Chronischer Staufrust: Bielefelds Baustellenmarathon lähmt die Stadt

Ein Stau macht mir nichts aus – solange er auf der Gegenfahrbahn ist. Nun, diesem witzig gemeinten Aufkleber auf dem Auto vor ihnen können viele Bielefelder beim Befahren des Ostwestfalendamms derzeit nicht viel abgewinnen. Ab Auffahrt Jöllenbecker Straße bis zum Johannistal ist auf dem OWD stadtauswärts gefühlt praktisch Dauerstau, auf Google Maps ist die Strecke dauerhaft tiefrot eingefärbt. Doch Gleiches gilt für die Gegenfahrbahn. Auch hier geht meist vom Haller Weg bis Oetker nicht viel. Noch bis Ende Juli gibt es auf dem Ostwestfalendamm auf einer Länge von 500 Metern nur jeweils eine Richtungsfahrspur. Die Geduld der Autofahrer in dieser Stadt wird wieder mal kräftig auf die Probe gestellt. Ja, natürlich duldet auch diese Baumaßnahme keinen Aufschub, heißt es auf Nachfrage. Die Stadtautobahn sei in die Jahre gekommen, die Dehnungsfugen an den Brücken über die Stapenhorststraße und im Johannistal müssten dringend erneuert werden. Das können die Bielefelder nachvollziehen. Doch steht man in diesem Stau, erwischt man sich schon mal bei dem Gedanken, warum eigentlich keine Bauarbeiter zu sehen sind. Die würden teils unter der Brückenkonstruktionen arbeiten oder es müsse Beton aushärten und da könne gar nicht gearbeitet werden, wird erklärt. Auch, dass es schwer sei, Firmen zu gewinnen, die Tag und Nacht arbeiten, ist einleuchtend. Alles ist dringlich, alles duldet keinen Aufschub Ja, die Begründungen sind alle für sich nachvollziehbar. Aber irgendwie haben wir Bielefelder das Gefühl, dass sich das in letzter Zeit häuft. Alles ist dringlich, alles duldet keinen Aufschub, alles dauert lange, Alternativen sind nicht machbar. Wie letztens die halbseitige Sperrung der Kreuzstraße, wo plötzlich sogar Gefahr in Verzug war, da Versorgungsleitungsschächte einzustürzen drohten. So gab es für acht Wochen vom Adenauerplatz aus in Richtung Landgericht kein Durchkommen und massive Einschränkungen und Staus auf der Artur-Ladebeck-Straße und der Umleitungsstrecke durch die Altstadt. Auch interessant: Achtung Staugefahr in Bielefeld: Chaos durch Baustelle auf Ostwestfalendamm Aber kaum fließt der Verkehr an einer Stelle wieder, so landet man unweigerlich an anderer Stelle in dieser Stadt im Stau. Die Schildescher Straße ist nun 18 Monate Baustelle, die Jöllenbecker Straße bald 30 Monate. 8.000 Baustellen wird es in diesem Jahr geben. Viele kleine, aber auch einige, die den Verkehr massiv einschränken. Baustellenmanagement muss professionalisiert werden Natürlich ist es ein gutes Zeichen, dass die städtische Infrastruktur in Bielefeld modernisiert und ausgebaut wird. Aber das langfristige Baustellenmanagement muss ganz dringend professionalisiert werden. Hoffnung hatten die Bürger zuletzt in den sogenannten Baustellengipfel, zu dem Oberbürgermeister Pit Clausen ins Rathaus geladen hatte. Doch mehr als Absichtserklärungen kamen dabei nicht heraus, konkrete Ergebnisse wurden nicht vorgestellt. Das ist vielleicht nicht weiter verwunderlich, denn im September steht die Kommunalwahl an und viele Projekte werden derzeit auf die lange Bank geschoben, um ja nicht mit unliebsamen Beschlüssen die Wähler zu verschrecken. 4.770 Bielefelder machen beim Orts-Check mit Dabei haben die Bielefelder ihr Urteil längst gefällt. Am großen Orts-Check der &bdquo;Neuen Westfälischen“ haben sich 4.770 Bewohner dieser Stadt beteiligt. Neben der Bewertung anhand einer Skala von 1 bis 10 wurden mehr als 2.000 freie Kommentare abgegeben. Nicht nur im OWL-weiten Vergleich mit den ebenfalls befragten Einwohnern aus den Kreisen Höxter (6,4), Paderborn (6,7), Herford (6,5), Gütersloh (6,6) und Minden-Lübbecke (6,4) bildet Bielefeld mit der Durchschnittsnote 6,3 das Schlusslicht. Lesen Sie auch: Zwei Stadtteile punkten bei den Bielefeldern besonders Am meisten Kritik gab es von den Teilnehmern an der Verkehrsbelastung, was sich in der sehr schlechten Bewertung von 4,3 widerspiegelt. Bei Baustellen sei eine bessere Koordination und höhere Geschwindigkeit in der Umsetzung nötig, schreiben viele Teilnehmer. Dass Parkplätze zugunsten von Radwegen wegfallen, wird ebenfalls kritisiert. Aber auch, dass es zu wenig und vor allem viele Radwege in schlechtem Zustand gibt. Herkules-Aufgabe nach der Wahl 235.032 Fahrzeuge waren 2024 in Bielefeld als zugelassen registriert, Tendenz weiter leicht steigend. Die Verkehrswende spiegelt sich demnach in unserer Stadt nicht auf der Straße wider. Wer auch immer Ende des Jahres nach der Wahl die Stadtpolitik prägen wird, muss Lösungen für die Herkules-Aufgabe aus Mobilität, Erreichen von Klimazielen und Sanierung der Infrastruktur finden. Statt Ideologie ist dabei sicher mehr Pragmatismus und gesunder Menschenverstand gefragt. Und vor allem Transparenz den Bürgern gegenüber. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der &bdquo;NW“ Bielefeld

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