Live-Interview auf nw.de

Christiana Bauer (CDU) oder Ingo Nürnberger (SPD): Wer soll Bielefeld regieren?

Christiana Bauer (CDU) und Ingo Nürnberger (SPD) stehen am 28. September in der OB-Stichwahl. Nächsten Mittwoch stellen sie sich den Fragen von NW und Radio Bielefeld.

Handshake am Wahlabend: Christiana Bauer (CDU) und Ingo Nürnberger (SPD) müssen am 28. September zur OB-Stichwahl antreten. | © Sarah Jonek

Michael Schläger
22.09.2025 | 22.09.2025, 05:00

Bielefeld. Am 28. September entscheidet sich, wer künftig im Chefzimmer des Bielefelder Rathauses sitzen wird. Hält Christiana Bauer (CDU) ihren Vorsprung aus dem ersten Wahlgang, oder macht Ingo Nürnberger (SPD) das Rennen?

Vier Tage vor dem Wahltag stellen sich beiden in einem Live-Format den Fragen von NW-Lokalchef Stefan Gerold und Radio-Bielefeld-Chefredakteur Timo Fratz. Die beiden verbliebenen Bewerber um den Chefsessel werden am Mittwoch, 24. September, ab 17 Uhr bei Radio Bielefeld und der Neuen Westfälischen zu Gast sein. In knapp einer Stunde werden sie ihre Vorstellungen und Visionen für Bielefeld vorstellen.

Die Sendung wird live in Radio Bielefeld und im Internet auf nw.de übertragen. Schon jetzt sagen beide, wie sie sich den Start ins neue Amt vorstellen.

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Zum Thema: Christiana Bauer vs. Ingo Nürnberger: Der Stichwahlkrimi in Bielefeld beginnt

Mit welcher Koalition möchten Sie regieren?

Nürnberger: Mit einer verlässlichen! Wir stehen vor großen Herausforderungen – in der Haushalts-, Schul- und Verkehrspolitik oder bei der Schaffung und Weiterentwicklung von Gewerbeflächen. Dafür braucht es eine Koalition, die ein Grundverständnis von Bielefelds Zukunft teilt – als soziale, weltoffene und wirtschaftlich starke Stadt – und in der die Führungsleute ausreichend Vertrauen zueinander haben. In langfristig wirkenden Fragen möchte ich einen breiten Konsens über die Koalition hinaus suchen.

Bauer: Erst einmal kämpfen wird bis zur Stichwahl um den Oberbürgermeisterposten und damit für den Wechsel in unserer Stadt. Einen Neustart kann es aber nur mit mir als Oberbürgermeisterin geben. Nach der Stichwahl werden wir offen mit den demokratischen Parteien im Rat sprechen. Entscheidend wird für uns sein, mit wem es die größten inhaltlichen Schnittmengen für einen Neustart in Bielefeld gibt.

Was wird Ihre erste Amtshandlung sein?

Nürnberger: Ich werde das Team im Rathaus zusammenholen und gemeinsam mit ihnen an die Umsetzung meines 100-Tage-Programms gehen: für verlässliche Kitas, gute Arbeitsplätze und Gewerbeflächen, für Sicherheit und Sauberkeit, eine ambitionierte und pragmatische Verkehrspolitik und für mehr Tempo in der Verwaltung.

Bauer: Meine erste Amtshandlung wird es sein, das Gespräch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung zu suchen. Ich möchte zuhören und gemeinsam mit ihnen die Weichen für eine moderne, bürgernahe Verwaltung stellen. Die Menschen in Bielefeld sollen wissen: Ihre Anliegen sind bei uns willkommen. Meine Gespräche haben gezeigt, dass die Bielefelderinnen und Bielefelder mitgestalten wollen.

Im Liveticker: Alles zur Stichwahl in Bielefeld am 28. September

Welche Vorhaben machen Sie zur Chefsache?

Nürnberger: Ich werde vertrauensvoll mit den Dezernentinnen und Dezernenten zusammenarbeiten. Aber auch eng – und das heißt, bei den strategisch wichtigen und bei den umstrittenen Themen werde ich sehr nah dran sein: also bei der Entwicklung der Gewerbeflächen, in der Verkehrs- und Schulpolitik, bei der Gestaltung eines guten Miteinanders in einer so vielfältigen Stadt. Und zusammen mit dem Kämmerer bei der Entwicklung einer haushaltspolitischen Strategie. Es gibt nicht die eine Chefsache – das wäre zu einfach.

Bauer: Wirtschaftsförderung muss endlich als strategische Aufgabe verstanden werden. Ich werde deshalb das Büro der Oberbürgermeisterin zur zentralen Schaltstelle für wirtschaftspolitische Initiativen machen. Bielefeld braucht eine mutige Standortpolitik, nur so schaffen wir die Ansiedlung neuer Unternehmen und sichere Arbeitsplätze. Persönlich liegt mir das Haus des Kinderschutzes am Herzen. Diese Themen werde ich eng begleiten.

Wie wollen Sie mit der AfD im Rat umgehen?

Nürnberger: Ich werde darauf achten, dass der Umgangston anständig bleibt – und dafür die Möglichkeiten der Geschäftsordnung nutzen. Rassistisches oder frauenfeindliches Gerede hat nirgends seinen Platz – schon gar nicht im Rat. Den demokratischen Fraktionen rate ich, argumentativ gegenzuhalten – die AfD ist inhaltlich unfassbar schwach. Und ihr gleichzeitig nicht mehr Beachtung zu schenken als nötig.

