Dubiose Haustür-Geschäfte: Bielefelder Familie zum Stromwechsel gezwungen

Bielefeld. Zwei Männer klingeln am 22. August zwischen 16 und 18 Uhr bei einer Familie am Lipper Hellweg. Die Ehefrau ist mit dem Baby alleine und hat weder Zeit noch Lust, sich mit den beiden Männern zu beschäftigen, die sich als Eon-Mitarbeiter zu erkennen geben. Die Männer fragen zwar hartnäckig nach, doch die Ehefrau schickt sie weg und schließt die Wohnungstür. Die Bielefelderin macht sich über das Duo keine Gedanken mehr. Sie hätten zwar direkt an der Haustür nach dem Stromvertrag der Familie gefragt. &bdquo;Meine Frau sollte den gleich herausrücken“, berichtet später Ehemann Fikret Oduncu. Aber sie ließ sich nicht darauf ein. Erst recht nicht, als sie behauptet haben sollen, dass Eon und die Stadtwerke Bielefeld ohnehin in Kürze fusionieren würden. Doch sechs Tage später der Schock: Per Post flattert eine Auftragsbestätigung des Energie-Riesen in den Briefkasten der jungen Familie. Fikret Oduncu ist perplex: &bdquo;Meine Frau hat keine Unterschrift geleistet, meine Frau hat keine Zählerstände mitgeteilt und trotzdem steht in dem Brief, ich hätte einen Wechsel in Auftrag gegeben.“ Der Konzern spricht ihn im Übrigen mit &bdquo;Frau Oduncu“ an. Er denkt sofort: &bdquo;Da ist etwas faul.“ Im Keller Zugang zu Zählernummern und -ständen &bdquo;Wir wohnen in einem Mehrfamilienhaus. Wahrscheinlich sind die Männer in unseren Gemeinschaftskeller gegangen und haben sich dort den Zählerstand notiert“, glaubt der Bielefelder. Zum Glück trifft die Eon-Post rechtzeitig ein. Der Kunde widerruft sofort den Auftrag – noch innerhalb der 14-tägigen Widerrufsfrist –, erstattet Strafanzeige wegen Betruges bei der Polizei und schaltet einen Rechtsanwalt ein. Das Kriminalkommissariat 15 der Bielefelder Polizei ermittelt nun. Wie Polizeisprecher Fabian Rickel berichtet, erfahren die Beamten, dass die Kündigung mit Zählerstand bereits am 22. August bei den Stadtwerken eingegangen ist. Die Männer müssen den Wechselauftrag also umgehend auf den Weg gebracht haben. Die Bielefelder Polizei sucht das Energie-Duo Die Kripo hofft derzeit auf weitere Hinweise zu den Männern, die an jenem Tag an der Haustür mehrerer Mieter auftauchten: Der erste Mann (25 bis 30 Jahre, 1,60 Meter, dünn, blonde Haare) trug ein weißes T-Shirt oder ein weißes Hemd und eine schwarze Anzugshose. Zudem trug er einen Mitarbeiterausweis von &bdquo;Eon“ am Hals. Der zweite (1,75 bis 1,80 Meter, osteuropäischer Akzent, muskulös, braune Haare) war dunkel gekleidet. Hinweise zu dem dubiosen Strom-Duo erbittet das Kriminalkommissariat 15 der Polizei unter Tel. 0521 5450. Lesen Sie dazu: Stadtwerke-Warnung: Schwerer Kampf gegen unseriöse Gegner Eine Eon-Sprecherin betont auf Anfrage, dass der Vertragswiderruf der Familie bereits wie gewünscht umgesetzt worden sei. Sie verspricht, sich nochmals mit dem Kunden in Verbindung zu setzen. &bdquo;Wir konnten dem Auftrag entnehmen, dass der Vertrag über unsere Beratung an der Haustür zustande gekommen ist und prüfen die weiteren Details.“ Eon spricht sein Bedauern aus Diese Beratung werde bei Eon von sogenannten Vertriebspartnern übernommen. &bdquo;Wir bedauern sehr“, so die Sprecherin weiter, &bdquo;dass Familie Oduncu im konkreten Fall mit unserem Dienstleister nicht zufrieden war. Die beschriebenen Verhaltensweisen waren uns nicht bekannt und entsprechen natürlich in keiner Art und Weise unserem hohen Qualitätsanspruch. Daher prüfen wir aktuell den Sachverhalt. Sollten Nachschulungen der Mitarbeiter unserer Partner notwendig sein, werden diese natürlich veranlasst.