Rollator-Reisen in Bielefeld: Pflege, Betreuung und Urlaub kombiniert

Bielefeld. 80 Jahre, noch fit, eine schöne Reise als Ziel – aber ohne Rollator geht es nicht. Und nun? Einfach Flug und Hotelzimmer buchen? Besser nicht, sagt Birgit Wallberg vom Reisebüro &bdquo;Kleine Fluchten“. Wallberg: &bdquo;Ich würde immer auf einen Pauschalreiseanbieter setzen, weil der eine Fürsorgepflicht für seine Gäste hat, vor Ort und rund um den Flug.“ Die individuellen Bedürfnisse müssten sehr genau angesehen werden. Runa Reisen aus Steinhagen macht das – ist selbst Veranstalter; aber für individuelle Rollstuhlfahrerreisen. Und die Rollatorgruppe? Wie fast überall eine eher unbesetzte Nische, in der aber Potential vermutet wird. Deshalb haben sich mit Runa und dem ostwestfälischen Pflegedienst Greve zwei zusammengetan, die nun daran arbeiten, Nischen zu besetzen, ein breites Angebot für Menschen mit Handicap auf die Beine zu stellen. Lesen Sie auch: Ein Platz für Mutter, Urlaub für mich: Neues Pflegekonzept in Bielefeld Seit einem halben Jahr kooperieren sie, davor gab es eine lose Zusammenarbeit: Brauchte Runa bei Reisen Pflegeangebote, wurde Greve gefragt, brauchte Greve den Veranstalter Runa, lief es andersherum. &bdquo;Jetzt aber bieten wir bereits eigene Reisen als Veranstalter an“, sagt Geschäftsführer Patrick Greve. &bdquo;Die Buchung läuft dann über Runa.“ Man nähert sich an, &bdquo;wir werden bald darüber sprechen, ob es noch enger wird“. Pflegeanbieter und Reiseanbieter kommen sich immer näher Für beide Seiten könnte das ein Gewinn sein, denn auch Runa öffnet sich – weg vom reinen Rolli-Tourismus hin zu Rollator und Co. Hin zu Gruppenreisen. Geschäftsführer Falk Olias: &bdquo;Jetzt machen wir gemeinsam Gruppenreisen und streben die ganze Bandbreite an.“ Bisher gelte oft: &bdquo;Wer den Rollator hat, der versucht es alleine oder mit der Familie – oder bleibt zu Hause.“ Ein Beispiel: Die AWO Bielefeld bietet Gruppenreisen für Senioren an, zum Rollator aber heißt es: &bdquo;Mitnahme nur mit Begleitperson.“ Olias: &bdquo;An das Thema pirschen wir uns jetzt ran, wir wachsen in den breiten Bereich der Senioren und Rollatornutzer hinein, bieten Reisen mit und Pflege an.“ Noch ist das für Menschen mit Rollator (ohne Pflegegrad) und nur Bedürfnissen um die Reise herum (Buchung, Transport, Flughafenhilfe, Ansprechpartner vor Ort) sehr kostspielig, so kostet eine Woche Mallorca 4.000 Euro. Wer einen Pflegegrad hat und die Verhinderungspflege nutzt, der zahle – je nach Pflegegrad – teilweise drastisch weniger, so Greve. Interessiert hört Ursula Rosemeyer (66) zu, sie steht mit ihrem Rollator am Stand, sagt: &bdquo;Ich traue mich nicht mehr, alleine zu reisen, aber wenn ich gut betreut werden würde, dann würde ich es mit dem Bus gerne noch einmal in den Süden wagen.“ Lesen Sie auch: Sicher unterwegs mit dem Rollator Menschen wie sie sind es, die Greve 2019 verleitet haben, seinen Pflegedienstleistungen auch Reisen hinzuzufügen. &bdquo;Ich habe gesehen, dass der Bedarf da ist.“ Mittlerweile hat er einen Katalog für Kleinstgruppenreisen an: viel Deutschland, dazu Niederlande/Belgien, Österreich und zwei spanische Inseln. &bdquo;Jedes Hotel haben wir vor Ort auf Barrierefreiheit getestet.“ Greve: &bdquo; Es ist Pionierarbeit, aber es gibt eine riesige Nachfrage.“ Expertin: &bdquo;Es fehlt ein Bewusstsein für dieses Thema“ Diese Pionierarbeit freut auch die ehemalige Landesbehindertenbeauftragte, Angelika Gemkow, die Schirmherrin ist beim &bdquo;Tag der Mobilität“ in der Seidenstickerhalle, wo sich Runa und Greve am Samstag präsentierten. &bdquo;Wir müssen endlich in der Gesellschaft nicht nur über Energie reden, sondern auch über Mobilität, auch beim Reisen.“ Gemkow: &bdquo;Es fehlt ein Bewusstsein für diese Themen.“ Doch wie in Kontakt kommen? Viele Ältere sind online nicht allzu gut unterwegs, &bdquo;wir versuchen es mit Radiowerbung und gehen auf Messen, aber es ist schwierig, unsere Zielgruppe zu erreichen“, sagt Greve. &bdquo;Wenn ich da einen Weg finden würde, hätte ich den goldenen Schlüssel in der Hand.“ Denn: &bdquo;Jeder Zweite, mit dem ich spreche, sagt mir, dass er darauf nur gewartet habe.“ Birgit Wallberg glaubt auch an den Bedarf, zu spüren sei das am stärksten bei Kreuzfahrten, barrierefrei und durch viele Stopps mit immer neuen Eindrücken. &bdquo;Vieles ist da ja gut erreichbar.“ Komplizierter werde es bei Flugreisen, zwar seien Transport zum Flughafen und barrierefreie Zimmer kein Problem, aber beim Rollstuhl werde es schon komplizierter. Ein Rollatorservice sei etabliert, also das Abgeben direkt am Gate vor dem Abflug und wieder in Empfang nehmen direkt nach der Landung. Das funktioniere. Doch wer trägt das Gepäck? Wallberg weiß: &bdquo;Womit bei Flugreisen viele ältere Menschen auch ein Problem haben, das sind die vielen digitalen Dinge, die auf sie zukommen – und dabei helfen wir dann.“ Vom Check-In bis zur Sitzplatzreservierung: Wer kein Smartphone hat und den QR-Code für einen Fleck hält, der kann trotzdem verreisen, auch weiter weg. &bdquo;Der Bedarf an Hilfestellung ist aber wirklich groß“, sagt Wallberg. &bdquo;Die älteren Menschen müssen sich artikulieren – dann geht es“ Für ältere Menschen gebe es viele hochwertige Studienreisen, Wanderreisen und Kulturreisen zum Beispiel, oft in kleinen Gruppen – aber kaum fertige Reisen für ältere Menschen mit Rollator. Doch sie ermuntert zum Reisen, das Entscheidende sei: &bdquo;Die älteren Menschen müssen sich artikulieren, bei uns und vor Ort – wer das macht, wer andere anspricht bei Problemen oder Wünschen, der kann noch gut verreisen.“

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