Diskussion bei der IHK

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„In rauen Zeiten ist nichts angenehm“: Prominente Bielefelder Familienunternehmer warnen vor Angst

Mit Peter von Möller, Ortwin Goldbeck und Wolfgang Böllhoff haben sich drei Unternehmerlegenden zu grundlegenden Fragen geäußert. Wo sich die drei einig waren – und wo nicht.

Drei prominente Bielefelder Unternehmer gut aufgelegt auf der IHK-Bühne: Peter von Möller (v.l.), Ortwin Goldbeck und Wolfgang Böllhoff. | © Sarah Jonek

Martin Krause
15.09.2025 | 15.09.2025, 05:00

Bielefeld. Es war der Tag, an dem fast 20 russische Drohnen über Deutschlands Nachbarland und EU-Partner Polen niedergingen. Der russische Angriffskrieg war wieder einen Schritt näher gekommen, in Warschau und anderen Städten wurden Flughäfen gesperrt. In der Bielefelder Industrie- und Handelskammer waren am Abend drei erfolgreiche Bielefelder Unternehmer aufs Podium gekommen, Wolfgang Böllhoff (90), Peter von Möller (90) und Ortwin Goldbeck (86). Die drei, die zu den prominentesten Wirtschaftskapitänen in ganz OWL zählen, sollten zur Rolle von „Familienunternehmen als Stabilitätsanker in rauen Zeiten“ sprechen. Natürlich stellte Moderatorin Brigitte Büscher auch die Frage, wie sie die aktuelle Krise einschätzen. Und das lebenserfahrene Trio zeigte sich einig: „Angst zu haben, wäre das Schlimmste“, warnte Böllhoff.

„Man darf besorgt sein, aber die Zuversicht, mit Vernunft etwas zu schaffen, ist bei mir stark“, so der promovierte Betriebswirt, der die Führung des eigenen Verbindungstechnik-Unternehmens schon 2004 an seine Söhne Wilhelm A. und Michael W. Böllhoff übertragen hatte. „Der Mut darf uns nicht verlassen.“

Ortwin Goldbeck, der das Steuer im größten privaten Bauunternehmen Deutschlands 2006 an seine Söhne Jörg-Uwe und Jan-Hendrik Goldbeck übergeben hatte, machte kein Hehl daraus, dass er in der gegenwärtigen Weltlage kein Patentrezept wisse. „So viele politische, wirtschaftliche, technische und gesellschaftliche Veränderungen auf einmal habe ich nie erlebt – was kann ich da raten?“, sagte der IHK-Ehrenpräsident und Ehrenbürger der Stadt Bielefeld vorsichtig. „Aber Angst dürfen wir nicht haben, wir sind stark genug.“

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Welche Werte fürs Gedeihen der Firma entscheidend sind

Dabei war die Frage nicht speziell auf eine drohende militärische Eskalation gemünzt – aber keiner der im Ostwestfalensaal Versammelten konnte die Nachrichtenlage ausblenden. Näher liegend war jedoch die wirtschaftliche Bedeutung des Veränderungsprozesses, der derzeit durch globale Handelskonflikte und Zölle, aber auch durch Energiewende und Klimawandel, den demografischen Wandel und neue Technologien wie künstliche Intelligenz befeuert wird.

Peter von Möller betonte, dass es letztlich keinen Zweck hat, sich notwendigen Anpassungen entgegenzustellen. „Wir haben zum Beispiel zu lange versucht, unsere Gerberei zu erhalten“, erinnerte der Ehrenpräsident der IHK Ostwestfalen an die ersten Jahre des laufenden Jahrhunderts. 2005 musste die Möllergroup dann doch die Lederherstellung in Brackwede aufgeben. Das große Betriebsgelände am „Kupferhammer“ konnte nicht so erhalten bleiben, wie es sein Großvater sich gewünscht hätte, dafür aber habe erfolgreich ein neues Immobiliengeschäft aufgebaut werden können.

Zentrale Themen des von IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker eingeleiteten Abends („Unternehmen sind oft gestärkt aus Krisen hervorgegangen“) waren die Fragen nach den Werten, die für das Gedeihen einer Firma wichtig sind, und nach dem richtigen Umgang mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Auch hier gab es in einem Punkt große Einigkeit: Die Nähe zur Belegschaft gilt als entscheidend. „Das Unternehmen hat meinen Namen“, hob Familienunternehmer Goldbeck hervor, und ein vorbildlicher und vertrauensvoller Umgang mit den Mitarbeitern sei eine gute Chance, sich von Konzernen zu unterscheiden.

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Freundlichkeit und Anstand als zentrale Prinzipien

Von Möller, der wie Goldbeck und Böllhoff einräumte, dass die Suche nach den richtigen Mitarbeitern auch einer Portion Glück bedürfe, empfiehlt Transparenz, enge Kontakte und Diskussionen mit dem Ziel, „im Gespräch zu Ergebnissen zu kommen“. Bei den großen Entscheidungen allerdings sei er „ein Verfechter von Ein-Personen-Führungen“. Anders als Böllhoff: Seine Söhne brauchten vielleicht etwas länger für Entscheidungen („da werde ich manchmal ungeduldig“), sie machten dafür aber weniger Fehler.

Böllhoff nennt Freundlichkeit und Anstand als zentrale Prinzipien. Es gebe durchaus tüchtige Leute, denen es an Anstand mangele. Zwar sei Tüchtigkeit sehr wichtig – aber ohne den nötigen Anstand könnten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei ihm nicht landen.

„Fehler muss man schnell korrigieren“, mahnte Böllhoff, der es als eigene Stärke ansieht, sich gelegentlich auch entschuldigen zu können. Bei schweren Entscheidungen – etwa beim Abbau von Arbeitsplätzen, wenn es um Frühverrentungen oder Abfindungen gehe – komme es auf Fairness an. „In rauen Zeiten ist fast nichts angenehm“, so Böllhoff. Wichtig sei es, dass die Beschäftigten Vertrauen in den guten Willen der Führung haben könnten.

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