
Bielefeld. Die Rolle der Maria, die Gattin von Josef, die sie derzeit verkörpert, hat Jennifer Siemann mehr als Bauschmerzen bereitet. Das gibt sie unumwunden zu bei einem kleinen Gespräch zwischen Probe und Aufführung des Weihnachtsmusicals „Stille Nacht“ im Spiegelzelt. „Es waren Albträume“, sagt sie. Das lässt aufhorchen, erklärt sich aber schnell, gräbt man kurz in ihrer Vergangenheit.
Die Schauspielerin, Sängerin und Musicaldarstellerin hatte sich von ihrer Familie in Berlin distanziert, diese gehört zu den Zeugen Jehovas, und das verursachte bei ihr zunehmend Unbehagen. Ihr „Ausstieg“ aus der Religionsgemeinschaft vor ein paar Jahren sorgte für ein gehöriges Rauschen im Blätterwald.

Die 34-Jährige, die vielen als „Lucy“ in der „ARD“-Telenovela „Sturm der Liebe“ bekannt ist, hat aus ihrer Zeit in Bielefeld – und diese Zeit ist noch nicht vorbei – einiges mitgenommen: die Erkenntnis etwa, dass die Bielefelder sehr ehrlich sind („Nicht so wie etwa in München“). Bussi links, Bussi rechts ist hier nicht angesagt. Ehrlich sind die Bielefelder auch in ihren Reaktionen bei den Vorstellungen, im Guten wie im weniger Guten. „Neulich haben hier ein paar Leute augenscheinlich etwas über den Durst getrunken, da wäre ich fast aus meiner Rolle gestiegen und hätte sie zurechtgewiesen.“
Ein grüner Pulli aus Bielefeld als Souvenir
Siemann ist tough, bodenständig und geerdet. Und sie weiß, was sie will: Sie verrät, dass sie 2019 deshalb aus „Sturm der Liebe“ („Lucy spielen war ein Geschenk“) ausgestiegen ist, weil es ihr missfiel, dass männliche Kollegen mehr verdient hätten, obwohl man ihr eine Hauptrolle angeboten hatte. „Diese Frau hat Eier“, würde man in Ostwestfalen sagen.
Und sie hat einen Spleen: In jeder Stadt, in der sie Gastspiele hat, kauft sie sich ein Teil zum Anziehen. Hier in Bielefeld landete sie in einer Boutique gegenüber des Rathauses, der grüne Pulli steht ihr ausgesprochen gut. „Manchmal geht das Ensemble geschlossen zu ,Peter Pane’ auf einen Burger und den Weihnachtsmarkt habe ich natürlich auch schon besucht“, sagt sie. „Und zweimal die Woche machen wir uns einen netten Abend im Spiegelzelt nach den Vorstellungen. Neulich haben wir ,Mario Kart’ auf dem großen Bildschirm hinter der Bühne gespielt.“
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Sängerin hofft auf Durchbruch dank Ralph Siegel
Viel hat Jennifer Siemann noch nicht mitgenommen von der Stadt am Teutoburger Wald, sie gehört eher zum Typ „Couch-Potato“. Irgendwie scheint sie ihre Einsamkeit zu genießen. In ihrer Freizeit, also zwischen den Vorstellungen im Spiegelzelt, igelt sie sich gerne ein in ihrem Appartement in Bielefeld. Siemann lebt in München, „aber da wartet derzeit keiner auf mich“, gibt sie zu.
Sie wollte eigentlich Popstar werden, verriet sie jüngst in einem Interview, und auf dem Weg dahin scheint sie zu sein. Ihre Single „Löwin“ feierte Erfolge, ihre nächste Platte wird von Ralph Siegel („Ein bisschen Frieden“ – Nicole) produziert, sie heißt „Wir sind Engel“ und über ihr nächstes TV-Engagement darf sie noch gar nicht sprechen. Es wird aber im Frühjahr starten.
Die einsame „Löwin“ genießt es derzeit in Bielefeld: „Ich bin froh, dass ich zur Vorweihnachtszeit ein Engagement habe, da kann ich mich auf meine Rolle fokussieren und werde nicht so sentimental.“ Und wir sind froh, dass Jennifer Siemann einen grünen Pulli aus Bielefeld über ihrem Herzen trägt.
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Tickets zum Weihnachtsmusical im Spiegelzelt
Das Weihnachtsmusical „Stille Nacht“ mit Jennifer Siemann als singende Maria wird im Spiegelzelt im Ravensberger Park noch bis 23. Dezember aufgeführt. Alle Termine und Tickets ab 34,90 Euro gibt es bei der NW und unter www.nw.de/events. Zusätzlich kann ein Drei-Gänge-Menü gebucht werden.