Bielefelder Hotel-Chef alarmiert: „Unsere Mitarbeiter sind hier nicht mehr sicher“

Bielefeld. Das Steigenberger Hotel Bielefelder Hof direkt am Bahnhof sieht sich selbstbewusst als erstes Haus am Platze. Eine besondere Bedeutung hatte das seit Langem als Bielefelder Hof bekannte Hotel schon seit Jahrzehnten für die Stadt, aber mit der Aufnahme in die renommierte Steigenberger-Kette wird ein neuer Schub erwartet. Das Viersterne- bis Viersterne-plus-Hotel genügt mit exzellentem Komfort auch den Ansprüchen von Luxusgästen. Beim Blick durch die Fenster des großen Saales wird aber ein echtes Problem des Hauses unmittelbar sichtbar: Bielefelds größter Drogen-Umschlagplatz, die sogenannte &bdquo;Tüte“, ist nur knapp 50 Meter entfernt. Zu den Auswirkungen für sein Haus äußert sich Philipp Bessler, Geschäftsführer der Eigentümer-Gesellschaft LFPI Hotels, im Interview mit nw.de. Ein Sicherheitsdienst bringe Hotel-Mitarbeiter zum Auto, Gäste könnten nicht schlafen, Anrufe bei der Polizei liefen ins Leere. Lesen Sie auch: Bielefelder &bdquo;Tüte“ - Diese Ideen haben andere Großstädte für ihre Drogen-Hotspots Herr Bessler, direkt angrenzend an Bielefelds erstem Haus am Platze ist an der &bdquo;Tüte“ ganz öffentlich die hiesige Drogenszene beheimatet. Welche Probleme haben Sie dadurch als Hotelbetreiber? Das Bahnhofsumfeld ist natürlich ein Thema für uns, weil es uns direkt jeden Tag betrifft. Natürlich müssen wir in erster Linie sicherstellen, dass unsere Gäste sicher ins Hotel kommen und hier auch das Gefühl haben, gut aufgehoben zu sein. Gleiches gilt für unsere Mitarbeiter, die ja auch jeden Morgen und jeden Abend zum Dienst kommen und in das benachbarte Parkhaus gehen. Wir bemühen Sicherheitsdienste, die teilweise unsere Mitarbeiter abends nach der Schicht zu ihrem Auto begleiten, damit sie nicht angegangen oder angepöbelt werden. Fühlen sich Ihre Gäste und Ihre Mitarbeiter denn nicht sicher? Im Hotel können wir hundertprozentige Sicherheit gewährleisten, aber es gibt eben im direkten Umfeld Sicherheitsthemen, an denen wir arbeiten. Darum sind wir auch aktiv auf die Stadt zugegangen und nun Teilnehmer eines runden Tisches. Wir wollen mit der Stadt und auch mit der neuen Polizeipräsidentin an diesem Thema arbeiten. Das betrifft uns genauso wie alle anderen Akteure, die hier direkt im Bahnhofsumfeld Anlieger sind. Zunächst haben wir einen Status quo diskutiert, denn letztendlich haben alle die gleichen Geschichten erzählt. Stichworte sind die Drogenszene, Kriminalität, Alkohol, Müll und so weiter. Was ist Ihre Sicht der Dinge? Wir müssen uns als Hotel bis zu einem gewissen Grad schützen. Wir wollen aber keine Mauer und Stacheldrahtzäune rund ums Haus, die Anlieferung und die Tiefgarageneinfahrt ziehen. Wir wollen uns nicht verbarrikadieren, das bringt nichts. Dann fühlen wir uns vielleicht sicherer, aber das Hotel sieht von außen aus wie ein Gefängnis, das hilft keinem. Weil Versuche, vor der Stadthallen-Haustür für mehr Sicherheit und Sauberkeit zu sorgen, nicht die erhoffte Wirkung zeigten, zieht das Stadthallen-Management jetzt Konsequenzen und will umbauen. Haben Sie hierbei konkrete Wünsche? Wir wünschen uns, dass man an den Zonen im hinteren Bereich zwischen Stadthalle und Hotel an unserer Anlieferung tatsächlich Barrieren schafft. Und dass etwas gegen diese versteckten Bereiche in der unmittelbaren Nachbarschaft zu unseren Gästen unternommen wird, wo gedealt, wo