Erste Amtshandlung: Neuer Bauernpräsident besucht Gütersloher Landwirte

Gütersloh. Astreines Timing: Nur 30 Stunden nach dessen Wahl hatten die heimischen Bauern den neuen Präsidenten des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) zu Gast. Hubertus Beringmeier konnte beim Kreisverbandstag der Landwirte im A2-Forum in Rheda gleich seine erste Grundsatzrede halten. Besonders grundsätzlich fiel sie allerdings gar nicht aus, abgesehen von zwei Kernbotschaften: Die Landwirtschaft stehe vor enormen Herausforderungen - und sie müsse ihre Geschlossenheit wahren. Mehrmals, in unterschiedlichen Formulierungen, warnte Beringmeier vor einer Spaltung. "Wenn wir keine gemeinsame Sprache mehr sprechen, wenn wir in einzelne Bereiche zerfallen, wird es gefährlich. Wir dürfen nicht zulassen, dass es zu einer Spaltung kommt, denn das würde unseren Gegnern in die Hände spielen." "Nur gemeinsam sind wir stark" Die Äußerungen des neuen Bauernpräsidenten (58) aus Hövelhof zielten vor allem in Richtung Nachwuchs und der Protestbewegung LsV ("Land schafft Verbindung"). Die LsV hatte sich zuletzt als Stimme der frustrierten, aufbegehrenden Bauern etabliert, sie hatte über soziale Netzwerke die Kundgebungen und Treckerkarawanen organisiert und sich noch am Dienstag mit Ministerin Julia Klöckner getroffen. Der LsV sei es gelungen, die Politik zu sensibilisieren, lobte Beringmeier, mit ihren Aktionen habe sie den Bauern Gehör verschafft. Der WLV werde einen kurzen Draht zu ihr halten, sie seien die ersten, die er bei Entscheidungsprozessen an den Tisch hole. Auch Kreisverbandsvorsitzender Andreas Westermeyer kündigte an, die LsV-Bewegung zu unterstützen. "Nur gemeinsam sind wir stark." Dass Tausende, vor allem junge Landwirte auf die Straße gingen, um für ihre Zukunft zu kämpfen, zeige, wie ernst die Lage sei. Fast gleichlautend sagten Westermeyer und Beringmeier, sie wollten nicht schwarzmalen, aber wie die Landwirtschaft in zehn Jahren aussehe, wüssten sie nicht. "Man spricht nicht von Veränderungen, sondern von einem kompletten Umbruch", so Westermeyer. Die Chinesen bauen Schweineställe, die siebenstöckig sind Der Verler Kreisverbandschef machte das an seinem eigenen Hof fest. 2011 habe er seinen bislang letzten Schweinestall exakt so gebaut, wie es ihm die Fachleute von Haus Düsse, der Lehr- und Versuchsanstalt des Landes, geraten hätten. Mit dem Stall, den Haus Düsse heute empfehle (noch ist er in der Genehmigungsphase), habe das nichts mehr zu tun. Er werde das Fünffache eines konventionellen Stalles kosten, dennoch machten die Baukosten den geringsten Teil der Produktionskosten am Schwein aus. "Zukünftig soll ich neben der Tierkontrolle im Stall auch noch Rasen mähen und Hecken schneiden?", so Westermeyer. Da stelle er sich die Frage, sei das innovativ oder fernab der Realität. Ihm sei klar, dass eine Lehranstalt neue Wege aufzeigen müsse. Aber ein Stallsystem, das für ein höheres Wohl von 500 Tieren eine Investition von zwei Millionen Euro erfordere, werfe die Frage auf, was das Schwein am Ende denn kosten solle. Westermeyer: "In anderen Teilen der Welt entwickelt sich die Landwirtschaft auch weiter. In China baut man derzeit siebenstöckige Ställe mit 30.000 Sauen. Zukünftig sollen es 13 Stockwerke mit 50.000 Sauen sein. Wir können und wollen unsere Märkte nicht abschotten, finden aber in anderen Teilen der Welt völlig andere Gegebenheiten und Ansichten als bei uns und sollen trotzdem konkurrieren. Diesen Kampf können wir so nicht gewinnen." Die Bürgermeister in einem Speeddating befragt Alles nur trist? So sehen freilich weder Westermeyer noch Beringmeier die Lage. Dass es ein kurzweiliger, anregender Kreisverbandstag wurde, lag auch an einer hübschen Idee: Die Bauern hatten die Bürgermeister des Kreises zu einem "Speeddating" eingeladen. 10 von 13 kamen. In einem Frage-Antwort-Spiel konnten sie sich und ihre Kommune zu den Themen Flächenverbrauch, Biodiversität und Stärkung der Außenbereiche positionieren. Den meisten gelang das gut. Moderiert von Mechthild Frentrup-Stolte, Hendrik Ruwisch und Westermeyer, konnten sie erklären, wie sie es etwa mit Trinkwasserressourcen, Ausgleichsmaßnahmen, Flächenversiegelung und Straßenbau halten. Der Rheda-Wiedenbrücker Theo Mettenborg zum vierspurigen Ausbau der B 61? "Wir sind dagegen und werden uns dem Votum Bielefelds und Güterslohs anschließen". Der Schloß Holte-Stukenbrocker Hubert Erichlandwehr zu Hofläden? "Ich habe mir in Hamm einen Hofladen in einer Scheune angesehen, den betreiben mehrere Bauern zusammen. Das ist doch mal eine Alternative, wenn es mit einem Wochenmarkt nicht klappt." Der Gütersloher Henning Schulz zu flächensparendem Bauen? "Wir müssen die Grundstücke stärker verdichten. Manchen Güterslohern muss ich aber leider immer noch erklären, dass nicht alles, was mehr als anderthalb Geschosse hat, ein Hochhaus ist. Auch Gewerbetreibende müssen lernen, mehr in die Höhe zu gehen." Der Herzebrock-Clarholzer Marco Diethelm zur (von den Bauern abgelehnten) B 64n? "Wenn wir eine neue Umgehungsstraße hätten, könnten wir an der alten B 64 Siedlungen bauen. Das bedeutet weniger Siedlungsbau in der Fläche und damit weniger Inanspruchnahme von Land."

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