Nach erschreckenden Meldungen vom Kesselbrink äußert sich nun die Polizei

Bielefeld. Massenschlägereien, Helfer, die bedrängten Frauen zu Hilfe eilen wollen und von Gruppen attackiert werden, gezückte und eingesetzte Messer, eine Teleskopschlagstock, eine Machete, Verletzte, viel Blaulicht. Die Meldungen der Polizei zu den jüngsten Ereignissen auf dem Kesselbrink hören sich gar nicht gut an. Viele Leser forderten daraufhin ein stärkeres und schnelleres Durchgreifen der Polizei. Die Sicherheitsbehörde will die Angst der Menschen ernst nehmen. Die Redaktion hat der Polizeiführung die drängendsten Fragen gestellt und die Antworten der Behörde in einfache Sprache übersetzt: Frage: Bewohner am Kesselbrink, speziell Frauen, sind verunsichert, was die Vorkommnisse auf und am Kesselbrink anbelangen. Antwort Polizei Bielefeld: Die Polizei Bielefeld nimmt die Sorgen und Verunsicherungen in der Bevölkerung, die durch einzelne, an bestimmten Orten wiederholt in ähnlicher Weise verübte Straftaten eintreten, ernst. Sie widmet dem Kriminalitätsgeschehen auf dem Kesselbrink deshalb seit Jahren und auch aktuell besonderes Augenmerk. Der Kesselbrink ist einer der vier herausgehoben fokussierten Orte in der Bielefelder Innenstadt gemäß der Kooperationsvereinbarung mit der Stadt Bielefeld. Sowohl präventiv – durch Polizeipräsenz und schnelles Einschreiten, was aufgrund der nahe gelegenen Wache sichergestellt ist – als auch repressiv mit einer konsequenten Strafverfolgung werden die Herausforderungen dieses Platzes mit den dort aufhältigen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen polizeilich angegangen. Die Aufnahme des Kesselbrinks in die Liste der vier besonders betrachteten Räume in der Kooperationsvereinbarung zeigt jedoch auch, dass die Probleme dort nicht eindimensional nur mit polizeilichen Mitteln gelöst werden können. Übersetzung der Redaktion: Die Probleme auf dem Kesselbrink sind bekannt. Deshalb ist die Polizei hier auch vielfältig präsent. Aber alleine kann die Polizei hier die Probleme auch nicht lösen. Frage: Wie schätzt die Polizei die Gefahr für die Anwohner des Kesselbrinks ein? Polizei Bielefeld: Die aktuell aufsehenerregenden einzelnen Fälle von Gewalttaten auf dem Kesselbrink sind polizeilich in die Gesamtbetrachtung der Kriminalitätsentwicklung einzubetten. Danach ist festzustellen, dass die Rohheitsdelikte insgesamt am und um den Kesselbrink in den Monaten April und Mai von zuvor einstelligen monatlichen Fallzahlen auf niedrige zweistellige Fallzahlen angestiegen sind. Hier dürfte sich auch eine saisonale Komponente, ähnlich wie im Vorjahr, widerspiegeln, wobei sich die Fallzahlen allerdings geringfügig erhöht haben. Aus den polizeilichen Daten ergeben sich aktuell keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anwohnenden in besonderem Maße Opfer von Straftaten am Kesselbrink werden. Lesen Sie auch: Kommentar: &bdquo;Die Welle der Gewalt am Kesselbrink muss dringend angegangen werden“ Übersetzung: Einzelne spektakuläre Fälle sind kein Beweis für eine problematische Entwicklung. Dass es im April und Mai ein paar mehr Gewalttaten gab – wie schon 2023 – liegt am aufkommenden Sommer. Nach dem Motto: Mehr Sonne bedeutet mehr Menschen und das führt zu mehr Konflikten auf dem Platz. Anwohnerinnen und Anwohner sind nicht auffällig