Miele wehrt sich gegen Gewerkschaftskampagne vor den Werkstoren in Gütersloh

Gütersloh. &bdquo;Die Stimmung im Werk wird immer schlechter. Die Kollegen sind angefressen und die Geschäftsführung hüllt sich in Schweigen", berichtet Miele-Betriebsrat Michael Ludwig, während er versucht, noch ein paar Flugblätter unter die Leute zu bringen. Zu dritt stehen die IG-Metaller vor Tor 2 des Miele-Werks, wo die Angestellten gerade auf dem Weg in ihre Büros sind. Manche drehen sich weg, als hätten die Gewerkschafter eine ansteckende Krankheit. Andere nehmen das Informationsangebot gerne an. Aber kaum jemand bleibt stehen, um zu reden. &bdquo;Die Sorgen sind noch nicht bei allen angekommen. Aber auch im Angestelltenbereich fangen die Leute so langsam an, sich Gedanken zu machen", erklärt Stefan Moldenhauer, der in seiner Funktion als Gewerkschaftssekretär der IG-Metall maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass an diesem Vormittag mehr als 7.000 Flugblätter an allen deutschen Miele-Standorten und auch bei Imperial verteilt werden. "Es hieß immer, bei Miele ist es sicher. Jetzt steht die Welt praktisch Kopf" Seit halb sechs klappert er gemeinsam mit Betriebsrat Ludwig und Markus Lüffe als Leiter des Vertrauenskörpers die verschiedenen Werkstore in Gütersloh ab. Bei den Arbeitern hätten sie mehr Resonanz bekommen, sagen sie. &bdquo;Die bekommen natürlich Existenzängste, wenn sie hören, dass hier jeder dritte Arbeitsplatz wegfallen soll. Es hieß ja immer, bei Miele ist es sicher. Jetzt steht die Welt praktisch Kopf", meint Lüffe. Neben dem von der NW bereits berichteten geplanten Abbau von 770 Arbeitsplätzen im Gütersloher Gerätewerk (GTG) binnen der nächsten sechs Jahre geht es in dem Flugblatt um weitere Forderungen, mit denen sich die Arbeitgeberseite in den Tarifverhandlungen laut Gewerkschaft präsentiere. "Das hat Knallpotenzial" &bdquo;Das hat Knallpotenzial. Wir müssen unsere Kollegen darüber informieren, wie man den Beschäftigten im GTG in die Tasche greifen will: mit Entgeltverzicht bei kommenden Tariferhöhungen, hochflexiblen Schichtmodellen in allen Bereichen der Fertigung, Umstellung vom Prämienlohnmodell auf Zeitlohn, absoluter Hoheit bei auch standortübergreifenden Versetzungen und der Finanzierung der Altersteilzeit durch die Beschäftigten", erklärt Moldenhauer. Bislang hatten die Hiobsbotschaften geplanter Einsparungen durch Arbeitsplatzabbau oder Eröffnung neuer Waschmaschinenwerke in Ländern wie Polen, wo die Arbeit billiger ist, eher Leute nervös gemacht, die in der Produktion beschäftigt sind. Doch schon bald, so befürchtet die IG Metall, könnten auch die Jobs jener Angestellter betroffen sein, die in Bereichen wie interner Logistik und Dienstleistung beschäftigt sind. Der Grund zur Sorge hat drei Buchstaben: SSC. Die Abkürzung steht für &bdquo;Shared Service Center", in die bestimmte Aufgaben ausgelagert werden – zum Beispiel nach Polen. Das SSC von Miele soll bereits um den Jahreswechsel nicht weit vom polnischen Waschmaschinenwerk eröffnet werden und Standort der Finanzverwaltung werden. Die IG Metall befürchtet, dass dadurch deutschlandweit Stellen in der Verwaltung gefährdet sind. Mitarbeiter für Finanzen und Buchhaltung finden sich in vielen Miele-Werken, besonders ausgeprägt ist dieser Bereich jedoch am Stammsitz in Gütersloh. In dem polnischen SSC sollen laut einer früheren Mitteilung von Miele zunächst 20 Beschäftigte anfangen, langfristig plane man mit 250 Mitarbeitern. &bdquo;Miele darf keine Zwiebel werden, bei der Schicht für Schicht abgezogen wird, durch Beschäftigungsabbau, Verlagerung ins Ausland und Outsourcing einzelner Geschäftsteile", fordert die Gewerkschaft. Geschäftsleitung bittet um Unterstützung und Vertrauen Die Geschäftsleitung von Miele reagierte gestern Abend mit einer Mitteilung an alle Mitarbeiter. In dem Schreiben heißt es, dass die Aussagen im Flugblatt hinsichtlich der Pläne nicht den Fakten oder dem Stand der Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern entsprechen würden. &bdquo;In den gemeinsamen Gesprächen ist es nach wie vor unser großes Bemühen, eine zukunftsfähige und gleichzeitig sozialverträgliche Lösung für das Werk GTG zu vereinbaren, so wie es zur Kultur unseres Unternehmens passt. Wir möchten an dieser Stelle noch einmal betonen, dass keine Standorte zur Disposition stehen – das wurde in der Vergangenheit bereits erläutert, und dazu stehen wir auch heute", heißt es weiter. In diesem Sinne werde man am 2. Oktober den nächsten Verhandlungstermin zur Lösungsfindung für das Werk GTG wahrnehmen. &bdquo;Gerade weil durch solche Aktionen wie heute immer wieder Unsicherheiten gestreut werden, bitten wir Sie um Ihre Unterstützung und Ihr Vertrauen, im Tagesgeschäft wie auch bei unseren Zukunftsinitiativen", appelliert die Geschäftsleitung an die Miele-Mitarbeiter.

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