
Bielefeld-Senne. Drohnen? Das sind doch die Dinger, mit denen man so schöne Fotos aus der Luft machen kann. Oder mit denen man Krieg führt. Marius Schröder kann solche Sätze nicht mehr hören. "Drohnen lassen sich auch ganz wunderbar für Positives einsetzen. Für die Entwicklungshilfe etwa", sagt er entschieden.
Der Betriebswirt Schröder und der Mechatroniker Benjamin Wiens sind seit Jahren im Geschäft mit den ferngesteuerten Mini-Helikoptern. 2017 gründeten die beiden 35-Jährigen mit "Third Element Aviation" ihr eigenes Unternehmen. "Wir entwickeln und bauen Systeme für Daten-Erhebungen, Logistik-Anwendungen, Industrie-Inspektionen oder die Überwachung von Gebäuden", sagt Wiens.
Schiffe navigieren mit Drohnen-Hilfe
Dazu gehört beispielsweise ein System, bei dem Drohnen in einem Industriekomplex in Minutenschnelle Ersatzteile vom Lager zum Einsatzort fliegen - voll automatisiert. Oder ein Projekt mit der dänischen Lotsengesellschaft: Lotsen sollen künftig an Land bleiben und Schiffe mit Hilfe von Drohnen in Häfen navigieren.
Das neueste Vorhaben: Die junge Firma arbeitet an Schwerlast-Drohnen, die beim Aufspüren von Altlasten aus dem Uran-Abbau in Kasachstan, Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan eingesetzt werden sollen.
Das Projekt wird von der Bundesanstalt für Geowissenschaften finanziert und organisiert. Neben den Bielefeldern ist eine Firma für Radioökologie beteiligt. "In Zentralasien wurde zu Zeiten der Sowjetunion Uran abgebaut. Verwertet wurde jedoch nur Gestein, das mehr als ein Prozent Uran enthielt. 90 Prozent des abgebauten Materials ging nicht in die Atomindustrie, sondern blieb oft schlecht gesichert auf Halden liegen", berichtet Schröder.
Flüsse könnten kontaminiert werden
Für die betroffenen Länder ist das zur Belastung geworden. Menschen sind von radioaktiver Strahlung bedroht, Flüsse können kontaminiert werden, so das Bundesamt für Geowissenschaften. Daher sollen die früheren Abbaustätten genau erkundet und die strahlenden Bereiche kartiert werden. "Dann kann man Pläne zur Sanierung machen oder man weiß, wo die größten Gefahren bestehen. Möglich ist, dass durch Erosion oder Erdrutsche bisher abgedecktes Gestein frei liegt und strahlt", erläutert Schröder.
Für solche Untersuchungen wurden bislang Hubschrauber eingesetzt. Doch das ist für die Länder in Zentralasien zu teuer. "Wir arbeiten an effizienteren Lösungen", sagt Marius Schröder. Um Strahlendetektoren tragen zu können, entwickelt seine Firma eine Drohne mit acht Rotoren, die bis zu neun Kilogramm Gewicht transportieren kann. Die Akkus sorgen für eine Flugzeit von bis zu 30 Minuten. Gewicht und Größe sind so an die Luftfahrts-Vorschriften angepasst, dass die Kosten für die Betriebsgenehmigung des Gerätes so gering wie möglich bleiben.
Prototyp soll nächstes Jahr fliegen
Nächstes Jahr soll ein Prototyp mit Carbon-Gehäuse fertig sein. Der wird dann ein Jahr lang erprobt. Dabei sollen optimale Verfahren für den Einsatz gesucht werden. Ab 2021 soll das unbemannte Fluggerät mit einem Durchmesser von 2,5 Metern zum Einsatz kommen.
"Bei dem Projekt geht es auch um Wissenstransfer", sagt Schröder. Denn in Deutschland hat man große Erfahrungen mit ehemalige Uranabbaugebieten. Die Sanierung der Hinterlassenschaften der Bergbaugesellschaft Wismut im "Tal des Todes" im Erzgebirge gehörte Anfang der 1990er Jahre zu den gewaltigsten Umweltprojekten des Staates.
"Third Element Aviation" hat inzwischen 13 Mitarbeiter und arbeitet auf mehreren Etagen im alten Wasserturm auf dem Windel-Gelände in Senne. In diesem Jahr hoffen die Firmengründer beim Umsatz die Eine-Million-Euro-Marke zu knacken. Die neue Groß-Drohne könnte künftig zu einem weiteren Erlös-Bringer werden. Auch Anwendungen etwa in der Logistik sind denkbar. "Wir können uns vorstellen, pro Jahr zehn bis 15 der Geräte zu verkaufen", sagt Marius Schröder.
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