800 Anlagen betroffen: Bielefeldern droht Betriebsverbot für ihre Kaminöfen

Bielefeld. Hunderte Bielefelder müssen noch bis Jahresende ihren Kaminofen austauschen oder nachbessern, denn ihr Modell entspricht nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen und der Weiterbetrieb wird verboten. Bei Schornsteinfegermeister Stephan de Corte steht das Telefon kaum still. Viele besorgte Ofenbesitzer wollen wissen, ob ihre Anlage betroffen ist und welche Möglichkeiten es für sie gibt. Das anstehende Verbot ist in der Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) Stufe 2 geregelt, die bereits 2015 in Kraft getreten ist. Die darauf basierenden Verordnungen sollen den Ausstoß von Emissionen zugunsten der Umwelt und der Gesundheit verringern. Bestimmte Kaminöfen sind damit nicht mehr nutzbar. Der 31. Dezember 2024 ist dafür ein wichtiger Stichtag. Dann endet die Übergangsfrist und alle Kaminöfen müssen den Vorgaben der BImSchV Stufe 2 entsprechen oder sie müssen stillgelegt werden. Ab 2025 dürfen nur noch maximal 0,15 Gramm Feinstaub und 0,4 Gramm Kohlenmonoxid pro Kubikmeter Abluft aus dem Schornstein entweichen. Wer ist vom Kaminaustausch betroffen? Die gute Nachricht: Alle seit dem 22. März 2010 eingebauten Öfen entsprechen bereits der neuen Verordnung (Stufe 1) und sind nicht betroffen. &bdquo;Bei vielen älteren Modellen haben sich die Hersteller bemüht und ein nachträgliches Prüfzertifikat erhalten – mir ist sogar eine Ausnahme mit Baujahr 1998 bekannt, die den heutigen Anforderungen gerecht wird“, sagt de Corte. Viele Kaminbesitzer kennen die Typenbezeichnung ihres Ofens aber nicht oder werden in Datenbanken nicht fündig. Der zuständige Bezirksschornsteinfeger ist dann der richtige Ansprechpartner. Lesen Sie auch: Brennholz in Bielefeld – Preise, Unterschiede und Verfügbarkeit Nicht alle Feuerstätten im Haus sind laut de Corte von dem Verbot betroffen. Ausnahmen gelten für offene Kamine, Grundöfen, Herde, Kochmaschinen, Badeöfen und wenn der Ofen die einzige Beheizung im Haus ist. &bdquo;Auch Feuerstätten, die vor 1950 errichtet wurden, haben Bestandsschutz“, sagt er. De Corte geht bereits seit Jahresanfang mit der sogenannten &bdquo;Ofen-Ampel“ auf seine Kunden zu. Auf dem Schreiben können sie erkennen, wo das jeweilige Modell einsortiert ist und ob Handlungsbedarf besteht. In seinem Kehrbezirk haben die Kunden weitestgehend umgestellt: &bdquo;Von rund 1.200 Schornsteinen in meinem Bezirk müssen noch etwa 30 Ofenbesitzer bis Jahresende handeln.“ 27 Kehrbezirke gibt es in Bielefeld. Hochgerechnet könnten also noch rund 800 Öfen in Bielefeld von einem Betriebsverbot bedroht sein. Und dann kann auch der Schornsteinfeger nicht mehr helfen: &bdquo;Treffe ich ab Januar 2025 bei der nächsten Kontrolle auf nicht mehr zugelassene Modelle, muss ich das dem Bauamt umgehend melden“, sagt er. Partikelabscheider kosten 1.500 Euro Die Ofenbesitzer haben die Wahl. Sie können die betroffene Feuerstätte gegen ein neues Modell austauschen, den Ofen komplett stilllegen oder mit einem Filter nachrüsten. Doch das klingt einfacher und günstiger, als es ist: &bdquo;Ein strombetriebener Partikelabscheider macht, vereinfach gesagt, aus Feinstaub wieder grobe Flocken – dieser wird entweder am Verbindungsstück oder oben im Schornstein eingebaut“, sagt de Corte. Die Kosten liegen bei 1.500 Euro aufwärts ohne Einbau. Lesen Sie auch: Rückblick auf 2022 – Sorge um Energieknappheit löst Ansturm auf Öfen und Brennholz aus Eine Alternative sind einfache Filter im Ofenrohr. Sie kosten etwa die Hälfte. &bdquo;Diese müssen jedoch alle fünf Jahre getauscht werden, und der Bezirksschornsteinfeger muss zuvor Berechnungen aufstellen, ob der Luftstrom für den Ofen dann noch funktioniert“, erklärt der Experte. Eine Nachrüstung empfiehlt er generell nicht. &bdquo;Nur bei hochpreisigen Modellen oder wenn für einen neuen Kamin ein größerer Umbau nötig werden würde, rechnet sich das überhaupt“, sagt er. Doch es gibt noch eine weitere Möglichkeit: Hat der Ofen keine offizielle Zulassung, könnte der Bezirksschornsteinfeger die Abgaswerte selber ermitteln und für einen Bestandsschutz sorgen. De Corte: &bdquo;Das ist eine sehr aufwendige Messung, bei der ein Kollege mehrere Stunden vor Ort ist – da wird dann das beste Holz, also Buche ohne Rinde, genommen und auf geringe Werte gehofft.