Engagement auf Bielefelder Demo: Schauspielerin kämpft für Demokratie

Frau Priego, am 30. Januar dieses Jahres haben 25.000 Menschen in Bielefeld gegen rechts und für die Demokratie demonstriert. Am Samstag gibt es erneut eine große Kundgebung auf dem Jahnplatz unter dem Motto &bdquo;Kultur für Demokratie“. Sie werden als Schauspielerin dort reden. Was treibt Sie an? Carmen Priego: Mir ist es wichtig, zu sagen, dass wir es nicht zulassen dürfen, dass demokratische Institutionen von Rechtsaußen immer stärker in Frage gestellt, ausgehöhlt und zersetzt werden mit dem Ziel, die freiheitliche, repräsentative Demokratie, die ja auf funktionierenden Institutionen basiert, letztendlich in Gänze abzuschaffen. >> Wir berichten am Samstag live von der Demo auf dem Jahnplatz in Bielefeld Wie gefährdet ist die Kultur selbst aktuell? Die Kräfte von rechts außen greifen gerade auch Kulturinstitutionen wie Museen, Bildungseinrichtungen, öffentlich-rechtliche Sender und nicht zuletzt auch die Theater gezielt an und stellen sie ebenso in Frage wie andere Institutionen unserer Demokratie. Insofern sehe ich es auch als eine Aufgabe der Kultur an, sich selbst und damit wiederum auch die Demokratie zu verteidigen, denn sie sind demokratiestützende Einrichtungen. Auch deshalb trete ich als Schauspielerin, die in einer solchen die Demokratie stützenden Institution arbeitet, privat auf der Kundgebung auf. Was kann die Kultur – insbesondere das Theater – in diesen politisch aufgeheizten Zeiten bewegen? Theater zeigt auf der Ebene der Erzählung die Vielfalt menschlicher (manchmal auch nichtmenschlicher) Lebenssituationen mit ihren Verwerfungen, Tragödien, Lächerlichkeiten, Politiken, Überzeugungen. Und auf der performativen Ebene verdeutlicht das Spielprinzip, also Menschen spielen &bdquo;als ob“ sie Königinnen, Amurtiger oder Tische wären, dass unser individuelles Sein sehr begrenzt ist und nur wenn wir uns dem &bdquo;Anderen“ öffnen, wir reicher werden und uns erst in der Welt verorten können. Theater verfertigt Weltversionen, und das scheint mir ein gutes Denk- und Fühlangebot in Zeiten von Kulturkämpfen zu sein. Zu wissen, dass meine Gefühle, Gedanken und Meinungen nichts Absolutes sind. Und dass Wahrheiten auch durch Einigungen erzeugt werden. Wie groß ist Ihre Sorge um unsere Demokratie nach dem Wahlsieg der AfD in Thüringen und dem starken Abschneiden der AfD in Sachsen? Es macht mir Angst. Und wenn ich dann weltweit beobachte, wie Autoritäre und extreme Rechte auf dem Vormarsch sind, fühle ich mich ohnmächtig. Dann sehne ich mich nach Weltflucht. Aber dafür reicht mein Geld nicht, und ich habe ein Kind und wünsche mir, dass er und die anderen jungen Menschen in einer einigermaßen freundlichen Welt leben können. .responsive23-EMLHiWU5kXYaTngU-bar-vertical-thueringen-vorl-endergebnis { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-EMLHiWU5kXYaTngU-bar-vertical-thueringen-vorl-endergebnis { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-EMLHiWU5kXYaTngU-bar-vertical-thueringen-vorl-endergebnis { padding-top: 142.86%; } } Wenn Weltflucht keine Option für Sie ist, was tun Sie dann? Ich versuche mich mit anderen, die auch beunruhigt sind, zusammenzuschließen, zu reden, kleine öffentliche Gesprächskreise, auf Demonstrationen zu gehen, Reden zu halten usw. Das sind kleine Beiträge, und oft befürchte ich, dass sie zu klein sind. Aber