die Notdurft verrichtet, wo geschlafen wird und andere Sachen passieren. Lesen Sie auch: So sieht es jetzt in Bielefelds Steigenberger Hotel aus Bis zu 400 Menschen sollen ab Herbst im früheren Hauptpostamt in ihrer Nachbarschaft an der Nahariyastraße in einer Praxis der Medikus-Gruppe jeden Tag Diamorphin, pharmazeutisch hergestelltes Heroin, gespritzt bekommen. Wie stehen Sie dazu? Grundsätzlich ist es ein richtiger Schritt, weil man den Leuten helfen muss und sie nicht sich selbst überlassen kann. Aber wir haben auch Vorbehalte und sind tatsächlich im Austausch auch mit dem Eigentümer, der die Praxisräume vermietet, und auch mit den Sozialarbeitern, um sicherzustellen, dass der Betrieb dort wie angedacht funktioniert und die Belastung der Nachbarn so gering wie möglich ist. Waren Ihnen die Probleme im Bahnhofs-Umfeld vor Ihrem Invest so bewusst? Wir sind hier als Hotel in einem innerstädtischen Umfeld und an einem zentralen Standort, wovon wir ja auch profitieren. Und unsere Gäste sollen und dürfen natürlich auch nicht die Erwartungshaltung haben, dass wir hier irgendwo auf der grünen Wiese mit Bergen und Meer um die Ecke sind. Wir liegen zentral und sind gut zu erreichen, wenn die ICE-Strecke dann auch funktioniert. Und wir sind fußläufig im Stadtgebiet zu erreichen. Damit einhergehend gibt es immer einen gewissen Trubel und Lärmpegel, das wissen unsere Gäste auch. Aber irgendwo gibt es auch Grenzen. Und da arbeiten wir mit den städtischen Partnern zusammen. Haben Sie Hoffnung, dass die Drogenszene irgendwann aus dem Bahnhofsumfeld vertrieben werden könnte? Mein Verständnis ist so, dass man daran arbeitet und darüber nachdenkt. Aber es ist ein schwieriges Thema. Wenn man die Drogenszene hier verdrängt, dann taucht sie woanders wieder auf und dann hat man dort die Problematik. Offensichtlich hat es sich in der Szene, die ja aus ganz OWL kommt, herumgesprochen, wenn ich Drogen haben will, dann muss ich nach Bielefeld an den Bahnhof fahren. Dieser Szene gilt es zu signalisieren, dass dieser illegale Handel in der Form hier in Bielefeld zukünftig nicht mehr stattfindet. Das ist Aufgabe des Ordnungsamtes und der Polizei. Hat das Umfeld dem Hotel aus Ihrer Sicht bisher geschadet? Ja, in Teilen hat es das. Wir bekommen schon die Rückmeldung von großen Veranstaltern, die zumindest in Erwägung ziehen, ihre Veranstaltungen zukünftig nicht mehr in Bielefeld zu machen, sondern an einem alternativen Standort. Erstmal ist es natürlich gut, dass wir dieses Feedback bekommen und die Veranstalter nicht einfach gehen und nie wieder kommen. Aber andererseits ist das brandgefährlich für den Tourismus der Stadt und als Tagungsstandort. Darüber sind wir mit den Verantwortlichen im Stadtmarketing und der Stadthalle aber auch im engen Austausch. Haben Sie das Gefühl, dass die Sorgen und Nöte der Anwohner gehört werden? Das ist so. Im ersten Schritt war ich im persönlichen Austausch mit dem Oberbürgermeister zu diesem Thema und später mit der neuen Polizeipräsidentin. Im Nachgang gibt es jetzt diesen runden Tisch mit der Bundespolizei, der Stadthalle, dem Stadtmarketing und dem Eigentümer des Postgebäudes. Die erste Sitzung hat im Rathaus stattgefunden. Ein erstes Ergebnis wird tatsächlich auch schon umgesetzt. Es wird dort jetzt täglich gereinigt. Lesen Sie auch: Fotostrecke – Das renovierte Steigenberger Hotel Bielefelder Hof

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