„Anaar“ heißt Bielefelds erstes afghanisches Restaurant: Das steht auf der Speisekarte

Bielefeld. Der Granatapfel genießt in der afghanischen Kultur und Küche einen besonderen Status. Und wie diese Frucht mit ihren heilenden Kräften in den verschiedensten Speisen schmeckt, das demonstrieren Zohra Wahed und ihr Bruder Meerwais seit Freitag in ihrem Restaurant &bdquo;Anaar“ – auf Deutsch Granatapfel. Am Bunnemannplatz in Bielefeld haben sie einen Platz gefunden für ihre Kochkünste, in deren Zentrum das Reiskorn steht. In Afghanistan gebe es ganz viele verschiedene Sorten und für die einzelnen Speisen werde der Reis spezifisch zubereitet, erklärt die Chefköchin, die in der kleinen Küche das Kommando führt. Bestelle der Gast beispielsweise ein Gericht mit Kalbfleisch, wie das beliebte &bdquo;Qabeli Pallau“, so sei der Reis zuvor bereits zusammen mit Rindfleisch gegart worden, exakt geschichtet in einem wirklich großen Wok-Kochtopf, verfeinert mit Möhrenstreifen, Mandeln, Rosinen und Pistazien. Wobei es von den in Afghanistan heimischen Kernen auch wieder verschiedene Sorten gebe – die zum Verzehr und die fürs Aroma: letztere satt in der grünen Farbe, voll in der Würze, bloß etwas widerspenstig im Biss. Und mit Widerspenstigkeit kennt sich Jamila Wahed aus: Auch wenn afghanischen Frauen unter dem Regime der Taliban das Tragen von Tattoos oder Piercings verboten ist, sie trägt ihren Körperschmuck mit Stolz. Und seit neun Jahren auch in Deutschland. Als die heute 39-Jährige damals zusammen mit ihrem Bruder und ihrer Mutter aus Afghanistan floh, beherrschte sie fünf Sprachen Vorderasiens fließend sowie Englisch. Hier angekommen wollte sie auch so schnell wie möglich Deutsch lernen: &bdquo;Sprache ist immer der Schlüssel, sie führt zur Kultur eines Landes“, sagt sie – die Sprachkurse aber seien ihnen vorenthalten worden. Die Geschwister Wahed – gekommen, um zu kochen Also integrierten sie sich selbst, lernten Deutsch via Internet, beschlossen zu Hause nur noch in der Sprache ihrer neuen Heimat zu reden. Das habe anfangs recht komisch geklungen, sagen die Geschwister Wahed. So würden sie mittlerweile überall genannt, weil sie vieles gemeinsam machen. Wie jetzt das Restaurant. Wobei Meerwais Wahed hauptberuflich eigentlich als Dispatcher bei Mobiel arbeitet. Für das Familien-Projekt aber habe er die Stunden reduziert und kümmere sich an den freien Tagen um das Marketing und helfe bei den Einkäufen. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Anaar Restaurant (@anaar.bielefeld) Lesen Sie auch: Café Lutter in Bielefeld: Frühstücken in der City mit einmaliger Aussicht aufs Wasser Seine Schwester schnitt bis vor kurzem noch Haare im New-York-Style, dort habe sie ihre Ausbildung zur Frisörin gemacht. Doch nach der Kollision mit einem Streifenwagen auf einem Zebrastreifen im Wohnort Steinhagen, habe sie sich nach dem Bruch der Schulter etwas Neues überlegen müssen. Beim Bäckerei-Besuch sei ihr die Idee gekommen zum Eröffnen eines Restaurants. &bdquo;Ich koche sehr gerne und ich kann auch für viele Menschen gleichzeitig kochen, denn in Afghanistan ist es normal, dass plötzlich 20 oder 30 Gästen vor der Tür stehen. Für solche Situationen sei die Speisekammer immer gut gefüllt. &bdquo;Ich muss immer noch schmunzeln bei den kleinen Reis-Paketen hier in den Geschäften: In Afghanistan kaufen die Menschen den Reis in 100-Kilo-Säcken.“ Wenn er seine Ärmel hochkrempelt, um die vielen über Hamburg angereisten authentischen Zutaten in der Küche zu verstauen, zeigt sich dort ein mächtiger Baum. Himalaja-Zeder? &bdquo;Deutscher Wald“, sagt Meerwais Wahed, lacht und dreht den Arm mit dem Panoramamotiv. &bdquo;In Afghanistan haben wir keinen Wald und ich bin wirklich gerne im Teuto.“ Am Montag wäre vielleicht wieder Zeit für eine Runde, denn am Montag hat das Restaurant geschlossen. Das sei dann die Zeit für die Vorbereitungen, sagt seine Schwester: Dann werden die Teigtaschen namens &bdquo;Mantu“, die Hackfleischtaschen und Aschak, die Lauchtaschen, sowie die &bdquo;Sambosa“ Gemüseecken. Die authentische Küche Afghanistans mit all ihren Aromen Wer Fleisch mag, findet eine reiche Auswahl an Gegrilltem und Geschmorten, wer vegetarische Küche bevorzugt, wählt traditionelle Gerichte wie &bdquo;Dal Tschalau“ mit Mungobohnen oder &bdquo;Katschalu Tschalau“ auf Kartoffel-Basis. Wobei das Essen klassisch mit einer Suppe beginnt: Die Nudelsuppe &bdquo;Anaar Spezial Suppe“ mit Koriander und Hackbällchen wäre die erste Versuchung wert. Und mit einem Dessert endet - der helle Cremepudding &bdquo;Ferni“, geweiht mit einem Hauch von Rosenwasser, Pistazien, Mandeln und Kardamon schmeckt wie ein Kuss der Musen. Dazu noch ein Tässchen Safran-Tee oder Kardamon-Tee und demnächst auch homemade afghanische Eiscreme - die Geschwister Wahed haben eine kulinarische Mission im Auftrag des Granatapfels, der als Dekor immer dabei ist und als Soße für die Süßen. Die Frucht sei die Universalmedizin des Landes und besonders bei Bauchweh als Kur die erste Wahl. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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