Was ausgerechnet Afghanistan mit dem Bielefelder Haushalt zu tun haben soll

Bielefeld. Wenn die CDU-Fraktion zum Haushalt mehr Anträge gemeinsam mit der Linkspartei stelle als mit der FDP, &bdquo;dann stimmt der Kompass nicht“, giftet in dieser Woche FDP-Chef Jan Maik Schlifter auf Facebook in Richtung der Christdemokraten. Und bei den Etatberatungen im Finanzausschuss spricht der Liberale Gregor vom Braucke von der &bdquo;Afghanistan-Koalition“. Das ist eine Anspielung auf die afghanische Nationalflagge in den Farben Schwarz-Rot-Grün und auf die gemeinsamen Anträge von CDU und dem Ratsbündnis aus SPD, Grünen und Linken in besagter Mammutsitzung. Man spürt: Es ist Wahlkampf, und die FDP muss sich in den &bdquo;D-Day“-Zeiten vielleicht besonders um Aufmerksamkeit bemühen. Die Afghanistan-Koalition beschränkt sich am Ende auf drei Anträge. Den Lebensmittel-Tafeln sollen die Abfallgebühren erlassen werden, die Leitstelle der Feuerwehr mehr Personal bekommen und Rats-TV wegen mieser Quoten wieder abgeschaltet werden. Darüber kann man schon mal einer Meinung sein, ohne gleich zu dicken Freunden zu werden. Die Liberalen wiederum gehen mit elf eigenen Anträgen an den Start. Das zeugt von echter Fleißarbeit. Aber manches davon, wie die Absenkung der Gewerbesteuer, um mehr Unternehmen anzulocken und andere zum Bleiben zu bewegen, ist selbst der Union zu marktradikal. Aber mal abgesehen von solchem Geplänkel: Angesichts der sich dramatisch verschlimmernden Haushaltslage wäre schon angezeigt, dass sich die Ratsparteien zusammentäten, um das Schlimmste, sprich: ein Haushaltssicherungskonzept mit strengen Sparauflagen, von der Stadt abzuwenden. Stadtkämmerer Rainer Kaschel hat eindringlich an die Politik appelliert, es mit dem Geldausgeben nicht zu übertreiben. Auf 1,9 Milliarden Euro ist der städtische Haushalt inzwischen angewachsen. Gedeckt sind die Ausgaben nicht. 140 Millionen Euro werden nächstes Jahr fehlen, 128 Millionen ein Jahr darauf. Und noch viel schlimmer: Bis weit in die 30-er Jahre hinein wird es die Stadt nicht schaffen, weniger auszugeben, als sie einnimmt. Die Stiefkinder unter den öffentlichen Haushalten Dass kommunale Haushalte immer die Stiefkinder unter den öffentlichen Etats waren, ist nichts Neues. Keine Bundes- und keine Landesregierung hat die Kommunalfinanzen so reformiert, dass Großstädte wie Bielefeld mal längerfristig auf einen grünen Zweig kämen. Stattdessen gibt es immer neue Hürden. Auch die Grundsteuerreform ist dafür ein Beleg. 82 Millionen Euro nimmt die Stadt Bielefeld aus dieser Steuer ein. Weniger darf es nicht werden. Doch die Neuregulierung durch den Gesetzgeber bewirkt, dass der Hebesatz deutlich angehoben werden muss. Am Ende werden vor allem Eigenheimbesitzer und Mieter draufzahlen, die Stadt wird aber keinen Cent extra eingenommen haben. Erklären kann man das so recht niemandem. Die Ratsparteien haben die Entscheidung über die neuen Hebesätze bei ihren Haushaltsberatungen deshalb auch erst einmal ausgeklammert. Die neuen Steuerbescheide werden schließlich kurz vor der Bundestagswahl am 23. Februar verschickt. Ein paar Monate später ist Kommunalwahl. Da könnte mancher übellaunig sein Kreuzchen an der falschen Stelle machen. Lesen Sie auch: Grundsteuer in Bielefeld steigt auf 765 Prozent – Wohnen wird teurer Wären sich die Ratsparteien bei der Festlegung des Hebesatzes einig, könnten sie die Grundsteuer aus den Wahlkampf-Scharmützeln weitgehend heraushalten. Dafür müssten sie sich vielleicht auch wieder mehr auf die eigentliche Funktion eines Rates besinnen. Der ist nämlich kein Parlament wie der Land- oder der Bundestag, sondern ein Verwaltungsorgan, das die Rathaus-Ämter &bdquo;anleitet“. So steht es in der Gemeindeordnung. Und die Ratsmitglieder sollten nicht so sehr parteipolitisch denken, sondern sich dem Wohle der Stadt verpflichtet fühlen. Vielleicht wäre es also mal Zeit für eine Ghana-Koalition. Ja, richtig gelesen. Da könnte dann auch die FDP mitmachen. Die Flagge des afrikanischen Landes besteht aus den Farben Rot, Gelb und Grün sowie einem schwarzen Stern. Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf Ihre Meinung unter michael.schlaeger@nw.de News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der &bdquo;NW“-Bielefeld

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