Bielefelder Karstadt-Gebäude wird für neue Baudezernentin zur Feuerprobe

Bielefeld. Neue Besen kehren gut, heißt es. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass Bielefelds neue Baudezernentin Claudia Koch unbefangen an die Sache herangegangen ist. Die Bauingenieurin geht jedenfalls davon aus, dass das denkmalgeschützte Haus des Handwerkes auch für schulische Zwecke genutzt werden kann und damit einer Erweiterung des benachbarten Gymnasiums am Waldhof nicht im Wege steht. Im Gegenteil. Noch vor den Sommerferien, so die städtische Planungschefin im Gespräch mit dieser Zeitung, könne im Rat der finale Kaufbeschluss für das Gebäude fallen. Die Abstimmungsgespräche mit dem Eigentümer, der Kreishandwerkerschaft, und der Denkmalbehörde beim Landschaftsverband in Münster liefen gut, sagt sie. Der Weg für die weitere Planung wäre also bald frei. War das Hin- und Her-Rechnen, war der aufwendige Vergleich von Raum- und Klassengrößen, das Jonglieren mit zweistelligen Millionenbeträgen, war all das für die Katz? Zumindest zeigt das Beispiel, dass in Verwaltung und Politik manchmal Dinge zerredet werden. So etwas kann Planungsprozesse unnötig verlängern, wenn eigentlich schnelles Handeln angesagt wäre. Bielefelder Karstadt-Areal wird zur Feuerprobe für Dezernentin Dabei braucht Bielefeld gerade in der Stadtplanung einen Entwicklungsschub. Denn Baustellen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne – gibt es reichlich. Die Karstadt-Immobilie in der Innenstadt zum Beispiel. Von einer Warenhausschließung bis zur Realisierung einer Nachfolgenutzung vergehen im Schnitt fünf Jahre, hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in einer Studie dargelegt. Im Fall des Bielefelder Karstadt-Hauses ist schon mehr als eines verstrichen. Nach dem Tod eines Investors müssen neue Geldgeber gefunden werden. Über ein Nutzungskonzept ist nur schemenhaft etwas bekannt. Dabei ist das Objekt mit seinen 37.000 Quadratmetern Nutzfläche der Schlüssel für die Weiterentwicklung der in die Jahre gekommenen Einkaufsmeile Bahnhofstraße. Für die neue Baudezernentin dürfte es zu einer Art Feuerprobe werden. Fachlicher Rat kann ihr helfen. Nicht nur im Fall Karstadt. Der Beirat für Stadtgestaltung als Expertengremium sollte dringend neu belebt werden, im Zweifel nicht als Planungsverhinderer, sondern als Unterstützer wirken. Vielleicht wäre es auch sinnvoll, wieder ein eigenes städtisches Planungsamt zu schaffen, das mehr als ein klassisches Bauamt auch eine Ideenschmiede wäre. Nach der Kommunalwahl bestünde dafür eine Gelegenheit. Mehr als 100 Bauprojekte sind in Bielefeld in der Pipeline Koch muss aber nicht nur Impulsgeberin für private Investoren sein. Ihr Dezernat verantwortet ein gewaltiges kommunales Bauprogramm, das inzwischen 1,3 Milliarden Euro umfasst. Mehr als 100 Projekte sind in der Pipeline. Manche längst überfällig, wie der Neubau von Grundschulen. Manche ambitioniert wie der neue Seidensticker-Campus. Manche drohen immer teurer zu werden wie die geplante neue Feuerwache. Das alles soll gestemmt werden, bei sich deutlich verschlechternden Stadtfinanzen. Und ob aus den 400 Millionen Euro etwas wird, die sich Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) aus dem Infrastrukturpaket der neuen Bundesregierung erhofft, steht auch in den Sternen. Kann eine Frau, die bislang die Planungsgeschicke in der 30.000-Einwohner-Stadt Höxter verantwortet hat, die Mammutaufgaben im mehr als zehnmal größeren Bielefeld bewältigen? Das fragt sich der ein oder andere hinter vorgehaltener Hand im Rathaus. Ihren neuen Job ist sie jedenfalls ohne Scheuklappen angegangen. Und Bielefeld hat schon einmal mit einem Dezernenten, der aus einer Kleinstadt kam, Glück gehabt. Stadtkämmerer Rainer Kaschel kam 2016 aus Sprockhövel (24.000 Einwohner) nach Bielefeld und hat sich einen über Parteigrenzen hinweg guten Ruf erworben. Lesen Sie auch: Baudezernentin ist überzeugt: Bielefelder Haus des Handwerks ist doch für Gymnasium nutzbar Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf Ihre Meinung an michael.schlaeger@nw.de

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