Früher gab’s hier Schildkrötensuppe: Tiefer Blick in die Geschichte des „Alt Bielefeld“

Bielefeld. Als Ursula Remke durch die Vordertür am Goldbach ins &bdquo;Alt Bielefeld“ geht, um sich durch die verschlungenen Flure des Lokals in den hinteren Bereich &bdquo;vorzuarbeiten“, traut sie ihren Augen nicht. Ihr Sohn Lars hat für sie eine kleine Überraschungsparty organisiert anlässlich ihres 90. Geburtstages. An einem langen Tisch sitzt die ganze Familie, knapp 30 Personen, drei Generationen. &bdquo;Das sind hier alles Remkes“, verrät Lars nicht ohne Stolz. Ebenso stolz zeigt der Bielefelder vergilbte Fotografien seiner Großeltern. Elisabeth und Fritz-Conrad Remke haben Mitte der 1950er-Jahre, genau am 5. Mai 1955, &bdquo;Remkes Bierstuben“ eröffnet, heute bekannt unter dem Namen &bdquo;Alt Bielefeld“. Dieser 90. Geburtstag ist Anlass genug, etwas genauer auf diese Bielefelder Gastro-Dynastie zu schauen und abzutauchen in die Geschichte der Familie – es ist auch ein Teil der Historie der Bielefelder Gastronomie, denn mit der Eröffnung der Bierstuben nahm eine Erfolgsgeschichte rustikaler deutscher Küche in der Stadt ihren Lauf: Ursulas Schwiegermutter, Elisabeth, war als begnadete Köchin in ganz Bielefeld bekannt. Bis 1970, als der Pächter Eberhard Volkmann mit seiner Frau Lisa die Gaststube übernahm und aus &bdquo;Remkes Bierstuben“ das &bdquo;Alt Bielefeld“ (zwischenzeitlich &bdquo;Zur Altstadt“) machte, kamen nach ihrer Aussage an die eine Million Mahlzeiten aus der Küche. Wiener Backhendl und leckere Schildkrötensuppe Darunter nicht nur Bockwurst, Strammer Max oder Hausmacher-Sülze, auch Cordon Bleu, Kalbsschnitzel oder Wiener Backhendl wurden vertilgt zu – aus heutiger Sicht – paradiesischen Preisen. Eine echte Schildkrötensuppe (mit Toast) kostete 2,20 Mark, ein Filetsteak 7,90 Mark. &bdquo;Damals“, so wurde es Lars in seiner Kindheit erzählt, &bdquo;kamen die Leute hierher, um Fernsehen zu gucken und Bratkartoffeln zu essen.“ &bdquo;Solide Gastlichkeit“ würde man das Konzept der Remkes heute nennen. Lars Remke versteht sich auch als Hobby-Gralshüter von &bdquo;Remkes Bierstuben“, was nicht nur an den zahllosen Schwarz-Weiß-Fotos zu erkennen ist. &bdquo;Das alte Besteck hab’ ich archiviert“, sagt er. Auch sonst ist er sehr bewandert in der Geschichte des Lokals und erklärt gleich mal den Grund, warum das &bdquo;Alt Bielefeld“ zwei Eingänge hat. Der Eingang Obernstraße führte ins Restaurant, und von der Goldstraße aus kam man in die Bierstube. Ein Novum in der Stadt, an dem sich bis heute kaum etwas geändert hat. Noch eine Besonderheit: Onkel Georg gründete einen Fußballclub, den 1. FC Remke. Auch das gehört dazu: Der kleinste Bielefelder Biergarten – mitten in der Altstadt Fritz-Conrad Remkes Großvater Friedrich führte noch zu Beginn des Ersten Weltkriegs die Gastwirtschaft &bdquo;Löwenhof“ – vorher &bdquo;Münchner Bierhalle“ – an der damaligen Ulmenstraße, sein Sohn Friedrich übernahm bis 1920. Auch der Zweitgeborene, Wilhelm, war fester Bestandteil der Bielefelder Gastro-Szene. Im &bdquo;Löwenhof“ gab es sogar einen Theatersaal, zwischenzeitlich umfunktioniert zum mondänen und verruchten Nachtclub &bdquo;Metropol“. Zum Thema: Beste Deutsche Hausmannskost im Herzen der Bielefelder Altstadt Das Geburtstagskind Ursula Remke, &bdquo;Alterspräsidentin“ der Familie,, geboren am 13. Oktober 1935 in Koblenz, heiratete 1959 in die Familie ein. Sie erfreut sich bester Gesundheit und war tatsächlich seit 25 Jahren nicht mehr im &bdquo;Alt Bielefeld“. Die Überraschungsparty hat ihr gut gefallen, denkbar also, dass sie jetzt öfter mal in die früheren &bdquo;Remkes Bierstuben“ einkehrt. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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