Kein Geld, kein Wasser: Stadtwerke Bielefeld drehen Mietern das Wasser ab

Bielefeld. Aufgeregte Diskussion von Nachbarn am Montagabend auf dem Flur im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses in der August-Bebel-Straße: &bdquo;Haben Sie auch kein Wasser?“, fragt eine Mieterin, die gerade nach Hause gekommen ist. &bdquo;Nein, schon den ganzen Tag nicht. Und die Stadtwerke sagen am Telefon, dass sie nichts dazu sagen, wir müssen uns an die Hausverwaltung wenden – aber da geht keiner ans Telefon“, erklärt der Nachbar. &bdquo;Haben Sie denn den Brief von den Stadtwerken nicht bekommen?“, fragt Reinhard G. (Name von der Redaktion geändert). Er wohnt im dritten Stock des Hauses mit 15 Wohnungen und will gerade in den Keller. &bdquo;Was für einen Brief?“, fragen die verdutzten Nachbarn unisono? Zum Thema: Bielefelder Behörde hilft Mietern in Not und zwingt Vermieter zum Handeln Den Brief, den G. am 11. Juni in seinem Briefkasten fand, Post von den Stadtwerken Bielefeld, datiert auf den 10. Juni. Darin kündigt der kommunale Versorger an, dass es &bdquo;nicht ausgeschlossen“ sei, dass die Wasserversorgung am 23. Juni eingestellt werden müsse. Für nähere Informationen zu den Hintergründen möge man den Vermieter kontaktieren. Das Schreiben hatten allerdings nur die Mieter bekommen, die den Stadtwerken durch Vertragskontakte bekannt waren. Mahnungen und Anrufe des Bielefelders zeigen keine Wirkung Zu den wenigen zählte G. Fast täglich habe er dann bei der Hausverwaltung angerufen, aber ohne Erfolg. Am Ende habe er gar nicht mehr gewusst, wer überhaupt für die große Immobilie in Bielefeld verantwortlich sei: Essen, Münster oder doch Hannover? In der Firma wechsle so oft das Personal, die ganzen Namen könne sich keiner merken. Die Immobilienfirma heißt &bdquo;Capera“, verwaltet deutschlandweit nach eigenen Angaben rund 24.000 Wohnungen sowie Gewerbeeinheiten. Tituliert sich als &bdquo;Einer der führenden Property Manager für Wohnimmobilien“ – und hat offenbar offene Rechnungen in Bielefeld. Zum Einzelfall darf Stadtwerke-Pressesprecherin Yvonne Liebold natürlich keine Auskünfte geben – Datenschutz. Generell aber sei die Einstellung der Wasserversorgung immer die allerletzte Möglichkeit, wenn sowohl Mahnungen wie auch die Versuche der persönlichen Kontaktaufnahme über einen längeren Zeitraum keine Wirkung gezeigt hätten. Und anders als in den vergangenen Jahren sei diesmal auch die Wohnungsaufsicht informiert worden. Die Eigentümerin sei mit Schreiben vom 10. Juni auf die drohende Sperrung aufmerksam gemacht worden, inklusive Fristsetzung zum Abwenden der Maßnahme bis zum 23. Juni, erklärt Stadt-Sprecher Daniel Steinmeier das Vorgehen der Mitarbeiter des Bauamts. Weil aber bis Montag nichts passierte, drehten die Stadtwerke prompt das Wasser ab für die 15 Wohnungen. In einer davon, direkt unterm Dach, wohnt Gerda W. (Name von der Redaktion geändert). Die über 80-jährige Seniorin habe schon genug mit dem Rollator zu kämpfen, den er ihr jeden Tag hinauf zur Wohnung trage, sagte Reinhard G. Am Montag sei dann noch viel Wasser hinzugekommen. Lesen Sie auch: Verzweifelte Bielefelder Mieter packen im Fernsehen aus Wassertank mit zwölf-Liter-Volumen als Notlösung im Bad Sowie ein Wassertank mit einem Fassungsvermögen von zwölf Litern, um wenigstens die Minimalhygiene wie Händewaschen zu gewährleisten. Und Toilettengänge? Wenig trinken, lautete die lakonische Antwort. Am Wochenende wäre das kaum möglich gewesen. Es könne doch nicht sein, dass die Mieter in Haftung genommen werden für die Praktiken der Hausverwaltung, sagt Rechtsanwalt und Mietrechtsexperte Ridvan Ciftci. Zumal die Mieter monatlich über das Zahlen der Nebenkosten ihren Beitrag an den Kosten fürs Wasser leisten. Aus seiner Sicht sei es längst an der Zeit, dass solche Missstände endlich auf Bundesebenen geregelt werden, und er verweist auf das Wohnraumstärkungsgesetz NRW: Demnach könne die Stadt die Außenstände pfänden und dann ins Grundbuch zu Lasten des Eigentümers eintragen lassen. Hausverwaltung entschuldigt sich bei den Mietern Vielleicht geschieht das beim nächsten Mal, denn am Dienstagnachmittag rauschte wieder Wasser durch die Leitungen des Eckhauses. &bdquo;Es wurde folglich heute mit der Eigentümerin telefonisch Kontakt aufgenommen. Sie hat zugesichert, das Problem heute noch zu beheben“, berichtet Steinmeier. Die Mieter der 15 Wohnungen freuten sich über das Ende des unverschuldeten Ausnahmezustandes und eine Rückkehr zur Normalität: &bdquo;Jetzt erstmal duschen“, sagte Richard G. Eine &bdquo;Capera“-Sprecherin erklärt das Drama mit einem Missverständnis beim Anpassen der Abschlagszahlung samt anschließender Zahlungsabwicklung: &bdquo;Für etwaige Unannehmlichkeiten möchten wir uns bei den betroffenen Mieterinnen und Mietern aufrichtig entschuldigen.“ 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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