Nach Hirnblutung: Bielefelderin (52) durch Handicaps in Dachgeschosswohnung gefangen

Bielefeld. Die Treppe in dem Mehrfamilienhaus ohne Aufzug an der Obernstraße ist steil, das Geländer geschwungen. Für Dalila Mounajed stellt sie ein fast unüberwindliches Hindernis dar. Seit vielen Jahren lebt die 52-Jährige mit ihrem Ehemann und drei (inzwischen erwachsenen) Kindern im vierten Stock des Hauses. Was sie früher ohne Probleme, sogar mit Einkaufstaschen, bewältigen konnte, bedeutet seit einigen Jahren für sie enormen Stress. Mounajed ist stark eingeschränkt, seit sie 2019 gefährliche Blutungen am Stammhirn erlitt und eine große Operation vornehmen lassen musste, die ihr Leben rettete. Die Attacke auf ihre Gesundheit hat sie überlebt, doch sei sie &bdquo;nicht mehr dieselbe“, sagt sie im Gespräch mit der NW. Es gibt viele Einschränkungen, auch ihr Aussehen habe sich sehr verändert. Dann seien da noch die Panikattacken und Depressionen. Inzwischen verlässt die zierliche Frau die Wohnung kaum noch – höchstens zu Arztbesuchen – und mit sehr viel praktischer Hilfe und gutem Zureden durch Familienmitglieder oder ihre langjährige Physiotherapeutin Ahu Hankl. Ihr Skalamobil, ein Hilfsmittel zum Bewältigen von Treppen, steht oft ungenutzt neben der Wohnungstür. Zu groß ist Mounajeds Angst zu stürzen, auch weil sie manchmal Doppelbilder sieht. Sie muss sich ganz in die Hände desjenigen begeben, der ihr hinunter hilft. &bdquo;Oft kriegen wir auf unsere Anfragen keine Antwort“ Ihr Blick auf die Stadt dort unten ist begrenzt, die Fenster im Dachgeschoss hoch oben angebracht. So spielt sich das Leben der 52-Jährigen fast gänzlich in der 3-Zimmer-Wohnung ab. &bdquo;Wenn mein Mann und die Kinder nicht wären, wäre es noch schlimmer“, sagt sie, die mit Eltern und Geschwistern 1990 aus Tunesien nach Deutschland kam. So funktioniert ein Scalamobil Der Spätsommer 2019 wird Dalila Mounajed immer als Wendepunkt ihres Lebens in Erinnerung bleiben. Plötzlich im August, dann im November, schließlich erneut im Dezember erlitt sie Hirnblutungen, die mit starken Kopfschmerzen, Schwindel und Doppelbildern einhergingen. Die Diagnose im Uniklinikum Essen lautete: &bdquo;mehrfach eingeblutetes Hirnstammkavernom“. Sofortige OP nötig. &bdquo;Dabei handelt es sich um eine Gefäßmissbildung mit sehr hohem Risiko einer großen unkontrollierten Blutung mit akuter Lebensgefahr“, erläutert Mounajeds Physiotherapeutin Ahu Hankl, die dreimal pro Woche zum Hausbesuch kommt. Die OP erfolgte im Dezember 2019 und war erfolgreich. Kampf zurück ins Leben Allerdings zog sie schwere Beeinträchtigungen nach sich: Gesichtslähmung, Sprach- und Schluckstörungen, anfangs eine Komplettlähmung der rechten Körperhälfte, Tremor, Bewegungsstörungen und den kompletten Hörverlust des rechten Ohrs nahm sie in Kauf. Trotz aller Symptome kämpfte sich die Patientin zurück ins Leben. Auch durch die große Unterstützung durch Hankl (Praxis Kipp) und ihre Trainingsverfahren. So sieht der Mietspiegel 2024 für die Stadt Bielefeld aus Hankls Ermutigungen ist es auch zu verdanken, dass Mounajed den Schritt an die Öffentlichkeit wagt – auf der Suche nach einer behindertengerechten Wohnung. Es sollte eine sein, die ebenerdig liegt oder mit einem Aufzug zu erreichen ist. Wenn diese auch noch ein Zimmer mehr hätte als die jetzige, würde sich die Familie riesig freuen. Denn die drei Kinder – die Studierenden Malwa (23) und Karim (22) und der 18-jährige Mouhamad würden mit einziehen, auch zur Unterstützung ihrer Mutter. Die Familie stehe verlässlich zusammen. &bdquo;Hier hat jeder seine Aufgabe“, bekundet Sohn Karim. Doch die Panikattacken der Mutter seien schwer auszuhebeln. Sie würde gern wieder mehr am Leben teilhaben Die eigene Wohnungssuche verlief bisher im Sande. &bdquo;Wir stehen längst auf den einschlägigen Listen der Bielefelder Wohnungsgesellschaften, melden uns immer wieder auf Angebote. Oft kriegen wir aber nicht einmal eine Antwort“, beklagt die Mutter. Im Februar 2023 erfolgte die erste von drei Anpassungs-Operationen, die die gröbsten postoperativen Schäden beheben sollten. Denn Dalila Mounajeds Gesicht hatte sich sehr verändert, sie fühlte sich entstellt: &bdquo;Mein Mund war total verrutscht, Auge und Nase verschoben“, erzählt sie. In Stuttgart, Hannover und noch einmal in Stuttgart erfolgten die Eingriffe. Inzwischen sind die äußeren Wunden verheilt, doch die psychische Belastung sei hoch, attestiert ihre engagierte Physiotherapeutin. Eine neue Wohnung, die der Frau die Möglichkeit gebe, wieder mehr am Leben teilzunehmen, unter Leute zu gehen, würde ihre Patientin da &bdquo;eindeutig voranbringen“, ist Hankl überzeugt. Beinahe liebevoll schaut Dalila Mounajed rüber zu ihrer Therapeutin, sagt gerührt: &bdquo;Sie gibt sich so viel Mühe mit mir, sie ist wirklich ein Vollprofi. Mit ihr habe ich echt Glück gehabt.“ ? Leserinnen oder Leser, die der Familie Mounajed mit einem Tipp oder einem konkreten Wohnungsangebot weiterhelfen können, melden sich bitte unter bielefeld@nw.de

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