Anwohner verärgert über neue Obdachlosenunterkunft in Bielefeld

Bielefeld. &bdquo;Diese Bürgerversammlung findet nur statt, weil wir Anwohner Rabatz gemacht haben“, sagt einer der Nachbarn. Rund 60 Menschen sind am Dienstag in die Mensa der Rußheideschule im Bielefelder Osten gekommen, um sich über die von der Stadt im ehemaligen Handwerksbildungszentrum (HBZ) am Kleiberweg geplante Obdachlosenunterkunft zu informieren. Rund 35 Wohnungslose sollen dort kurzfristig ein nächtliches Quartier bekommen. Es ist vor allem die Art und Weise, wie die Stadt Bielefeld bei der Einrichtung der Schlafplätze vorgegangen ist, die die Bürgerinnen und Bürger aufregt. Und auch Sozialdezernent Ingo Nürnberger, der an diesem Abend zu der Versammlung gekommen ist, räumt ein &bdquo;Kommunikationsproblem“ ein. Mitte Oktober fällt die Entscheidung, dass das HBZ, das sich inzwischen im Besitz der Stadt befindet, als Notunterkunft genutzt werden soll. Zunächst erfahren nur einige wenige Anwohner durch einen Mitarbeiter des Sozialamtes davon. Sie sind verärgert, weil das HBZ bereits seit 2015 zunächst als Flüchtlingsunterkunft, später als Quartier für ukrainische Frauen und Kinder und jetzt für eine Wohngruppe unbegleiteter minderjähriger Ausländer genutzt wird. Nun sollen zusätzlich die Obdachlosen kommen. &bdquo;Aber es ist doch schon längst alles entschieden“ Die Anwohner wenden sich an die Bezirkspolitiker und die Medien. Schließlich stellt sich heraus, dass in dieser Angelegenheit auch die Politik, also die Bezirksvertretung Mitte und der Sozialausschuss des Rates, hätten gehört werden müssen. Ein Verstoß gegen die Hauptsatzung der Stadt – auch wenn das Dezernent Nürnberger am Dienstag nicht so eindeutig bestätigen wollte. Das sei mindestens Auslegungssache, meint er. Dennoch soll nun an diesem Donnerstag (14. November) in einer gemeinsamen Sitzung beider Gremien darüber entschieden werden, so Bezirksbürgermeister Frederik Suchla. Lesen Sie auch: Anwohner überrumpelt – Obdachlosenunterkunft in Bielefeld darf nicht öffnen &bdquo;Aber es ist doch schon längst alles entschieden“, sagt in der Versammlung eine weitere Anwohnerin. Sie hat beobachtet, wie Handwerker die Unterkunft hergerichtet haben, bereits ein Sicherheitsdienst aufgezogen ist, Lebensmittel gebracht wurden. &bdquo;Wir mussten mit den Vorbereitungen beginnen“, sagt Andreas Döding, im Sozialamt für die Unterkünfte zuständig. Und auch Nürnberger betont, dass die Stadt in eine schwierige Lage kommen werde, sollte die Politik ihre Zustimmung verweigern. Zu groß sei der Druck, Schlafplätze bereitzustellen. Die Zahl der Wohnungslosen sei von 378 im Jahr 2022 auf aktuell 643 gestiegen. &bdquo;Wir brauchen diese Plätze.“ Alternative scheitert am Brandschutz &bdquo;Aber warum ausgerechnet hier?“, fragt ein älterer Herr und mutmaßt, dass die Alternative, das frühere Altenheim Lutherstift an der Kreuzstraße, nur deshalb nicht ausgewählt worden sei, weil dagegen die Kaufmannschaft Altstadt Sturm gelaufen sei. Das wiederum weist Nürnberger entschieden zurück und berichtet von einem Gespräch mit Henner Zimmat, dem Vorsitzenden der Altstadtkaufleute. Der sei zwar nicht begeistert von der Idee gewesen, hätte sie aber akzeptiert. Gescheitert sei die Unterbringung am Brandschutz. Das Gebäude hätte für einen sechsstelligen Betrag ertüchtigt werden müssen. Das sei zum einen zu viel Geld und zum anderen so kurzfristig gar nicht möglich gewesen. Auch das halten die Anwohner rund um das HBZ für vorgeschoben. Wieso die strengen Brandschutzvorschriften nicht schon zuvor für die Senioren gegolten hätten, wollen sie wissen. Döding verweist auf die Feuerwehr und einen hinzugezogenen Brandschutzingenieur und erklärt, dass bei einer neuen Nutzung vorherige Genehmigungen nicht länger gelten würden. Eine weitere Frau, die als Vormund für einige der ausländischen Jugendlichen im HBZ eingesetzt ist, beklagt ebenfalls, dass sie vorab überhaupt nicht informiert worden sei. Bei den jungen Männern handele es sich um teils schwer traumatisierte Menschen, die nun auf Obdachlose träfen, die teils drogen- oder alkoholabhängig seien. Unverantwortlich sei das. Abends ab 18 Uhr geöffnet Wie kommen die Obdachlosen in die Unterkunft? Was ist mit der Sicherheit von Schulwegen und Spielplätzen? Das waren weitere Fragen, die in der Versammlung aufkamen. Geöffnet sein soll die Unterkunft werktäglich von 18 Uhr bis 8.30 Uhr am nächsten Morgen, an den Wochenenden und an Feiertagen ganztägig. Betrieben wird sie von den Johannitern. Ein Sicherheitsdienst ist während der Öffnungszeiten präsent, sagt Gisela Krutwage. Leiterin des Sozialamtes. Durch Sichtschutzgitter soll eine Trennung zwischen dem Notquartier und der Wohngruppe für Jugendliche geschaffen werden. Die Anwohner haben Zettel mit Notrufnummern erhalten. &bdquo;Warum sollte ich mich mit Ihnen anlegen, wenn der Druck, Unterkünfte bereitzustellen, nicht so groß wäre?“, fragt Nürnberger in die Runde. Der Druck bleibe bestehen. In Kürze soll sich die Bezirksvertretung Schildesche damit befassen, dass die ehemalige Flüchtlingsunterkunft an der Schillerstraße ebenfalls für Obdachlose geöffnet wird. Eine Frau äußert Verständnis. Sie ist bereit, den Obdachlosen in der Unterkunft ehrenamtlich zu helfen. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld

Meistgelesen