Bielefeld. Im vergangenen Jahr hatte Sozialdezernent Ingo Nürnberger noch davon gesprochen, dass sich die Zahl der Wohnungslosen seit 2021 auf 400 verdreifacht hätte. Inzwischen geht er von 620 Menschen in Bielefeld ohne feste Bleibe aus. Vor diesem Hintergrund sucht die Stadt dringend Schlafquartiere für die oft hilflosen Personen.
Bereits im vergangenen Jahr waren rund 25 Menschen nachts in der ehemaligen Flüchtlingsunterkunft an der Schillerstraße 73a untergekommen. Für die jetzt beginnenden Wintermonate sollen dort nun 40 Schlafplätze dauerhaft bereitgestellt werden. Das hat Nürnberger den Politikern in der Bezirksvertretung Schildesche mitgeteilt, in deren Bezirk sich die Unterkunft befindet.
2024 hatte es erhebliche Auseinandersetzungen gegeben, als die Stadt 25 Schlafplätze im früheren Handwerksbildungszentrum am Kleiberweg eingerichtet hatte. Die Anwohner fühlten sich von der Verwaltung überrumpelt, es kam in der Nachbarschaft zu mehreren Zwischenfällen, an denen Wohnungslose beteiligt waren. Nürnberger versprach den Anwohnern schließlich, dass das frühere HBZ nicht erneut als Unterkunft genutzt werden sollte.
Neue Unterkunft in Bielefeld nur abends und nachts geöffnet
Geöffnet sein soll die Unterkunft an der Schillerstraße nur in den Abend- und Nachtstunden. In der Woche ist die gesamte Einrichtung tagsüber geschlossen. Wer dort übernachtet, kann tagsüber in die Kava, eine Anlaufstelle für Wohnungslose an der Kavalleriestraße, wechseln. Am Wochenende ist der Aufenthalt in der Schillerstraße 73a ganztägig möglich, weil die Kava dann geschlossen ist.
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Betrieben wird die Unterkunft an der Schillerstraße von der städtischen Wohnungsgesellschaft BGW. Sie wird einen Sicherheitsdienst beauftragen, „damit der Hausfrieden gewahrt bleibt“, wie es in der Mitteilung der Verwaltung an die Bezirkspolitiker heißt. Auch die Anwohner sollen nun über die Pläne für die Unterkunft unterrichtet werden.
Gebäude in Bielefeld für Unterbringung von Obdachlosen geeignet
Das Gebäude an der Schillerstraße besteht aus einem Bürotrakt und einer Halle. Als in den Jahren 2015 und 2016 immer mehr Flüchtlinge in die Stadt kamen, wurden dort Sanitäranlagen eingebaut. Bis zu 130 Geflüchtete fanden dort zeitweise Platz. Zuletzt waren dort auch Menschen aus der Ukraine untergebracht.
„Ist eine riesige Überwindung“: Warum zwei Bielefelder wohnungslos sind
Die Feuerwehr hat nochmals geprüft, ob es in dem Gebäude aus Sicht des Brandschutzes Bedenken gegen die Einrichtung von Schlafplätzen für Wohnungslose gibt. Dies sei nicht der Fall, teilt das Sozialdezernat im Rathaus mit. Für die Unterbringung wohnungsloser Personen sei das Objekt besonders wichtig, weil es als städtische Immobilie dauerhaft zur Verfügung stehe.
Dringend mehr Plätze für Obdachlose in Bielefeld gesucht
Nachdem einige Gebäude nicht mehr zur Verfügung stünden, müssten neue Kapazitäten erschlossen werden, um jeder hilfesuchenden Person einen geeigneten Schlafplatz anbieten zu können, so die Verwaltung. Im Gespräch war zeitweise auch das inzwischen leerstehende Altenheim an der Kreuzstraße. Doch auch dagegen hatte es Widerstand, vor allem aus der nahe gelegenen Altstadt, gegeben.
Jetzt rücken Unterkünfte in den Blick, die bislang von Flüchtlingen genutzt wurden. Deren Zahl ist in der Vergangenheit deutlich zurückgegangen.
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