Bald doppelt so hohe Mieten? Bielefelder wehren sich weiter gegen Vermieter

Bielefeld. &bdquo;Wir werden das hier aussitzen“, sagt Angelika Ramsbrock und drückt fest die Hand ihres Mannes Safet. Seit 40 Jahren lebt das Ehepaar in der kleinen Wohnsiedlung am Lohmannshof. Hier kamen ihre drei Töchter auf die Welt, und bis vor ein paar Wochen wohnten in dem Backstein-Karree an der Kreuzberger Straße auch noch eine Enkelin mit ihrer Tochter. Doch deren Wohnung steht jetzt leer – und wird ab Januar wieder vermietet – mutmaßlich für den doppelten Preis. Denn ab 2025 fallen die Wohnungen aus der Mietpreisbindung für den sozialen Wohnungsbau, im kommenden Jahr wird es für alle Mieter teurer. Welche Preissteigerungen dem Vermieter dabei vorschweben, das verriet er seinen Kunden im Juni. Der mehrseitige Brief enthielt ein Ultimatum und bot zwei Optionen zur Wahl: entweder den Preissteigerungen von bis zu 100 Prozent zustimmen – oder gleich kündigen. Der frankierte Umschlag für die Antwort lag schon bei. &bdquo;Auf keinen Fall unterschreiben“, appellierten damals Mieterbund-Geschäftsführerin Sarah Bohnke und Rechtsanwalt Ridvan Ciftci bei einer Mieterversammlung im Hof der Wohnanlage. Die meisten folgten dem Rat und warfen die Blätter in den Papierkorb – doch einige Verängstigte reagierten impulsiv und leisteten die erwünschte Signatur. Drei Monate später legte der Vermieter nach, im September erhielten das Ehepaar Ramsbrock sowie deren Nachbar erneut Post vom Vermieter. Im Erinnerungsschreiben wiederholt er sein zwar umformuliertes, im Kern aber gleichgebliebenes Begehren: den angedachten Preiserhöhungen zustimmen oder ausziehen. Lesen Sie dazu: Bielefelder Vermieter bietet an: Akzeptanz von drastischen Mieterhöhungen oder Auszug Nasse Keller und verstopfte Regenrinnen Die erste Option lautet: &bdquo;Der aktuelle Zustand ist Ihnen nicht wichtig. Sie entscheiden sich für eine 20-prozentige Mieterhöhung zum 1. 1. 2025 und beabsichtigen ohnehin zu kündigen.“ Die ganze Formulierung sei ein Affront, sagen die beiden. Denn in den 40 Jahren, in denen sie dort leben würden, wäre nie etwas saniert oder renoviert worden – außer den Fenstern – im Winter. &bdquo;Am 3. Dezember 2020 standen 13 Monteure in unserer Wohnung, es war so kalt, der Einbau fehlerhaft, jede Türschwelle ist eine Stolperfalle und draußen fallen die Dichtungsleisten ab, es zieht überall rein“, erzählen die beiden beim Hausbesuch. Nachbarn kämpfen mit Schimmel in den Wohnungen, nichts sei isoliert oder gedämmt, berichteten die Mieter auf der Vollversammlung im Sommer. Die Regenrinnen seien verstopft mit Moos, bei Starkregen würde alles überlaufen und das Wasser von den Balkonen in die Wohnungen gelangen. Während das Wasser von oben eher temporär drohe, sei es im Keller permanent präsent. &bdquo;Mein Keller ist komplett nass, damit meine Sachen nicht rosten oder schimmeln, muss alles in der Wohnung lagern“, sagt Uwe Ottemann. Sein Anwalt habe dem Vermieter geantwortet, dass er das Mietverhältnis zu den bestehenden Konditionen fortsetzen werde und fertig. Zu der Einschätzung kommt auch Mietrechtsexperte Ridvan Ciftci: &bdquo;Die Mieter dürfen keinesfalls einem solchen Mieterhöhungsverlangen zustimmen. Ansonsten drohen massive Benachteiligungen“, lautet seine erste Einschätzung. Denn die zweite Option greift die angestrebten Mietpreiserhöhungen aus dem ersten Brief wieder auf, und die bewegten sich zwischen 70 und 100 Prozent. Mehr dazu: Verdoppelung der Miete schockiert Bielefelder: Das sollten Mieter unbedingt wissen Psycho-Spielchen mit Kündigung Weil die Kaltmieten über Jahre nicht gestiegen sind, wäre eine maximale Erhöhung von 20 Prozent laut Mietrecht möglich – doch nur im Rahmen einer ortsüblichen Vergleichsmiete, wie sie Bielefelds qualifizierter Mietspiegel für 2024 ausweist. Darauf macht sich das Ehepaar gefasst: &bdquo;Aber was soll das mit dem Kündigen?“ &bdquo;Wir beabsichtigen auf keinen Fall zu kündigen“, sagt Safet Ramsbrock bestimmt. In den ersten Jahren in der Siedlung habe er selbst noch neben seiner Arbeit als Elektriker und Schweißer kleine Hausmeistertätigkeiten ausgeübt, Glühbirnen getauscht, größere Schäden gemeldet, sich um die Botanik gekümmert. Die Verbundenheit sei groß. Doch die großen Bäume sind schon lange verschwunden. Im Innenhof der Anlage, die sich kurioserweise im Eigentum der Stadt befindet, stehen nur ein paar nachgepflanzte, dürre Eichen – die Schattenspender aus der Bauzeit der Anlage hatten einst weichen müssen. Und auch immer mehr Mieter verschwinden aus der Anlage: &bdquo;Da stehen jetzt schon fünf Wohnungen leer, die wohl erst wieder ab Januar vermietet werden – oder gar nicht mehr“, mutmaßen Ottemann und Ramsbrock. Die vom Vermieter auf ihre Fragen keine Antworten erhalten, außerhalb des Mietpreiserhöhungs-Protokolls. Auch gegenüber der NW wollte sich das Unternehmen nicht äußern. Dafür widmet sich die Politik demnächst der Angelegenheit: Immer wieder versuchten Politiker der Bezirksvertretung in Dornberg, den Platz zu beleben und zu verschönern, bisher ohne Ergebnis. Die jüngste sichtbare Baumaßnahme betraf einzig die Renovierung des Penny-Marktes sowie das Umsetzen des gelben Briefkastens von der Post.

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