Bielefelder Pflege-Influencer „Schwester Gabi“: Engagement für bessere Bedingungen

Bielefeld. &bdquo;Schwester Gabi“ ist ein schlanker Mann mit bunter OP-Haube, müden Augen und mehr als 35.000 Followern bei Instagram. Mit eindringlichen Social-Media-Nachrichten auf der Foto-und-Video-Plattform sowie bei Facebook hat der Bielefelder Intensivpfleger Ralf Berning die teils unzumutbaren Arbeitsbedingungen in der Pflege angeprangert, sich Gehör verschafft und saß schließlich bei Markus Lanz im Talkshow-Sessel. Das war mitten in der Corona-Pandemie. Heute ist der 41-Jährige einer von mittlerweile fünf &bdquo;Pflege-Influencern“ am Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB). Die möchten eigentlich gar nicht so genannt werden. Denn ein Geschäftsmodell seien ihre Social-Media-Aktivitäten nicht. Und mit Kritik am Pflegesystem wird bei ihnen auch nicht gespart. Trotzdem ist das private Engagement auch Teil ihres Jobs. &bdquo;Influencer“ zeigen Realität statt Scheinwelt Neben Ralf Berning, der unter dem Spitznamen und bei Instagram unter _schwester.gabi bekannt wurde, machen sich auch Dominik Stark, Petra Krause, Merle Janetzki und Agnieszka Otte auf ganz unterschiedliche Weise stark für den Pflegeberuf. Dabei seien sie komplett unabhängig, betont EvKB-Pressesprecherin Sandra Gruß. &bdquo;Da steckt keine Unternehmensstrategie dahinter.“ Bezahlte Arbeitszeit oder Auftragsarbeiten seien die Social-Media-Aktivitäten der fünf EvKB-Angestellten nicht und auch kein Werbe-Gag. Das ist auch den fünf Mitarbeitern des Pflegeteams wichtig. &bdquo;Wir zeigen auch keine nach außen konstruierte Scheinwelt, wie viele Leute mit Großkanälen, die sich Influencer nennen. Für die ist das ein knallhartes Business, sie finanzieren sich über Werbung und Kritik wird da meistens nicht geübt“, sagt Berning, der auf der pneumologischen Intensivstation arbeitet, dort, wo Coronapatienten behandelt wurden und werden. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Ralf Berning | Fachkrankenpfleger (@_schwester.gabi) Einer seiner neusten Kollegen und bei Instagram seit Jahren ebenfalls aktiv ist Intensivpfleger Stark, der im Juni seinen ersten Arbeitstag im EvKB hatte und im Vorstand der Pflegekammer NRW sitzt. Mehr als 36.000 Menschen folgen dem Kanal dom_stark91 des 32-Jährigen, bei dem sich alles um Pflegeberufe dreht: &bdquo;Ich will meine Themen nach draußen tragen, Menschen erreichen und informieren und finanziere meinen Kanal nicht wirklich.“ Durch Social Media in die Pflegekammer NRW Stark und Berning sind beide vor Kurzem Vater geworden, arbeiten Vollzeit und engagieren sich obendrein zu Pflegethemen in Netzwerken, Gewerkschaften, Verbänden. Wo bleibt da überhaupt Zeit für die ebenfalls intensive Pflege von irgendwie auch beruflichen Social-Media-Kanälen und warum macht man das? &bdquo;Ich bin stolz auf den Beruf, den ich hauptberuflich mache, und möchte einen Einblick darein geben“, sagt Stark. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Dominik Stark (@dom_stark91) Was alle fünf Social-Media-Botschafter verbindet: Sie wollen etwas verändern, etwas bewegen für einen Beruf, der sie begeistert. Und das gelingt auch. Ohne einen kritischen Instagram-Beitrag zur Pflegepolitik säße Stark heute nicht selbst in der NRW-Pflegekammer. &bdquo;Nach meinem Post meldete sich die spätere Kammerpräsidentin bei mir.