“ Grundsätzlich gelte, so die Konzernsprecherin, dass alle von Eon beauftragten Außendienstmitarbeiter nach strengen Kriterien ausgewählt und umfassend geschult werden. Nach Angaben der Verbraucherzentrale geben die Vertreter an der Tür zwar an, über Tarifverträge sprechen zu wollen, dabei fragten sie aber genau die für einen Anbieterwechsel benötigten Daten ab. Dazu gehören die Zählernummer und der aktuelle Energielieferant. Zusammen mit Name und Adresse reichten diese Informationen aus, um den Wechsel einzuleiten. Verbraucherzentrale: &bdquo;Dieses Vorgehen ist nicht legal“ Wenn das Begrüßungsschreiben des neuen Anbieters und die Kündigungsbestätigung des alten eintreffen, &bdquo;ist der Wechsel bereits vollzogen, ohne dass Sie es mitbekommen haben“. Die Verbraucherschützer betonen: &bdquo;Dieses Vorgehen ist nicht legal.“ Trotzdem wurde es in der Vergangenheit auch schon im Auftrag von größeren Anbietern eingesetzt. Auch interessant: Bielefelder Polizei gibt Tipps gegen Energie-Betrugsmasche Polizeisprecher Fabian Rickel warnt: &bdquo;Betrüger versuchen auf diese Weise an Vertragsdaten, Zählernummer oder Bankverbindung zu gelangen.“ Den oft sehr professionell agierenden Tätern gehe es darum, mit diesen Daten Provisionen von Stromanbietern zu erhalten. Daher rät Rickel: &bdquo;Lassen Sie niemanden unangemeldet in Ihre Wohnung. Ihr aktueller Anbieter kündigt sich vorher an. Generell gilt: Geben Sie keine persönlichen Daten heraus.“ Stadtwerke Bielefeld erkennen Häufung dieser Fälle Die Bielefelder Stadtwerke kennen Geschichten wie die der Familie Oduncu zur Genüge. Nach Angaben von Steffen Hamann, Leiter der Abteilung Vertrieb & Service bei den Stadtwerken Bielefeld, häuften sich diese Fälle aktuell. Hamann spricht von ganz unterschiedlichen Vorgehensweisen. &bdquo;Ein Muster sticht jedoch heraus: Immer häufiger geben sich Personen fälschlicherweise im Namen der Stadtwerke aus, um sich Zugang zu Wohnungen zu verschaffen.“ Die Stadtwerke betonen deshalb: &bdquo;Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich jederzeit ausweisen und tragen die Dienstkleidung der Stadtwerke Bielefeld Gruppe. Wer unsicher ist, sollte im Zweifel direkt bei uns nachfragen.“ Grundsätzlich raten die Stadtwerke, sich stets einen Ausweis zeigen zu lassen und keinerlei persönliche Daten herauszugeben. Sollte es dennoch zu einem ungewollten Vertragsabschluss gekommen sein, raten die Stadtwerke dazu, diesen umgehend zu widerrufen – direkt beim neuen Versorger. Dafür gilt eine gesetzliche Frist von 14 Tagen ab Erhalt der Vertragsbestätigung. Wer schnell ist, kann seinen Altvertrag möglicherweise retten Wichtig: Wer betroffen ist, sollte so schnell wie möglich nicht nur den neuen Energieliefervertrag widerrufen, sondern auch die Vollmacht zur Kündigung des Altvertrags gegenüber dem neuen Anbieter, betont die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Nur wer schnell genug reagiert, hat eine Chance, dass der Altvertrag ungekündigt fortbestehen kann. Das Widerrufsschreiben sollte per Einschreiben versendet werden (ein Widerruf per E-Mail ist nicht geeignet). Gehen auch die Stadtwerke gegen Betrüger vor? &bdquo;Wir erfassen und kategorisieren eingehende Beschwerden systematisch. Ziel ist es, Muster zu erkennen, die verantwortlichen Personen oder Organisationen zu identifizieren und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten“, sagt Hamann. Zum Thema:Verbraucherzentrale: Was tun, wenn Ihnen ein Energievertrag untergeschoben wurde? Verbraucherzentrale: Unerwünschte (Energie)verträge an Haustür und Telefon – Das können Sie tun Stadtwerke Bielefeld: Keine Haustürgeschäfte und unerlaubte Telefonwerbung bei der Stadtwerke-Bielefeld-Gruppe

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