Nach Demo in Bielefeld: So drastisch sind die Hassmails, die Wiebke Esdar bekommt

Bielefeld. Wiebke Esdar ist eine der wichtigsten SPD-Politikerinnen des Landes. Schon seit 2017 ist die 41-jährige Bielefelderin Mitglied des Bundestages. Als stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende kümmert sie sich um grundlegende Themen wie Haushalt, Finanzen, Forschung und mehr. Da ist Realpolitik gefragt. Esdar hat Psychologie studiert und promoviert, sie ist verheiratet und Mutter eines Sohnes. Man darf davon ausgehen, dass sie das Leben kennt. Doch nach ihrer Teilnahme an der Demonstration &bdquo;Wir sind das Stadtbild“ mit mehr als 3.000 Menschen am Freitag in Bielefeld erhielt sie so viele gehässige Mails und Zuschriften auf Social Media, dass sie irgendwann aufgehört habe zu zählen, wie sie sagt. Die erfahrene Politikerin war im Gespräch mit der NW hörbar geschockt. Eigentlich wollte die vom Bielefelder &bdquo;Bündnis gegen Rechts“ organisierte Demo ein Zeichen setzen für ein weltoffenes Stadtbild. &bdquo;Bei uns sind alle Menschen willkommen, die friedlich, respektvoll und gemeinsam unser Gemeinwesen zusammen gestalten wollen!“, hieß es ausdrücklich in dem vom Bielefelder Grünen-Politiker Klaus Rees unterzeichneten Aufruf zu der Demo. CDU-Politiker Elmar Brok kritisiert Esdars Demo-Teilnahme Ausgangspunkt waren die umstrittenen &bdquo;Stadtbild“-Aussagen von Bundeskanzler Friedrich Merz am 14. Oktober: Seine Sätze wurden von vielen als pauschal gegen Zugewanderte gerichtet empfunden. Merz sah sich später dazu gezwungen, seine Äußerungen zu präzisieren: Deutschland brauche auch künftig Einwanderung, so Merz. Das Problem aber seien Migranten ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht, die sich nicht an die geltenden Regeln halten. Nach Merz-Aussage: Tausende bei &bdquo;Stadtbild“-Demo in Bielefeld Wiebke Esdar gehört zum linken Parteiflügel der SPD-Bundestagsfraktion und vertritt entsprechende Positionen. Dazu gehört auch, dass niemand etwa wegen seines Aussehens oder seiner Herkunft diskriminiert werden darf. Gemeinsam mit anderen Bielefelder Politikern hat sie das Bielefelder &bdquo;Bündnis gegen Rechts“ ins Leben gerufen, das schon mehrere große Demonstrationen in ihrer Heimatstadt organisiert hat. &bdquo;Als Mit-Begründerin des Bündnisses gegen Rechts bin ich – wann immer es mir zeitlich möglich ist – bei den Demos dabei“, sagt sie im Interview. Mehrere CDU-Politiker kritisierten anschließend Esdars Demo-Teilnahme – darunter auch der Bielefelder Elmar Brok. Merz habe &bdquo;tausendmal erklärt, wer gemeint ist, und die große Mehrheit der Deutschen hat das auch verstanden“, so der langjährige Europapolitiker. Es gehe nicht um normale Zuwanderung. Das Problem seien &bdquo;illegal hier lebende, oft verurteilte Kriminelle“. Wenn Esdar nun &bdquo;in vorderster Reihe“ gegen Merz und seine Aussagen protestiere und in die Nähe des Rassismus rücke, dann bremse sie die Lösung der Probleme, warnt Brok. Dabei gehöre sie als Fraktionsvize der SPD eigentlich zu den Trägern der Regierung. Doch jetzt wird Esdar auch mit Anfeindungen konfrontiert, die als offen bedrohlich empfunden werden müssen. Ihr Büro hat einige gehässige und teils auch wirre Zuschriften weitergeleitet. Die Redaktion hat sich in diesem Fall entschieden, Auszüge zu veröffentlichen, um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie drastisch einige Formulierungen sind. Wiebke Esdar im Interview: Hassmails nach Demo-Teilnahme Die Mail eines offenbar gewalttätigen Schreibers Zum Teil geht es in den Zuschriften gegen die SPD: &bdquo;Ich glaube ihr dummen von der SPD verkennt die Situation!“, heißt es in der Mail eines offenbar gewalttätigen Schreibers. &bdquo;Ich frage mich, wann dich der erste mit einem Knüppel aus dem Bundestag prügelt. Und wenn nicht – 2029 wird kommen, das Maß ist voll ( . . . ) Die SPD hat Blut an ihren Händen!!! Wegen Eurer Politik sind Deutsche ermordet worden!“ In ähnlichem Duktus hetzt eine ellenlange Mail gegen SPD-Politiker (darunter auch gegen Parteichef Lars Klingbeil) und die ganze SPD: &bdquo;Naaa, Frau Esdar, fühlen Sie sich jetzt wieder so richtig als Gutmensch (. . . ) ??? Man kann immer nur wieder fragen, was ist aus der SPD geworden!!! Ein hinterhältiger, hetzender, bösartiger und verlogener Haufen! Sie sind sich nicht zu schade, ihrem Koalitionspartner ins Gesicht zu spucken!“ Unter der Überschrift &bdquo;Nicht normal als Frau“ schreibt ein Mann: &bdquo;Da haben sie großen Mund mit so vielen Menschen, sie sollten sich schämen (. . .) da mitzumachen.“ Und weiter: &bdquo;Kommen sie mal in eine kleine Stadt und gehen da alleine, da haben sie die Hose als erstes voll.“ Rücktrittsforderungen in Mails und sozialen Medien In einer sehr knappen Mail wird die Antifa angegriffen: &bdquo;Eine Schande mit der antisemitischen Antifa demonstrieren“, heißt es da. &bdquo;Sie treten sofort zurück. Entschuldigen sich bei der deutschen und jüdischen Bevölkerung.“ Auf Facebook und Instagram sammeln sich etliche gehässige Kommentare auf Wiebke Esdars Accounts: &bdquo;Auch wegen Ihnen schäme ich mich schon seit längerem Mitglied in der SPD gewesen zu sein - Treten sie zurück“, schreibt eine Dame zum Beispiel auf Facebook. Eine Schreiberin verknüpft eine Rücktrittsforderung an Wiebke Esdar mit einer Warnung vor den angeblichen Verhältnissen in Hannover: &bdquo;Sie sollten lieber hier in Hannover ab 18 Uhr sich bewegen. Natürlich auf dem Bürgersteig, da erleben Sie live, wie Menschen erschossen werden . . .“ Stadtbild-Debatte: Kritik an Bielefelder Integrationsrats-Chefins

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