“ Jetzt könne er mitgestalten. Brandbrief des Intensivpflegers aus Bielefeld ging viral &bdquo;Schwester Gabi“ (Berning) wurde in der Corona-Pandemie zu einer Stimme für seine Berufsgruppe, nachdem ein Facebook-Post viral gegangen war. Der offene Brandbrief an die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel brachte dem Bielefelder Intensivpfleger auch eine Einladung zu &bdquo;Markus Lanz“ ein. Im Sessel neben Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) berichtet er 2021 vom oft vergeblichen Kampf um das Leben von Coronapatienten. Auch bei einer Joko-und-Klaas-Sendung zum Pflegenotstand auf &bdquo;Pro7“ ist er damals dabei. Seitdem kämpft er für bessere Arbeitsbedingungen und gegen den &bdquo;Pflexit“, weil zu viele in seinem Beruf von Bord gingen. Eindrücke von Bernings Auftritt im &bdquo;ZDF“: Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Ralf Berning | Fachkrankenpfleger (@_schwester.gabi) Weil sein Instagram-Kanal immer wieder von Corona-Leugnern gemeldet werde, sei er mehrfach gesperrt worden, erzählt Berning. &bdquo;Ich schreibe meistens spontan etwas, auch weil ich als Vater inzwischen nicht mehr so viel Zeit für die Planung von Posts habe.“ Während der Coronapandemie habe er fünf, sechs Stunden am Tag damit verbracht - ein zweiter Job. Lesen Sie auch: Bielefelder Intensivpfleger spricht offen von Triage in den Kliniken Stark und Bering filmen oder fotografieren auch schon einmal direkt am Intensivbett. Dass Patientinnen und Patienten nicht zu erkennen sein dürften, sei selbstredend, sagen sie. &bdquo;Meine Aufgabe ist es, Patienten zu schützen und nicht mit ihnen lustige Videos zu drehen“, betont Stark. Filme und Fotos am Intensivbett Aber was sagt ihr Arbeitgeber dazu? &bdquo;Wir haben Social-Media-Guidelines, die übrigens nicht nur für die Mitarbeitenden gelten, sondern auch für Patientinnen und Patienten in unseren Häusern“, erklärt Pressesprecherin Gruß. Das Wichtigste - da sind sich beide Seiten einig - sei aber ein großes, gegenseitiges Vertrauen. Dafür hat &bdquo;Schwester Gabi“ den Weg bereitet. Politische Meinung und konstruktive Kritik seien im EvKB bei der Mitarbeiterschaft erwünscht, sagt Gruß. Und beim Inhalt der Posts mische sie sich nicht ein. Pflegedirektorin Petra Krause habe auf alles ein Auge - sie hat 2023 selbst einen Instagram-Kanal gestartet (rund 680 Follower). &bdquo;Wir stehen in Bethel dafür, dass wir Veränderungen haben wollen“, sagt die 63-jährige Pflegechefin, die bei Instagram unter krausepe_ live Video-Gespräche postet. Darin macht sie mit Kolleginnen und Kollegen unter anderem Rassismus in der Pflege zum Thema. Die ersten Schritte bei Instagram habe sie mit &bdquo;Schwester Gabi“ gemacht, erzählt Krause. Der Social-Media-Funke sprang über. &bdquo;Ich finde es superspannend, auf diesem Weg mit Menschen zu kommunizieren, die diesen Beruf mit Herzblut machen, und mich nach außen politisch einzusetzen.“ Lesen Sie auch: Kämpfer für den Rettungsdienst: Bielefelder Notarzt bei Loveparade-Katastrophe an vorderster Front Tipps und Tricks gegen den Praxisschock der Azubis Den neuesten Instagram-Kanal aus dem EvKB-Kosmos namens &bdquo;praxisanleitung_on_air“ gibt es erst seit Dezember 2023. Ins Leben gerufen haben ihn die Praxisanleiterinnen Merle Janetzki (33) und Agnieszka Otte (41). Mehr als 1.800 Menschen haben seitdem ihren Kanal abonniert. &bdquo;Wir haben angefangen, Videos für unsere Azubis zu drehen, um diese sehr jungen, medienaffinen Menschen besser abzuholen“, erklärt Janetzki. Eine Lernhilfe mit Spaßfaktor: Jede Woche gibt es so einen &bdquo;Montagsfehler“ zum Mitraten. Visualizza questo post su Instagram Un post condiviso da AgnieszkaMerle OJ (@praxisanleitung_on_air) Dazu gibt es kritische Posts zu den Ausbildungsbedingungen in der Pflege. &bdquo;Wir haben in unserer Berufsgruppe eine Abbruchquote von 25 Prozent“, sagt Otte. &bdquo;Die meisten brechen wegen der Ausbildungsbedingungen in der Praxis ab.“ Auch das ist für alle fünf Pflege-Botschafter ein Herzensanliegen - neue Leute für ihren Beruf zu gewinnen und andere dazu zu ermutigen, dabei zu bleiben. Mehr Instagram-Kanäle aus Bielefeld: Top 7: Diese Instagram-Accounts über Bielefeld sollten Sie kennen

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