Bauer: Wir als CDU Bielefeld verfolgen eine klare Position. Mit Rechtsextremen wird keine Politik gemacht. Es ist wichtig, dass wir unsere eigene politische Agenda stark vertreten und uns nicht von der Rhetorik der AfD treiben lassen.

Verlängern Sie den Vertrag mit dem Radentscheid?

Nürnberger: Der bisherige Vertrag hat sich nicht bewährt, weil er unrealistische Ziele formuliert hat – das gestehen sich mittlerweile ja fast alle Beteiligte ein. Gleichzeitig ist das Ziel, die Bedingungen für Radfahrerinnen und Radfahrer schnell und spürbar zu verbessern, weiter richtig. Ob man dafür einen Vertrag braucht oder zum Beispiel im Rat einen Grundsatzbeschluss zum weiteren Vorgehen trifft – das muss der Rat entscheiden.

Bauer: Nein. Wir brauchen Radwege in unserer Stadt. Wir müssen die alten Radwege sanieren und neue, bestenfalls in Grünzügen oder in verkehrsruhigeren Nebenstraßen, parallel zu den Hauptstraßen, realisieren. Aber dafür brauche ich keinen fragwürdigen Vertrag, der Entscheidungen vorwegnimmt, die die gewählten Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker treffen sollten.

Steigen die Gewerbesteuern?

Nürnberger: Eine Erhöhung des Gewerbesteuer-Satzes wäre kontraproduktiv. Ich werde alles dafür tun, dass die Gewerbesteuer-Einnahmen wieder steigen – mit einer offensiven und tatkräftigen Wirtschaftspolitik. Das heißt für mich: Gewerbeflächen schaffen, Gründer und Start Ups fördern, Bauanträge schneller bewilligen, Bürokratie abbauen. Wir brauchen aber die Rückendeckung von Bund und Land – auch finanziell!

Bauer: Nein. Wir müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern. Wir haben großartige mittelständische Unternehmen und Hidden Champions in unserer Stadt. Und wir haben dutzende weitere Unternehmen, die zu uns kommen und sich ansiedeln wollen. Wir brauchen mehr Gewerbeflächen und eine Unterstützung seitens der Verwaltung, die sich als Möglichmacher versteht. Wir brauchen mehr Unternehmen und dürfen die bestehenden Unternehmen nicht weiter belasten.

Brauchen wir Zuwanderung?

Nürnberger: Bielefeld ist seit Jahrzehnten Einwanderungsstadt – ansonsten wären wir längst eine überalterte Kleinstadt ohne Wirtschaftskraft. Wir brauchen auch in Zukunft Zuwanderung, um genügend Arbeitskräfte in der Pflege, im Handwerk, in der Industrie oder in der Stadtverwaltung zu haben. Deshalb werden wir weiterhin in Integrationsmaßnahmen – auch für geflüchtete Menschen, die hier ein neues Zuhause gefunden haben – und in die Stadtteile investieren. Lasst uns ohne Vorurteile über Einwanderung reden!

Bauer: Ja. Die demografischen Entwicklungen sind uns allen bekannt. Wir werden die täglich anfallenden Aufgaben in unserer Stadt, im Gesundheitssystem, in den Unternehmen und an vielen anderen Stellen nicht bewältigen können, wenn wir keine Zuwanderung haben. Ich sehe in einer gut gesteuerten und integrationsbereiten Zuwanderung entsprechend eine große Chance für unsere Stadt. Wer sich zu unseren Regeln bekennt und sich aktiv einbringt, kann auf unsere Unterstützung im gegenseitigen Respekt zählen. Illegale Migration muss auf ein Maß beschränkt werden, das unsere Gesellschaft schultern kann.

Zur Person

Christiana Bauer (CDU) - © Jörg Dieckmann
Christiana Bauer (CDU) | © Jörg Dieckmann

Christiana Bauer stammt aus Niederbayern, wurde 1989 in Passau geboren. Nach der Mittleren Reife absolvierte sie eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten im Landratsamt Passau. Aus privaten Gründen kam sie nach Bielefeld, holte am Rudolf-Rempel-Berufskolleg ihr Abi nach. Ab 2011 studierte sie Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld. Es folgten Rechtsreferendariat und Promotion. Sie arbeitete zunächst in einer großen Bielefelder Anwaltskanzlei und ist seit 2023 Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld. CDU-Vorsitzende ist sie seit 2022. Bauer ist mit dem CDU-Politiker Bernd Henrichsmeier liiert, hat eine Tochter (5).

Ingo Nürnberger (SPD) - © Peter Unger
Ingo Nürnberger (SPD) | © Peter Unger

Ingo Nürnberger wurde 1972 in Niederbayern geboren. Nach der Realschule und einer Berufsausbildung holte er sein Abitur nach, studierte Politikwissenschaften in Berlin und arbeitete zwölf Jahre beim Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Berlin. Seit über 30 Jahren ist Nürnberger Mitglied der Gewerkschaft und der SPD. Im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg war er neun Jahre im Kommunalparlament tätig.Seit 20 Jahren lebt er mit seinem Partner Rico zusammen, seit 2012 sind beide verheiratet. Seit 2015 bin ich Dezernent für Soziales und Integration in Bielefeld und seit 2021 Stellvertreter des Oberbürgermeisters.

Alle Infos: Themenseite Kommunalwahl in Bielefeld

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