Nach Aschaffenburg-Tat: Gibt es auch in Bielefeld „gefährliche Orte“?

Bielefeld/Aschaffenburg. Der gewaltsame Tod eines kleinen Kita-Kindes in Aschaffenburg und eines Mannes, der sich zum Schutz der Kita-Gruppe vor den Angreifer stellte, sorgt deutschlandweit für Entsetzen. Ein psychisch kranker Mann soll plötzlich auf die beiden Opfer und weitere Besucher eines beliebten Innenstadtparks eingestochen haben. In der Berichterstattung über den Fall wird immer wieder erwähnt, dass der Park von der Polizei als &bdquo;gefährlicher Ort“ eingestuft wurde. Was ist das und gibt es solche Orte auch in Bielefeld? Bielefelds Polizeisprecherin Sonja Rehmert kennt den Rechtsbegriff &bdquo;gefährlicher Ort“, will aber weder dementieren noch bestätigen, dass in Bielefeld Orte von der Polizei auf diese Weise eingestuft wurden. Die Behörde hält den Begriff für irreführend, weil er allein durch das Adjektiv &bdquo;gefährlich“ einen falschen Eindruck beim Bürger erwecken und dadurch das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beeinflussen könnte. Die Bezeichnung bedeute nicht, dass man diese Orte meiden sollte. Lesen Sie dazu: Kita-Kind und Helfer sterben bei Messerangriff – Verdächtiger in Psychiatrie &bdquo;Gefährlicher Ort“ ist eine polizeiliche Bezeichnung Was ist mit &bdquo;gefährlicher Ort“ eigentlich gemeint? Der Begriff ist eine rein polizeiliche Bezeichnung für Orte, an denen es Anhaltspunkte dafür gibt, dass hier Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben, dass sich hier gesuchte Straftäter verbergen oder dass sich hier Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Vorschriften verstoßen. Der Ort ist also nicht automatisch für unbeteiligte Bürger besonders gefährlich und daher in der Wortbedeutung irreführend. In anderen Bundesländern werden diese Orte auch als &bdquo;Kontrollbereiche“ oder &bdquo;verrufene Orte“ bezeichnet. Denn es geht dabei einzig um Kontrollbefugnisse: An Plätzen und Straßen, die von Polizisten in NRW als &bdquo;gefährliche Orte“ eingestuft wurden, dürfen Beamte Personen kontrollieren, &bdquo;ohne einen konkreten Tatverdacht gegen sie haben zu müssen“, heißt es. Das ist geregelt in Paragraf 12.2 des Landespolizeigesetzes. Diese polizeiliche Rechtsnorm soll anlasslose Personenkontrollen etwa an Drogen-Treffpunkten wie an der Tüte oder am Kesselbrink in Bielefeld ermöglichen – aber auch an Verstecken, die Ergebnis konkreter Ermittlungen geworden sind. Polizisten definieren die &bdquo;gefährlichen Orte“ nach der beruflichen Erfahrung selbst und nicht unbedingt aufgrund der Anzahl der Taten. Im Unterschied dazu gibt es Kriminalitätsbrennpunkte, die sich allein durch die statistische Kriminalitätsbelastung definieren. Die Bielefelder Behörde hüllt sich in Schweigen Gibt es &bdquo;gefährliche Orte“ in Bielefeld? Das weiß nur die Polizei. Dass sie nicht daran interessiert ist, diese Orte öffentlich zu machen, liegt auf der Hand. Wenn ein Versteck von Kriminellen zur Vorbereitung von Straftaten genutzt wird, kann es nicht im Sinne der Ermittlungen sein, wenn dieser Ort öffentlich bekannt gemacht wird. Zu einer parlamentarischen Auskunft im Landtag waren die Behörden zunächst nur eingeschränkt bereit. Nach einer erfolgreichen Klage vor dem Verfassungsgerichtshof konkretisierte das Innenministerium 2020 die Angaben zu den 44 Gebieten, indem sie Hunderte dazugehörige Straßennamen lieferte. Lesen Sie dazu: Landesregierung deklariert Hunderte Straßen und Plätze als gefährliche Orte Die &bdquo;gefährlichen Orte“ verteilten sich auf sieben von 47 Polizeibehörden. Ostwestfälische Behörden waren damals nicht darunter. Die meisten Meldungen machte die Stadt Köln. Kriminalitätsanstieg macht neue Einstufungen nötig Indes ist anzunehmen, dass durch den Anstieg der Straßenkriminalität inzwischen solche Einstufungen auch in Bielefeld zumindest für die von Drogendealern frequentierten Orte vorgenommen wurden. Anderenfalls könnte die Polizei niemanden ohne konkreten Verdacht an Kesselbrink oder Tüte durchsuchen lassen. Die Bezeichnung als &bdquo;gefährlicher Ort“ kann übrigens auch temporär und sehr kurzfristig gelten, hieß es damals aus dem Innenministerium – etwa wenn Tätergruppen ein Versteck auserkoren haben, von dem sie immer wieder ausschwärmen, um Straftaten zu begehen. Nachdem die Bande festgenommen wurde, bestünde kein Bedarf mehr für anlasslose Kontrollen. Bielefelder wollen ihre Plätze zurück: Angst-Räume sollen wieder lebenswert werden

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