Nach Kettensägen-Streit: Bielefelder Bäume könnten bald ungestört weiter wachsen

Bielefeld. Jahrzehntelang standen sie unbehelligt an den Straßen südlich der Detmolder Straße, wuchsen und gediehen zu stattlicher Größe. Erst mit dem Abzug der Rhine Army aus den nahen Catterick Barracks und dem Auszug der englischen Soldaten drohte zumindest einigen der grünen Riesen Ungemach: Die neuen Besitzer wollten sie fällen lassen. Politik und Verwaltung handelten schnell, um die Bäume an der Herderstraße zu schützen – allerdings bislang nur mit einer zeitlich sehr begrenzten Allgemeinverfügung. Jetzt haben die Bezirksvertretung Stieghorst und der Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz den Weg dafür bereitet, dass rund 60 Bäume für mindestens zwei Jahrzehnte ungestört weiter wachsen dürfen. Die Stieghorster Kommunalpolitiker votierten in ihrer letzten Sitzung einstimmig für den Erlass einer &bdquo;Ordnungsbehördliche Verordnung“ (OBVO), die ab Januar die bisher gültige Allgemeinverfügung zum Schutz der Bäume ablösen wird. Im Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz fand die Position der Bezirksvertretung einstimmig Unterstützung, jetzt ist es am Rat der Stadt, die Verordnung in seiner nächsten Sitzung endgültig durchzuwinken. Der Ausgangspunkt des Streits um das Fällen oder um den Erhalt der Bäume liegt bereits rund vier Jahre zurück, als die neuen Bewohner der &bdquo;Britenhäuser“ an der Herderstraße auf ihrem neuen Grund und Boden Platz und Fakten schafften und schaffen wollten, was das Erscheinungsbild der Siedlung deutlich verändert hätte. Einige Bäume sind älter als die Bielefelder Siedlung selbst Denn das Quartier wird nicht nur durch die charakteristische Reihenhaus-Bauweise der englischen Wohnhäuser, sondern auch durch zahlreiche große und alte Bäume geprägt: Roteichen, Buchen und Ahorn, teilweise sogar deutlich älter und oft deutlich höher als die Gebäude selbst. Einige der grünen, auf Privatgrundstücken stehenden Riesen haben einen Stammumfang von mehr als zwei Metern – und das passte einigen der neuen Eigentümer nicht ins Konzept. Lesen Sie auch: Erste Bewohner der Bielefelder Britenhäuser schon frustriert Mächtige Wurzeln sprengten den Teer der Straßen und hoben Gärten und Bürgersteige an, Parkplätze, Carports, Garagen oder Solaranlagen konnten nicht gebaut werden: Für einige der Hausbesitzer stand außer Frage, dass Bäume gefällt werden sollten, andere machten gleich Nägel mit Köpfen und holten die Kettensäge aus dem Keller. Dies wiederum sorgte für Protest unter weiteren Anwohnern und Nachbarn, die sich vehement dem Schutz der Bäume verschrieben. Der Quartierssegen hing mächtig schief. Als mehrere Bäume bereits gefällt wurden und weitere Fällungen beantragt wurden, handelte dann die Bezirksvertretung Stieghorst im Dezember 2020. Sie beauftragte die Verwaltung, einen Schutz der Bäume zu prüfen. Die wiederum schuf ihrerseits umgehend Fakten: Um weitere bereits geplante Fällungen zu verhindern, wurde innerhalb weniger Tage eine Allgemeinverfügung erlassen, mit der weitere Fällungen der großen Bäume als &bdquo;geschützter Landschaftsbestandteil“ strikt verboten wurden. Wer trotzdem einen Baum fällt oder wissentlich beschädigt, hätte im ärgsten Fall mit einer Strafe von bis zu 50.000 Euro rechnen müssen. Lesen Sie auch: Baumschutz behindert neue Besitzer von Briten-Häusern - erste Klage Die Verfügung wurde seit ihrem Erlass im Januar 2021 einmal verlängert und läuft im Januar 2025 aus. Dafür, dass die Bäume aber auch danach in ihrem Bestand geschützt sind, sorgt daher nun eine &bdquo;Ordnungsbehördliche Verordnung“, die wiederum im Januar in Kraft tritt und dann 20 Jahre gilt. Bauamt und ISB plädierten für wichtige Ausnahmen Ihr Vorteil ist nicht nur die lange Gültigkeit, sondern auch, dass es für sie unerheblich ist, ob die Baumschutzsatzung irgendwann vom Rat der Stadt wieder gekippt werden sollte. Die OBVO umfasst jedoch nicht alle 62, ursprünglich gekennzeichneten Bäume. Vier Bäume wurden zwischenzeitlich wegen Krankheit oder durch die ausdrückliche Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gefällt. Zudem plädierte die Bezirksvertretung bei drei weiteren Bäumen dafür, sie ausdrücklich aus der OBVO auszunehmen und sie &bdquo;nur“ unter dem Schutz der aktuell gültigen Baumschutzsatzung zu belassen. Dabei handelt es sich um drei Bäume, die unmittelbar an das mögliche Baugebiet des Plans &bdquo;Wohnen an der Schliemannstraße“ angrenzen – was eine Anbindung der geplanten Häuser und Wohnungen an die Herderstraße erschwert oder gänzlich unmöglich gemacht hätte. Die BZV folgte damit der Argumentation des Bauamtes und des Immobilienservicebetriebes (ISB) der Stadt, die den Stellungnahmen zur OBVO die Ausnahme der Bäume empfohlen hatten. &bdquo;Das bedeutet aber nicht, dass die jetzt heute oder morgen trotzdem gefällt werden“, sagt Bezirksbürgermeister Bernd Henrichsmeier (CDU). &bdquo;Sie stehen weiter unter dem Schutz der Baumschutzsatzung.“ Die endgültige Entscheidung über die OBVO fällt der Rat der Stadt Bielefeld in seiner nächsten Sitzung. Diese findet am Donnerstag, 14. November, um 14 Uhr im großen Saal des Neuen Rathauses statt. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld

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