Bielefelder Polizisten verletzt: Intensivtäter lebt im Hotel statt in Betreuung

Bielefeld. Sie sind 16 und 17 Jahre alt. Innerhalb kürzester Zeit sind sie für mehrere Strafverfahren verantwortlich. Der 16-Jährige gilt sogar schon als Jugendlicher Intensivtäter (JIT). Doch gestoppt hat ihn das bisher nicht. Wie berichtet, sollen die beiden in Rathaus-Nähe ohne jeden Anlass auf zwei Passanten losgegangen sein. Einer von ihnen zog sogar einen Schlagstock und schlug damit zu. Doch die Passanten stellten sich als Polizisten heraus, die sie in ihrer Freizeit angetroffen hatten. Die Beamten brachten den Halbstarken mit Stock entsprechend versiert zu Boden und nahmen ihn fest. Lesen Sie dazu: Attacke hinterm Bielefelder Rathaus: Intensivtäter schlagen auf Polizisten ein Doch was macht einen 16-Jährigen zu einem Intensivtäter und vor allem, was motiviert ihn, einfach auf zufällig entgegenkommende Menschen einzuprügeln? Es war von einem Anrempeln die Rede. Andere sagen, die Polizeibeamten hätten nicht genug Platz gemacht. Dann folgten die üblichen Provokationen. Dann der Angriff. Allem Anschein nach geht es wohl darum, &bdquo;einfach Stress zu machen“, andere seine Macht spüren zu lassen. Abziehen, Prügeleien und Alkohol als Abwechslung im langweiligen Leben von Jugendlichen auf der schiefen Bahn. Manche Intensivtäter sind für 100 Taten zuständig Die Zahl der jugendlichen Intensivtäter in NRW stieg laut übereinstimmenden Medienberichten in den vergangenen drei Jahren stetig an. Auch in Bielefeld, wo die Kriminalitätsstatistik im vergangenen Jahr 27 Intensivtäter aufführt. Ein Höchststand. Im Vorjahr waren es noch 22. Vor drei Jahren sogar nur 17. NRW-weit sind es 495. In diesem Jahr meldet die Polizei Bielefeld allerdings nur noch 11 Intensivtäter. Ein Teil dieser Intensivtäter ist allein für 100 Taten und damit auch für 100 Opfer zuständig. Bielefelds Kripochef Wolfgang Niewald sagte bereits 2023: &bdquo;Wir haben einige wenige, die alleine für einen Großteil der Taten minderjähriger Tatverdächtiger zuständig sind.“ 10-Jahres-Höchstwert: Bielefelder Polizei besorgt über massiven Anstieg von Gewalt und Kriminalität Jugendlicher Intensivtäter ist laut Polizeisprecher Fabian Rickel ein Minderjähriger, der in mindestens fünf Ermittlungsverfahren innerhalb eines Jahres als tatverdächtig erfasst ist. Bei der konkreten Einstufung spielt dann noch die Prognose eine Rolle, ob auch zukünftig erhebliches strafbares Verhalten zu erwarten ist. Intensivtäter verursachen 1,7 Millionen Euro – jeder einzelne Jeder einzelne Intensivtäter verursacht laut einer Studie für das NRW-Innenministerium bis zu seinem 25. Lebensjahr Kosten von 1,7 Millionen Euro. Das Ziel der Behörden ist es daher, diese kriminellen Karrieren deutlich früher zu beenden. Deshalb werden früh erkannte Fälle ins Programm &bdquo;Kurve kriegen“ aufgenommen. Das ist ein polizeilich-pädagogisches Cross-Over-Projekt des Innenministeriums, das Eltern und junge Delinquenten gemeinsam in die Verantwortung nimmt, um die Probleme (schlechter Einfluss, Frust, fehlende Erfolgserlebnisse, negative Rollenvorbilder) frühzeitig in den Griff zu kriegen. Auch in Bielefeld nehmen mehrere minderjährige Wiederholungstäter an dem Projekt teil. Studien attestieren dem