Dieser „Kümmerer“ geht nach fast 50 Jahren bei der Stadt Bielefeld in Ruhestand

Bielefeld. So einen wie ihn gibt es heutzutage vermutlich nur noch selten in der Bielefelder Stadtverwaltung. Einen, der nach 48 Jahren im Dienste der Stadt und nach 14 Jahren an der Spitze des Bezirksamtes Brackwede von sich selbst sagt, dass er im &bdquo;Bielefelder Rathaus als Mitarbeiter ganz bestimmt keinen Beliebtheitspreis bekommen wird“. Denn Hans-Georg Hellermanns Loyalität galt in erster Linie immer seinem Stadtbezirk, den Menschen dort und ihren Belangen. Dann war er auch schon mal unbequem, hemdsärmelig, unkonventionell oder hat Dinge ausgesessen. Jetzt geht der Brackweder, der am 22. Januar 65 Jahre alt wird, zum Monatsende offiziell in den Ruhestand. In den vergangenen Monaten war er bereits krankheitsbedingt selten im Büro. Sein linkes Knie macht schon lange Probleme und wird noch in diesem Monat operiert. &bdquo;Da reibt Knochen auf Knochen“, schildert der eigentlich immer sportliche 64-Jährige. Ein Problem, das er lange ignoriert habe, aber jetzt könne er manchmal kaum noch laufen. Weil die Rekonvaleszenz lange dauern wird, hat sich Hans-Georg Hellermann entschlossen, nicht länger im Amt zu bleiben, sondern schon vorzeitig den Weg für seine Nachfolge freizumachen. Dort weiß er sich durch seine Stellvertreterin Elma Bonenkamp und Andrea Kimpel sowie seinem gesamten Team gut vertreten, dem er, wie er sagt, immer viel Vertrauen geschenkt und Eigenständigkeit gelassen habe. Die persönlichen Abschiedsgeschenke, darunter ein Buch mit vielen schönen Erlebnissen aus 14 Jahren Brackwede, sprechen Bände. Wer sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin wird, ist noch offen. Ein pragmatischer Beschwerdemanager Hellermann sah sich immer als &bdquo;Kümmerer“ an der Spitze, als wichtiger Ansprechpartner (ohne Parteibuch) der Bezirkspolitik, als Beschwerdemanager. &bdquo;Ich habe immer versucht, pragmatisch, bürgernah und menschlich meine Arbeit zu machen“, sagt Hans-Georg Hellermann. Schade sei, dass vieles leider nicht mehr auf dem kurzen Dienstweg erledigt werden könne. Vor allem hat er seinen Beruf so geliebt, dass er ihn sogar als Berufung, als Hobby bezeichnet. &bdquo;Ich habe meinen Job mit Stolz gemacht.“ Der 64-Jährige lacht. &bdquo;Anderen war es beispielsweise eine Strafe, zu kontroversen Bürgerversammlungen zu gehen oder zu Vereinsgeburtstagen, zur Feuerwehr“, sagt Hellermann. &bdquo;Ich habe das immer gerne getan.“ Wohlwissend, dass ohne engagierte Bürgerinnen und Bürger, die vielen Ehrenamtlichen in Vereinen, Verbänden und Organisationen kaum ein lebendiger Stadtbezirk möglich wäre. Egal, ob Schweinemarkt, Mai-Feiern, Glückstalertage, Sportveranstaltungen, Ferienspiele. Lesen Sie auch: Brackwede hat ein Pipi-Problem - und die Ämter weigern sich, es zu lösen Und Hans-Georg Hellermann ist auch stolz auf das vielfältige kulturelle Angebot im Stadtbezirk, der als einziger in Bielefeld seit mehr als fünf Jahrzehnten den deutschen Wanderbühnen im Tournee-Theater &bdquo;Kulisse“ eine Bühne bietet. Um die 500 Zuschauer kommen immer noch pro Aufführung, und Hellermann hat für die nächste Saison noch grünes Licht gegeben. Oder auf die Tjaden-Sundermann-Stiftung, zu deren Vorstand Hellermann gehört, und die in Brackwede Brauchtum und Projekte der Heimatgeschichte vernünftig fördern kann. Büro ist ein Stück Heimatgeschichte Sein Büro selbst ist ein Stück Heimatgeschichte, es verströmt den Charme der 60er Jahre, als das Brackweder Rathaus errichtet worden ist. Beispielsweise die eingebaute braune Schrankwand mit &bdquo;geheimer“ Tür ins Besprechungszimmer 120. Oder der große Tisch für kleine Gesprächsrunden mit Schrammen, Kratzern und Glasrändern, der wie die Stühle aus dem Jahr 1964 stammt. Das Gleiche gilt für das große Bild mit einer alten Ansicht vom Dorf Brackwede, das schon seit den Zeiten von Stadtdirektor Wilhelm