nichts gegen die AfD und das völkische Denken zu tun, ist für mich keine Option. Denn selbst, wenn derzeit die antiliberalen Kräfte auf dem Vormarsch sind, heißt das ja nicht, dass das so bleiben muss. Und natürlich wünsche ich mir, dass viele Menschen auf die Straße gehen oder andere kleine oder größere Beiträge leisten, um eine Freundlichkeit, die nicht nur der eigenen Gruppe gilt, aufrechtzuerhalten. Hoffnungslos sind Sie also nicht? Nein, die Situation ist nicht hoffnungslos, wir überblicken nie alle Parameter, die eine &bdquo;Weltlage“ erzeugen. Und in dem Moment, in dem ich gemeinsam mit anderen handle, verschwinden meine Angst und mein Gefühl der Ohnmacht. Das ist fast Magie. Letzte Spielzeit haben wir einen Abend gespielt mit dem Titel &bdquo;Apokalypse bitte!“. Jetzt ist, glaube ich, die Zeit für das Projekt: &bdquo;Utopie bitte!“ Ich hoffe, dass sich viele Menschen denkend und fühlend auf die Suche machen, wie ein gutes zukünftiges Leben auf diesem Planeten für alle (Tiere und Pflanzen eingeschlossen) aussehen kann. Wissen Sie schon, worüber Sie auf der Kundgebung reden werden? Nicht genau, ich mache das meist spontan und notiere mir zuvor ein paar Stichpunkte. Aber ich weiß, dass ich über Zuversicht sprechen werde. Warum Zuversicht? Weil wir sie brauchen, um ins Handeln zu kommen. Weil sie Kraft und Leichtigkeit gibt. Nur mit Zuversicht können wir langfristig denken und handeln. In Bielefeld gehen immer wieder erstaunlich viele Menschen gegen rechts auf die Straße. Wie erklären Sie sich dieses solidarische Klima hier? Bielefeld hat eine wache Zivilgesellschaft, die sich sehr darum bemüht, dass das gesellschaftliche Klima in dieser Stadt nicht nach extrem rechts verschoben werden kann. Das finde ich wirklich toll. Deshalb ist es auch wichtig, dass es diese erneute Kundgebung am Samstag gibt. Wir müssen jetzt, in diesen zugespitzten Zeiten, möglichst zahlreich für unsere Demokratie auf die Straße gehen. Schadet es der Kultur eigentlich, wenn sie sich politisch so eindeutig positioniert wie mit dieser Kundgebung? Es gibt ja nicht &bdquo;Die Kultur“. Es gibt Menschen, die sich engagieren wollen und das ist gut so. Und das europäische Theater war schon immer auch ein Ort des politischen Diskurses. Im Theater koexistieren sehr diverse Formen neben- und miteinander, die Boulevardkomödie wie die woke Kampfansage, und auch das ist gut so. Alles Wichtige zur Demo gegen Rechtsextremismus in Bielefeld Die Kundgebung auf dem Jahnplatz steht unter dem Motto &bdquo;Kultur für Demokratie“. Geplant ist sie für Samstag, 14. September 2024, von 14 bis 22 Uhr. Diese Redaktion bietet ab 12 Uhr einen Liveticker an, über den wir Sie auf dem Laufenden über die Kundgebung halten. Sie finden ihn unter: Liveticker: Demo gegen Rechtsextremismus am Samstag in Bielefeld Es gibt auf der großen Bühne auf dem Jahnplatz ein umfassendes Kulturprogramm mit zum Beispiel der Singer-Songwriterin Mina Richman sowie dem Kabarettisten Ingo Böchers. Ein Programm für Kinder ist von 14 bis 16 Uhr im Angebot. Veranstalter der Kundgebung ist wie bei der großen Demo am 30. Januar 2024 das &bdquo;Bielefelder Bündnis gegen Rechts“. Für die Veranstaltung wird der Jahnplatz von 12 bis Mitternacht für den Verkehr gesperrt. Gegen 17.30 Uhr wird Oberbürgermeister Pit Clausen die Menschen begrüßen. Alle Details zum Programm unter kultur-fuer-demokratie.de

Meistgelesen