Projekt &bdquo;Kurve kriegen“ großen Erfolg: Bei 40 Prozent der Teilnehmer ging die Zahl ihrer Straftaten anschließend auf 0 zurück. Für Intensivtäter ist es allerdings dafür zu spät. Sie haben bereits die nächste Stufe einer jugendlichen Straftäterkarriere erreicht. Im Video: das Programm &bdquo;Kurve kriegen“ – aktiv gegen Jugendkriminalität Intensivtäter soll auf Kosten des Jugendamtes im Hotel leben Und so kommen auf die Intensivtäter andere Probleme zu. Für die beiden polizeibekannten Jugendlichen, die am Mittwochnachmittag einfach losprügelten, endete ihr Gewaltausbruch nun in U-Haft. Das ist ungewöhnlich für Minderjährige, die sich nur mit dem Tatvorwurf &bdquo;gefährliche Körperverletzung“ konfrontiert sehen. Für die Richter war aber sicherlich die Wiederholungsgefahr bei dieser Entscheidung bedeutend. Dem Vernehmen nach sind beide bislang nicht vorbestraft, gegen beide soll aber bereits eine ganze Reihe an Strafverfahren wegen Körperverletzungs- und Raubdelikten laufen. So berichtete Polizeisprecher Fabian Rickel. Lesen Sie dazu: Immer mehr junge Intensivtäter in Bielefeld - drei Behörden greifen jetzt ein Erschwerend soll hinzugekommen sein, dass einer der Tatverdächtigen (16) offiziell ohne festen Wohnsitz ist und sich in Bielefeld so durchschlagen soll. Der andere soll zwar vom Jugendamt betreut werden, aber derzeit einfach in einem Hotel untergebracht sein, weil der nötige Platz in einer geeigneten Einrichtung für straffällige Jugendliche nicht zu finden ist. Kürzungen in der Jugendhilfe bedrohen Kriminalprävention Die Kürzungen in der Jugendhilfe sorgen also auch bei der Kriminalprävention für spürbare Schwierigkeiten. Das Gericht könnte bei der U-Haft-Entscheidung also neben der Wiederholungsgefahr auch Fluchtgefahr angenommen haben. Die beiden Tatverdächtigen haben zwar bereits Strafverteidiger an ihrer Seite, aber weder Rechtsanwalt Jan-Christian Hochmann noch sein Kollege Jan Gruner wollten auf Anfrage eine Stellungnahme abgeben. Hochmann gibt lediglich an, dass man sich nun bemühe, zeitnah einen Hauptverhandlungstermin zu finden, um den Fall aufklären zu können. Der Zeitfaktor ist bei der Bekämpfung von jungen Straftäterkarrieren wichtig. Denn die Verfahren der Sicherheitsbehörden dauern zu lange, damit junge Straftäter schnell bemerken, dass sie zu weit gegangen sind. Oft viel zu spät werde ihr Weg &bdquo;auf der schiefen Bahn“ erkannt und noch viel später erlebe der Delinquent, dass sein Handeln für ihn auch wirklich ernste Folgen hat. Bielefelder Kripo-Chef: &bdquo;Einige Kinder verlieren ihre Delinquenz nicht“ Jugendkriminalität wird allgemein zwar als episodenhaftes Phänomen im Leben junger Straftäter angesehen. Aber Kripo-Chef Niewald sieht auch eine Tendenz bei den besonders schwierigen Fällen. 2023 sagte er dazu: &bdquo;Wir haben die Sorge, dass einige Kinder ihre Delinquenz nicht verlieren.“ Sie würden älter und blieben dann zu oft Stammgäste im Jugendkommissariat der Kripo. Jugendamt, Justiz und Polizei hoffen deshalb jetzt auf den Start des &bdquo;Hauses des Jugendrechts“ am Bielefelder Boulevard, wo alle drei Behörden dann gemeinsam an den Fällen arbeiten und dabei schnellere Entscheidungen treffen sollen.

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