Generotzky dort hängt. &bdquo;Alles noch gut. Darum wollte ich auch nichts Neues“, sagt der 64-Jährige. Nur Hellermanns Schreibtisch, jetzt komplett leer geräumt, ist etwas jüngeren Datums. Sein Vorgänger Egon Schäffer hat sich irgendwann zu dem raumgreifenden EDV-kompatiblen Möbel überreden lassen. Sonst stünde dort sicher auch noch der große Echtholzschreibtisch. Hans-Georg Hellermann hat sein Feld gut bestellt überlassen, hat noch geregelt, was zu regeln war. Trotzdem fallen ihm auch jetzt noch Dinge ein, die er Elma Bonenkamp noch sagen will. &bdquo;Es ist schon verrückt, dass ich fast auf den Tag 48,5 Jahre später dort aufhöre, wo ich angefangen habe.“ Mit 800 Bewerbern in Konkurrenz um die Azubistelle Seine Mutter habe dafür gesorgt, dass er sich nach dem Besuch der Realschule Brackwede bei der Stadt bewirbt. Er war unter den 33, die aus der Reihe der 800 Bewerbungen genommen worden seien. Am 1. September 1976 begann die Ausbildung zum Stadtassistent-Anwärter. Nach der Ausbildung folgten acht Jahre im Personalwesen des Krankenhauses Rosenhöhe, damals ein Eigenbetrieb der Stadt. Weil Hellermann mehr wollte, folgte ein duales Studium an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung in Bielefeld. &bdquo;Das hat mich zu einem mündigen und selbstständigen Menschen und Beamten gemacht“, sagt Hellermann heute. &bdquo;Ich konnte nie gut abnicken, habe immer hinterfragt.“ Es folgten Standesamt und Sozialamt in Brackwede, wo &bdquo;viel Bauchgefühl und Menschlichkeit meine Maxime waren“. 2004 wechselte er nahezu zeitgleich mit seinem Kollegen Eberhard Grabe ins verwaiste Bezirksamt Senne, er als Stellvertreter, Grabe als Leiter, beide teilten sich die Aufgaben. Und zum 1. Februar 2011 wurde er Bezirksamtsleiter für Brackwede und Gadderbaum, das seit 2006 kein eigenes Bezirksamt mehr hat. &bdquo;Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Traumjob“, habe der Personalchef damals gesagt. Hellermann schmunzelt in Erinnerung daran. Auch lesenswert: Inventar verschenkt - Bekanntes Bielefelder Traditionsgeschäft schließt nach 124 Jahren Schade findet er, dass er es nicht noch erlebt, dass der große Saal am Bezirksamt fertig renoviert ist und wieder für Sitzungen genutzt werden kann. Im Februar soll es nach mehr als fünf Jahren so weit sein. Eines hat Hellermann aber noch getan: die Saat für den Gedanken gelegt, dass der Saal zum &bdquo;Bürgersaal“ werden soll. Kostenlos sollen die Bürger den Ort beispielsweise für Konzerte, Lesungen oder Versammlungen nutzen können. Einige offenen Punkte hinterlässt Hellermann Gerne hätte er auch eine Lösung für die sogenannte &bdquo;Historische Mitte“ gegenüber des Bezirksamtes gefunden, Platz für den fehlenden Vollsortimenter, dass der Hauptstraßen-Umbau kein so schwieriges Thema gewesen wäre. (Er persönlich hätte sich dort ja auch eine Fußgängerzone vorstellen können ...) Was sich der scheidende Bezirksamtsleiter noch wünscht? Dass die Partnerschaft zu Enniskillen in Nordirland, die ihm auch immer am Herzen gelegen hat, wieder mit mehr Leben gefüllt werden kann. Hans-Georg Hellermann, der noch zwei Geschwister hat, freut sich darauf, mehr Zeit für seine Eltern zu haben. Die frühere Näherin (88 Jahre) und der Schuhmacher (90) leben noch recht selbstständig in einer Seniorenwohnung in Brackwede. Oder für die Tochter (38), die mit Mann und Enkelkind (2) in Düsseldorf lebt. Mit seiner Frau Doris, die er 1977 beim Tanzen kennengelernt hat, möchte er später mit seinem neuen Knie wieder auf die Tanzfläche und zum Nordic Walking. Ob es noch einmal einen neuen Hund und Einsätze beim Hundesport Agility geben wird, ist noch offen. Davor kommt auf alle Fälle 2026 die geplante große Skandinavien-Tour bis zum Nordkap und den Lofoten. Und ganz sicher wird man Hans-Georg Hellermann bei dem einen oder anderen Brackweder Fest wiedersehen. 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