Bielefelder Literaturtage punkten auch mit provokanten Büchern

Bielefeld. Das Motto der diesjährigen Literaturtage ist lang, aber griffig in seiner Aussage: &bdquo;Am Ende ist es für die Literatur unwichtig, ob eine Geschichte passiert ist oder nicht“, entlehnt die Leiterin der Veranstaltungsreihe, Angelika Teller, einen Ausspruch der Autorin Dana Grigorcea als Überschrift für die beliebte Reihe. Es sei eine der häufigsten Fragen, die Leser stellten, ob die Geschichte denn nun wahr sei, womöglich biografisch grundiert oder nicht, so Teller. Wenn sie kunstvoll gestrickt, flüssig erzählt sei, sei das aber überhaupt nicht von Belang, so die Leiterin. Vier Wochen lang, vom 2. Oktober bis zum 8. November, steht die Stadtbibliothek am Neumarkt im Zeichen der 29. Ausgabe der Lesungsreihe, die stets ein großes Publikum anzieht – inzwischen und in diesem Jahr erstmalig komplett zusätzlich per Live-Stream. Für jene, die nicht vor Ort dabei sein können oder wollen. 3sat.-Preis-Trägerin Dana Grigorcea übrigens, die Motto-Geberin, wird am 21. Oktober zur Lesung aus ihrem Roman &bdquo;Das Gewicht des Vogels beim Fliegen“ erwartet. Alle elf Lesungen auch im Livestream Elf Autorinnen und Autoren geben sich in der Bibliothek am Neumarkt die Klinke in die Hand. Jeweils um 20 Uhr starten die Lesungen, fachkundig moderiert von wechselnden Akteuren (Angelika Teller, Christiane Neumann, Petra Josting, Jochen Rath, Klaus G. Loest, Udo Witthaus, Iulia Capros, Antje Doßmann). Zudem gibt es stets musikalische Begleitung durch Solisten und Ensembles aus der Region. &bdquo;Das ist eine tolle Bereicherung für die Literatur “, findet Petra Josting, neue Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer der Stadtbibliothek. Und Bibliotheksleiterin Iulia Capros freut sich, dass die Literaturtage inzwischen eine Institution sind, als eine der größten Reihen ihrer Art in der Region – im nächsten Jahr übrigens zum 30. Mal. Das Programm Eröffnet werden die Literaturtage am 2. Oktober (20 Uhr) mit Bachmann-Preisträgerin Katja Lange-Müller, die sich häufiger in ihren Werken &bdquo;den Randständigen“ der Gesellschaft widmet, so Teller. Ihr Buch &bdquo;Unser Ole“ ist die Geschichte einer Frau und ihres pubertierenden Enkels Ole, einer ungewöhnlichen Frauen-Freundschaft und der Widersprüche in einer Persönlichkeit – all das kleidet Lange-Müller in präzise Prosa. Lesen Sie auch: Zehn grosse Namen sind bei den Bielefelder Literaturtagen zu Gast Musik kommt von NÈ-K. Die zweite Veranstaltung am 8. Oktober ist eine Begegnung mit Iris Wolff, dieses Jahr mit dem Uwe-Johnson-Preis ausgezeichnet. Sie bringt das dazugehörige Werk &bdquo;Lichtungen“ mit. 2023 las sie bereits beim Heeper Kulturkreis aus einem anderen Roman. Das neue Werk erzählt die Geschichte einer berührenden lebenslangen Freundschaft. Uwe Wittstock kommt am 11. Oktober mit &bdquo;Marseille 1940“, in dem er atemlos die Geschichte von Verfolgten durch das NS-Regime nachzeichnet, die im Süden Frankreichs Zuflucht suchten – darunter Heinrich Mann, Hannah Arendt, Lion Feuchtwanger. Im Werk von Milena Michiko Fla&scaron;ar &bdquo;Oben Erde, unten Himmel“ dreht sich am 15. Oktober um einen japanischen Tatortreiniger und zwei Menschen, die an der Leistungsgesellschaft verzweifeln und ausgerechnet bei ihm neuen Lebensmut schöpfen. Timon Karl Kaleyta gilt als frische Stimme im deutschsprachigen Literaturbetrieb. Am 17. Oktober gastiert er mit &bdquo;Heilung“, einem Roman, der den subtilen Humor des Autors zum Funkeln bringt. Dana Grigorcea erzählt in &bdquo;Das Gewicht des Vogels beim Fliegen“ vom aufstrebenden Bildhauer Constantin Avis, der 1926 sein Glück in New York sucht. Am 21. Oktober kommt sie nach Bielefeld. Maddalena Vaglio Tanet liest am 25. Oktober aus &bdquo;In den Wald“. In dem Roman über eine vermisste, traumatisierte Lehrerin, die nicht gefunden werden will, geht es um unausgesprochene Wahrheiten, verpackt in fein kalibrierte Spannung. Mit Tobias Rüther kommt am 29. Oktober der Biograf des schillernden, viel zu früh an einem Hirntumor verstorbenen Schriftstellers Wolfgang Herrndorf (&bdquo;Tschick“) zu den Literaturtagen. &bdquo;Herrndorf“ ist die behutsame Annäherung an einen begabten Autor durch den gelernten Journalisten. Diese Lesung findet in Kooperation mit dem Freundeskreis der Stadtbibliothek statt. Matthias Jügler geht am 31. Oktober mit &bdquo;Maifliegenzeit“ auf die brutale, lang verschüttet gehaltene Praxis des Kinderraubs unter dem DDR-Regime ein, moderiert wird der Termin von Kulturdezernent Udo Witthaus. Eine ehemalige Bielefelderin, 2012 gar Gewinnerin des Deutschen Jugendliteraturpreises kehrt mit Susan Kreller (&bdquo;Elefanten sieht man nicht“, &bdquo;Pirasol“) am 5. November zu Lesung in die Stadt zurück. Die gebürtige Plauenerin lebt inzwischen in Berlin und liest aus &bdquo;Salzruh“. Lesen Sie auch: Das steckt hinter der XXL-Plane an der Bielefelder Nicolaikirche Den Abschluss der Literaturtage 2024 übernimmt am 8. November Nele Pollatschek mit &bdquo;Kleine Probleme“. In diesem Roman erzählt sie entlang einer To-do-Liste von der Schwierigkeit, in einer hochgetunten Gesellschaft einfach nur zu leben. Das Ganze mit lustigem, tragischem und philosophischem Unterton. Der Ticket-Vorverkauf Ab sofort gibt es Tickets zu allen Lesungen auf der Homepage der Stadtbibliothek. Dort sind auch alle Infos zum Livestream zu finden. Tickets gibt es analog bei der Tourist-Information im Neuen Rathaus, Tel.: 0521 51-6999. Abendkassen gibt es dann, wenn die Veranstaltungen am jeweiligen Tag nicht ausgebucht sind.

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