“ Die Kosten würden bei 500 bis 1.000 Euro anfangen. Eine Garantie, dass der Ofen die Prüfung schafft und weiterbetrieben werden darf, gibt es jedoch nicht. Lesen Sie auch: Brennholz, Kohle, Heizlüfter – Alternativen zur Gasheizung boomen Die meisten seiner Kunden entscheiden sich daher für einen Austausch. &bdquo;Nach 20 Jahren darf ein Ofen auch mal ausgetauscht werden, dann ist in der Regel die Schamotte durch“, so de Corte. Es müsste neben der geringeren Emission auch die Effizienz für den eigenen Geldbeutel betrachtet werden. Er selbst hat seinen alten Ofen vor drei Jahren aufgrund der neuen Norm rausgeworfen: &bdquo;20 bis 30 Prozent an Brennstoff spare ich ein, bei gleichem Wärmeertrag.“ Grund sei eine viel kontrolliertere und gleichmäßigere Luftzuführung. Darauf sollte ich beim Kaminaustausch achten Der neue Ofen muss für den Aufstellraum richtig dimensioniert sein und zum Schornstein passen. &bdquo;Am besten holt sich der Kunde vernünftige Beratung im Fachhandel und dieser stimmt sich dann Hand in Hand mit dem zuständigen Bezirksschornsteinfeger ab“, sagt de Corte. Für den Betrieb darf das Brennholz eine Restfeuchte von maximal 25 Prozent haben. &bdquo;Das ist dann aber schon sehr viel, optimal sind zwischen elf und zwölf Prozent“, sagt er. Sonst entstehe zu viel Ruß. Außerdem rät er, das Brennholz einen Tag vor Gebrauch ins Haus zu holen, so dass es Raumtemperatur annehmen kann. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) rät außerdem ausschließlich unbehandeltes Holz zu verwenden und sich in der Bedienungsanleitung über die maximale Menge an Holz im Brennraum zu informieren. Außerdem sollten zu Beginn der Heizperiode der Schornstein und das Rauchrohr auf Verstopfungen geprüft und gereinigt werden. Die Auskleidung des Brennraums muss intakt und die Dichtungen des Ofens in Ordnung sein. Sonst können Rauchgase in den Wohnraum gelangen. Lesen Sie auch: Aus für ältere Kaminöfen 2024 – Was Sie jetzt wissen müssen Noch einen Tipp hat der Experte: Holz sollte von oben mit ausreichender Luftzufuhr angezündet werden. &bdquo;Dann werden schnell hohe Temperaturen erreicht und der Schadstoffausstoß reduziert“, weiß de Corte. Das Prinzip ist ähnlich dem einer Kerze: Die Flamme folgt dem Docht nach unten und erhitzt das Wachs. Es schmilzt und verdampft. Die dabei entstehenden Gase strömen in den oberen, heißen Teil der Flamme und verbrennen. &bdquo;Das Feuer ist dann bereits nach kurzer Zeit rauchfrei“, so de Corte. Schornsteinfeger warnt vor Pellet-Öfen Gleichzeitig warnt er vor dem Umstieg auf einen Pelletofen: &bdquo;Pellets erzeugen kaum Temperatur und darauf sind alte Schornsteine häufig nicht ausgelegt – dieser muss vor dem Umstieg erst saniert werden, sonst wird er von innen feucht und sottet durch“, sagt der Experte. Damit ist das Durchfeuchten der Kaminzüge gemeint. Das wäre nicht gut für die Innenwände, sorgt für unschöne Verfärbungen und üble Gerüche. Das größere Problem ist aber eine chemische Reaktion des Kondensats mit Zement, Putz und Steinen, die den Schornstein beschädigen kann. Die Stoffe quellen auf und sprengen den Schornstein. Lesen Sie auch: Heizen mit Holz – Darauf sollten Sie jetzt achten Die Anpassungen für Ofenbesitzer gehen immer weiter. De Corte kommt gerade von einer Fortbildung, auf der schon die nächsten Pläne heiß diskutiert wurden: &bdquo;Wir können uns sicher sein, dass eine neue Norm schon in den Startlöchern steht und noch niedrigere Grenzwerte fordert“, sagt er. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld

Meistgelesen