Neue ICE-Strecke: Beliebtem Bielefelder Naturschutzgebiet drohen massive Eingriffe

Bielefeld. Eine neue ICE-Schnellbahntrasse soll im Zuge des Deutschlandtakts den Verkehr zwischen Bielefeld und Hannover beschleunigen und ist höchst umstritten. Am Dienstag, 13. August, hat die Deutsche Bahn (DB) nach jahrelanger Vorarbeit jetzt zwölf Trassenvarianten vorgestellt, &bdquo;die technisch umsetzbar und zielerfüllend wären“, wie es hieß. Doch was genau bedeutet das für Bielefeld – neben dem bereits bekannten erforderlichen Ausbau des Hauptbahnhofes? Die Antworten dazu werden vor allem im Bielefelder Norden keine Freude auslösen. Bei der Vorstellung hatte es lediglich geheißen: &bdquo;Interessant für den Bereich Bielefeld: In den Varianten wird die Strecke bei Schildesche mit den bestehenden Gleisen verbunden.“ Wo die neuen Gleise an den Bestand in Bielefeld angebunden werden, steht aber laut Bahn noch nicht fest: &bdquo;Das kann in Brake sein oder im Stadtteil Schildesche.“ Eine Nachfrage bei der DB Netze blieb vage. Aber Rainer Engel aus Detmold, Referent für den Deutschlandtakt, Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn in OWL und dessen Vize in NRW, kann schon etwas Licht ins Dunkel bringen. Und letztlich auch die weitere Recherche auf der DB-eigenen Webseite zur Schnellbahntrasse. Entwurf einer Anbindung in Bielefeld-Schildesche Um Schnell-, als auch Güterzüge und den Nahverkehr bewältigen zu können, müssen aus Bielefeld sechs Gleise hinausführen, sagt der Bahnkenner. Aktuell seien es nur vier. Die Ausweitung könnte nach Ansicht von Rainer Engel gelingen, &bdquo;ohne halb Bielefeld umzuplanen“ – bis zum Viadukt am Obersee in Schildesche. Ins Detail geht er nicht. Was dann nötig ist, hängt eklatant davon ab, wo die neue Trasse angebunden werden soll. Die Deutsche Bahn hat insgesamt fünf Optionen untersucht. Sie hält die &bdquo;Anbindung Schildesche“ derzeit für die beste Lösung. Die bestehende Strecke würde über Weichen im Bereich des Naturschutzgebietes Große Bruch am Wellbach östlich vom Obersee die bestehende Strecke verlassen. In der Folge müsste neben dem Viadukt eine zweite Eisenbahnbrücke über den Johannistalbach gebaut werden. Nach dem Tal verliefen die Gleise ebenerdig südlich zur bestehenden Strecke und würden dann in die gewählte neue ICE-Trassenvariante übergehen. Entwurf einer Anbindung in Bielefeld-Brake Zweitbeste Wahl laut DB wäre die &bdquo;Anbindung Brake“. Dabei müsste keine zweite Brücke neben das Viadukt gesetzt werden, somit wäre der Eingriff in Natur und Landschaft geringer als in Schildesche, aber es gibt einen anderen Knackpunkt. &bdquo;Bei sechs Gleisen durch Brake müssten auch Häuser abgerissen werden“, sagt Rainer Engel von Pro Bahn. Und gewerbliche Bauten ebenso, wie auf der Bahnseite zu sehen ist. Der Baubetrieb wäre nach eigener Einschätzung der Bahn unter Verkehr &bdquo;sehr schlecht“. Die &bdquo;Anbindung Brake“ würde am dortigen Bahnhof beginnen. Dieser müsste verschoben werden oder ganz entfallen. Die sechs Gleise würden weiter in östlicher Richtung durch Brake verlaufen und sich auf einer Brücke vom Bestand entfernen. Schließlich kreuzten die Gleise die B61 und würden von dort südlich von Herford weiter verlaufen. Da die &bdquo;Anbindung Schildesche“ laut Bahnplaner im Vergleich zu den anderen Alternativen weniger Eingriffe bedeutet und baulich am besten umsetzbar ist, wird diese daher zunächst Grundlage für die weitere Planung, heißt es auf der DB-Seite im Internet. .responsive23-5h8fnJhULhFlydER-map-bahntrasse-bielefeld-hannover { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-5h8fnJhULhFlydER-map-bahntrasse-bielefeld-hannover { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-5h8fnJhULhFlydER-map-bahntrasse-bielefeld-hannover { padding-top: 142.86%; } } Sollte eine ICE-Trassenvariante gewählt werden, die durch Herford verläuft, wäre die &bdquo;Anbindung Herford“ nötig. Dafür müsste sowohl eine zweite Brücke neben das Viadukt gesetzt werden als auch der Bahnhof Brake verschoben werden und entfallen. Dazu würden die sechs Gleise auch hier direkt durch den Stadtteil verlaufen. Die verbliebenen beiden Optionen für Bielefeld, &bdquo;Viadukt-West“ und &bdquo;Viadukt Ost“ werden aufgrund der schlechteren Voruntersuchungsergebnisse nicht weiter verfolgt. ICE-Schnelltrasse muss durch Nadelöhr bei Brake Doch das ist noch nicht alles an Belastungen für Bielefeld. Bei allen ICE-Trassenvarianten, die zwischen Herford und Bad Salzuflen verlaufen, muss die sechsspurige Trasse auch durch das Nadelöhr zwischen den Bielefelder Stadtteilen Brake und Milse. Dort, wo künftig auch das großflächige Straßenkreuz der B61 mit der L712n angelegt wird. Die Bahnlinie werde sich am bereits planfestgestellten Verlauf der L712n orientieren, sagt Rainer Engel. Lesen Sie auch: Trotz finanziellem Engpass hält die Bahn an ICE-Trasse fest Der Pro-Bahn-Vertreter hält den schmalen Bereich zwischen Brake und Milse auf der geplanten Eisenbahnstrecke &bdquo;für den kritischsten Punkt“. &bdquo;Das wissen alle.“ Aber bei der Planung einer Trasse von rund 100 Kilometern komme man irgendwann, irgendwo immer in einen kritischen Bereich. &bdquo;Und an einer Stelle muss man durch, sonst kann man keinerlei neue Infrastruktur mehr bauen“, sagt Engel. Hauptbahnhof Bielefeld muss umgebaut werden In Bielefeld müssten für den Deutschlandtakt zwei zusätzliche Gleise und Bahnsteige entstehen. Dafür müssten die Joseph-Massolle-Straße sowie beide Kreisverkehre an deren Enden verlegt und die Bushaltestellen anderweitig untergebracht werden. Neu wäre laut Planung der DB ein Bahnsteig in H-Form, in dem Nahverkehrszüge auf den Gleisen 7 und 8 von beiden Seiten auf Kopfgleisen enden würden. Dafür könnten sich auf den Gleisen 5 und 6 sowie den neuen Gleisen 9 und 10 künftig Züge überholen. Rechts neben dem Bahnhofsgebäude würde ein vorhandenes Stumpfgleis verlängert und mit einem Bahnsteig ausgestattet werden. In den nächsten Monaten sollen die vorgestellten Varianten gleichberechtigt geprüft und sowohl online als auch vor Ort in Ostwestfalen-Lippe mit der Öffentlichkeit ausführlich erörtert werden. Kritik gegen die ICE-Pläne der Deutschen Bahn Nach der Vorstellung der Varianten hatte es umgehend Kritik von verschiedenen Seiten gehagelt. Unter anderem am exorbitanten Kostenrahmen, verursacht auch durch zahlreiche zu bauende Tunnel. Bürgerinitiativen in der Region sprechen sich bereits seit Beginn der Planungen gegen den Neubau der Strecke aus und schlagen einen Ausbau der Bestandsstrecken vor. Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler aus Bünde kritisiert die Varianten wenige Minuten nach deren Veröffentlichung: &bdquo;Die Vorschläge für eine Neubaustrecke zwischen Bielefeld und Hannover sind eine Verschwendung von Steuergeldern.“ Stattdessen solle im Bestand modernisiert werden. Bahnexperte Lothar Ibrügger aus Minden, langjähriger Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium (SPD), äußerte sich ähnlich. Die Pläne der DB für den Hochgeschwindigkeitsverkehr seien &bdquo;aus der Zeit gefallen“. Rainer Engel von Pro Bahn sieht das Ganze etwas differenzierter. &bdquo;Wenn man eine leistungsfähige Bahn mit flüssigem Verkehr möchte, braucht es ein kreuzungsfreies Bahnnetz.“ Bielefeld sei ICE-Stadt. Wenn OWL bei seinem Widerstand zu renitent werde, könnte eine ICE-Trasse beispielsweise künftig über Osnabrück führen. &bdquo;Und das könnte Bielefeld ganz erheblich schaden“, sagt Rainer Engel.

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