Einer der Väter des „Bielefelder Opernwunders“: Bühnenbildner Gottfried Pilz ist tot

Bielefeld. Dass die Theaterwelt einst von dem &bdquo;Bielefelder Opernwunder“ schwärmte, verdankte das Theater Bielefeld vier Männern. Dem Intendanten Heiner Bruns, seinem Chefdramaturgen Alexander Gruber, dem US-amerikanischen Opernregisseur John Dew und dem Bühnen- und Kostümbildner Gottfried Pilz, der zu den international bekanntesten seines Fachs werden sollte. Am 3. Oktober ist Pilz, der auch zum Opernregisseur wurde, im Alter von 80 Jahren in Berlin gestorben. &bdquo;Seine Bühnenbilder waren optischer Inbegriff des Bielefelder Opernwunders“, steht für Michael Heicks, heutiger Intendant des Theaters Bielefeld, fest. Heicks spielt damit auf die Zeit zwischen 1983 und 1991 an, als das oben erwähnte Team im Zusammenspiel mit den Bielefelder Generalmusikdirektoren Georg W. Schmöhe und Rainer Koch konsequent großartige Opern aus der Zeit zwischen den Weltkriegen ausgegraben und auf die Bühne gebracht hatte, die durch die NS-Herrschaft in Vergessenheit geraten waren. 1944 in Salzburg geboren, wirkte Pilz neben seinen Arbeiten am Theater Bielefeld weltweit an vielen Opernhäusern und Theatern und entwarf Ausstattungen unter anderem für das Theater Augsburg, für die Bayerische Staatsoper, die Münchener Biennale, die Oper Leipzig, die Deutsche Oper Berlin und für die Wiener Staatsoper. Er arbeitete unter anderem mit Gustav Rudolf Sellner, Boleslav Barlog, Eike Gramss, Stefan Herheim, Kurt Horres, Thomas Langhoff, Nikolaus Lehnhoff, Christine Mielitz, George Tabori und Olivier Tambosi. Mit Götz Friedrich und Günter Krämer wirkte er darüber hinaus auch in Köln, Hamburg, Paris, Tel Aviv und Los Angeles. Übermannshohe Raketen im leeren Bühnenraum Alexander Gruber, der mit Pilz befreundet war, erinnert sich an seine Zusammenarbeit mit Pilz in Bielefeld und schreibt über dessen erste gemeinsame Arbeit mit John Dew in Bielefeld an der Inszenierung der Oper &bdquo;Hofmanns Erzählungen“ im März 1983: &bdquo;Ein Auftakt Ihrer Zusammenarbeit, der hielt, was er versprach. Der Bühnenraum versetzt das Publikum in das Geschehen selbst.“ Gruber lobt, dass Pilz zum Beispiel bei der Arbeit an der Oper &bdquo;Der Prophet“ &bdquo;nicht nur die Bildräume, sondern auch die Kostüme selbst entwarf und dabei übersprudelte von Ideen und Erfindungen.“ Pilz habe als Bühnenbildner immer mehr den gesamten Bühnenraum erobert statt lediglich Bühnenbilder zu schaffen. Gruber: &bdquo;Nicht immer Bilder beherrschten ab da die Bühne: kaum merklich, mehr und mehr, waren es Räume.“ So konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer Anfang des Jahres 1989 in Franz Schreckers Oper &bdquo;Singender Teufel“ zum Beispiel &bdquo;übermannshohe (Atom-)Raketen im leeren Bühnenraum erleben“. Seit 1993 war Pilz aber auch selbst als Regisseur tätig, etwa bei Tschaikowskys &bdquo;Pique Dame“ an der Oper Los Angeles oder bei der Deutschen Erstaufführung von Messiaens Mammutwerk &bdquo;Saint François d’Assise“ in Leipzig in eigener Ausstattung und mit Jiri Kout als musikalischem Leiter. 1999 setzte Pilz bei der Münchner Biennale die Uraufführung von Babette Koblenz’ &bdquo;Recherche“ in Szene, die auch vom Fernsehen aufgezeichnet wurde. Weitere Engagements folgten, unter anderen in Madrid, bei den Salzburger Festspielen und an der New Yorker Metropolitan Opera. Räume aus Magie und Licht &bdquo;Wäre ich 60 Jahre früher geboren mit meinen Augen, dann wäre ich wahrscheinlich einer der Kubisten geworden“, schrieb Gottfried Pilz 2007 an Dramaturg Jón Philipp von Linden, mit dem er am Staatstheater Mainz mehrfach zusammengearbeitet hatte. &bdquo;Sein Blick für die Bühne war phänomenal“, erinnert sich von Linden, der heute wieder am Theater Bielefeld tätig ist, &bdquo;Räume aus Licht und Magie, die dem verhandelten Werk zugleich Weite und Relevanz verliehen.“ Am 25. September, also wenige Tage vor seinem Tod, nahm Pilz noch an der Präsentation des wunderbar gestalteten Buches &bdquo;Gottfried Pilz – Bühne Kostüm Regie“ in Berlin teil. Die Bielefelder Grafikerin Kerstin Schröder hat vier Jahre an diesem Werk gearbeitet, das Fotografien der Fotografin Karen Stuke versammelt, die Pilz’ sämtliche Bühnenbilder dokumentiert hat. &bdquo;Ich war sehr glücklich, ihm diese Publikation pünktlich zu seinem 80. Geburtstag schenken zu können“, betont Schröder gegenüber dieser Redaktion. Umso mehr habe sie die traurige Nachricht von Pilz’ Tod getroffen. Buchempfehlung: &bdquo;Gottfried Pilz - Bühne Kostüm Regie“, herausgegeben von Kerstin Schröder unter Mitwirkung des Stadtmuseums Berlin und der Fotografin Karen Stuke. , 160 Seiten, 26 Euro (ISBN: 978-3-95749-535-8).

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