Überraschendes Urteil im Bielefelder Rockerprozess – Bewährungsstrafen

Bielefeld. Nach zahlreichen Verhandlungstagen vor dem Landgericht Bielefeld ist es am Mittwochabend plötzlich doch noch zu einem Urteil im aktuellen Hells-Angels-Prozess gekommen. Der Angeklagte, Präsident des inzwischen aufgelösten Rocker-Charters, und ein Mitangeklagter wurden dabei wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr und zehn Monaten Haft verurteilt. Ihre beiden Komplizen, denen das Gericht Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung vorwirft, bekamen ein Jahr und zwei Monate Haft. Alle vier Haftstrafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Der Vorsitzende Richter Carsten Wahlmann begründete das, verglichen mit den ursprünglichen Vorwürfen, eher milde Urteil mit den wiederholten, widersprüchlichen Aussagen des Hauptbelastungszeugen. Er ist das Opfer einer Verschleppung und Misshandlung unter Hells-Angels-Rockern. Lesen Sie auch: Zwischen Panikattacke und Eigenschutz: Bielefelder Hells Angel packt aus Er hatte vor der Polizei und später auch vor Gericht ausgesagt, dass er von seinen ehemaligen Rocker-Kollegen mit einem Baseballschläger traktiert und schwerstverletzt worden war. Nach Abschluss der Beweisaufnahme war von einem Schläger allerdings nicht mehr die Rede. Der Zeuge konnte vor Gericht nicht mit Sicherheit sagen, ob ein solches gefährliches Werkzeug im Spiel war. Auch waren die kolportierten Beteiligungen der ursprünglich sechs Angeklagten nicht vollständig nachvollziehbar. Zwei Angeklagte ziehen Geständnis kurzfristig zurück So hatte die II. Große Strafkammer bereits im Verlauf des Prozesses die Verfahren gegen einen nur am Rande beteiligten Rocker und einen Tätowierer eingestellt. Nach vier gleichlautenden Geständnissen der verbliebenen Angeklagten bog der Prozess scheinbar auf die Zielgerade, doch zwei der Männer zogen ihre Geständnisse wieder zurück. Lesen Sie dazu: Überraschende Wende: Prozess gegen Bielefelder Hells Angels geht in Verlängerung Weil Richter Wahlmann aber am Mittwoch nochmals deutlich gemacht hatte, dass angesichts der objektiven Beweislage trotzdem nicht mit Freisprüchen zu rechnen sei, haben sich die Angeklagten zur Rückkehr zu den Geständnissen geeinigt. Demnach waren sich die Parteien nun darüber einig, dass die beiden Hauptangeklagten ihr Opfer in einem Fall mit einem Faustschlag, in einem zweiten Fall mit einem Fußtritt ins Gesicht verletzt haben. Der 49-Jährige erlitt dabei einen Nasenbeinbruch, Hämatome im Gesicht und litt laut einem Gutachter auch psychisch unter den Folgen der Tat. Rocker misshandeln ihr Opfer im verschlossenen Clubheim Zwar sei ein Schlag mit einem Baseballschläger zum Schluss nicht mehr Thema gewesen. Der Vorsitzende Richter ging in seiner Urteilsbegründung aber dennoch davon aus, dass der Tatverlauf zumindest &bdquo;im Groben“ der Schilderung der Anklage entsprach. Im Kern ging es um eine Bestrafung des ungeliebten und deshalb rausgeworfenen Rockerkollegen. Dazu hatten die vier Hells Angels den 49-Jährigen in ihr Clubheim an der Erpestraße verschleppt. Zwei von ihnen hatten ihn dann hinter verschlossenen Türen misshandelt. Den anderen beiden wirft das Gericht Beihilfe vor, weil sie die Misshandlung abgesichert haben. Ein Teil der bei verschiedenen Gelegenheiten geschilderten Misshandlungen ließ sich aber genauso wenig beweisen wie die Annahme der Staatsanwaltschaft, dass das Übertätowieren der Hells-Angels-Schriftzüge (&bdquo;Nomads“) auf dem Unterarm des Opfers gegen dessen Willen geschehen sei. News direkt aufs Handy: Hier finden Sie den Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld Das hatte auch damit zu tun, dass der Hauptbelastungszeuge während des Verfahrens plötzlich die Aussage verweigerte, weil er Angst um sein Leben habe. Da dies als Zeuge aber nicht möglich ist, verhängte das Gericht sogar Beugehaft. Allerdings hatte das keinen Einfluss auf die Entscheidung des Opfers. Der 49-Jährige schwieg fortan eisern. Alle vier Hells Angels müssen sich beim Bewährungshelfer melden Und so war nun die Bestätigung der vorher bereits geäußerten Geständnisse jetzt Grundlage für das nicht mehr so schnell erwartete Urteil. Alle vier Ex-Rocker (ihren Club gibt es offiziell nicht mehr) müssen nun drei Jahre lang Bewährungsauflagen erfüllen. Unter anderem müssen sie sich regelmäßig bei einem Bewährungshelfer melden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Trotz der Verständigung vor Gericht besteht für die Angeklagten die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Lesen Sie auch: Bielefelder Rockerstreit: Opfer hat Todesangst und geht freiwillig ins Gefängnis

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