auch die potenziellen neuen in ihrer Lebensplanung auf einen neuen Rat ab November eingestellt. Das sollte möglichst nicht über den Haufen geworfen werden. &bdquo;Auch die Parteien haben schon viel Zeit, Energie und Geld investiert", so Tappe. Es wäre schade, wenn dies vergebens wäre. Sie würde es begrüßen, wenn es bei dem Termin im September bleibe, trotz der erschwerten Umstände, sagt Gitte Trostmann, Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen und grüne Bürgermeisterkandidatin. Die Wahlkampfvorbereitungen seien massiv eingeschränkt. "Wir sitzen auf fertigen Kampagnen und können nicht entscheiden, ob wir Großflächen buchen können oder bei den Plakaten das Datum der Wahl noch passt", fügt Trostmann hinzu. Bis spätestens zu Beginn der Sommerferien brauche man Gewissheit. "Andere Formate als Tür-zu-Tür-Wahlkampf" Da einige weitere interne Veranstaltungen hätten abgesagt werden müssen, gelte es nun, sich "in gewissem Umfang neu sortieren", meint der SPD-Stadtverbandsvorsitzende Tappe. Zudem stelle sich die Frage, wie direkte Gespräche mit den Bürgern, etwa im Tür-zu-Tür-Wahlkampf, durch andere Formate effektiv ersetzt werden könnten. Die BfGT äußert sich kurz und knapp auf die Frage, ob sie für eine Verlegung sei. &bdquo;Nein", antwortet ihr Vorsitzender Norbert Morkes. Die Entscheidung liege aber beim Land. &bdquo;Und die BfGT nimmt es so, wie es kommt." Stellt sich auch die Frage, wann die CDU ihren Bürgermeisterkandidaten offiziell präsentiert. Bisher gehen alle davon aus, dass Henning Schulz wieder antritt. Ischo Can sagt dazu: Aktuell sei eine Vorstellung &bdquo;nicht absehbar."

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