oft unter den Opfern. Die Polizei geht daher von Taten innerhalb der Szene aus. Frage: Gibt es Maßnahmen seitens der Polizei, den gefühlt ansteigenden Straftaten – auch mit Körperverletzungen – Einhalt zu gebieten? Polizei Bielefeld: Gewalttaten und andere, das Sicherheitsgefühl beeinträchtigenden, Straftaten begegnet die Polizei präventiv mit Präsenz, die von Beamtinnen und Beamten der Polizei Bielefeld direktionsübergreifend auf dem Kesselbrink ausgeübt wird. Im Rahmen des seit 2020 verfolgten Behördenschwerpunkts finden zusätzlich unregelmäßig offene und verdeckte Präsenzmaßnahmen statt. Gleichwohl ist es nie möglich und letztlich auch nicht zielführend, dass Polizeibeamtinnen oder -beamte zu jeder Zeit den gesamten Kesselbrink oder sogar den gesamten öffentlichen Raum in der Innenstadt, in dem Bevölkerungsgruppen aufeinandertreffen, zur Verhinderung im Blick haben. Übersetzung: Die Polizei ist regelmäßig verdeckt und offen auf dem Kesselbrink aktiv. Eine dauerhafte Überwachung des Kesselbrinks oder sogar der gesamten Innenstadt ist aber weder zielführend noch machbar. Frage: Bei vielen Anwohnern ist das Unverständnis groß, dass die Polizei nicht präsenter am Kesselbrink, gerade in den Abend- und Nachtstunden, ist. Immer wieder ist zu hören, die Polizeiwache Ost liegt direkt im kriminellen Brennpunkt, aber es wird weggeschaut. Wie sieht die Situation aus? Polizei Bielefeld: Die Entwicklung der Straftaten in der Innenstadt und dort insbesondere auch auf dem Kesselbrink wird durch die Polizei permanent und auch aktuell genau beobachtet und analysiert, um Maßnahmen der Präsenz und der Strafverfolgung hieran anzupassen. Etwaige Anpassungen müssen jedoch so austariert werden, dass sie sowohl das subjektive Sicherheitsgefühl stärken als auch die objektive Sicherheit tatsächlich erhöhen, ohne die polizeilichen Gesamtaufgaben aus dem Blick zu verlieren. Übersetzung: Die Polizei guckt nicht weg, aber jede Verstärkung der Kontrollen und Strafverfolgungen darf nicht nur das subjektive Sicherheitsgefühl erhöhen. Es muss auch helfen, die objektive Sicherheit zu verbessern. Denn die Polizei ist auch noch andernorts gefragt. Frage: Häufiger ist von politischer Seite der Vorschlag zu hören, eine ständige Polizeiwache direkt auf dem Kesselbrink oder im Grünen Würfel könnte das Sicherheitsgefühl stärken. Warum gibt es diese Wache nicht? Polizei Bielefeld: Insbesondere aufgrund des anstehenden Umzugs in die neue Polizeiliegenschaft am Stadtholz im übernächsten Jahr werden derzeit intensiv alle Möglichkeiten geprüft, um die Präsenz in der Innenstadt für die Bielefelder Bürgerinnen und Bürger aufrechtzuerhalten und zu verbessern. Die Polizei Bielefeld befindet sich mit den Kooperationspartnern dazu aktuell in einem regen Austausch. Das ehemalige Konzept der Mobilen Wache wurde bei der Einrichtung der Stadtwache mit einbezogen und ist darin aufgegangen. Eine Mobile Wache, die allein immer dorthin zieht, wo gerade aufsehenerregende Straftaten bekannt werden, erscheint nicht als tragfähige Lösung. Die künftige Präsenz in der Innenstadt muss sorgfältig betrachtet und abgewogen werden. Verdrängungseffekte und &bdquo;um die Ecke“ begangene Straftaten dürften nicht die Folge sein. Übersetzung: Der geplante Wegzug vom Kesselbrink ist ein Problem. Deshalb wird nun eine Lösung gesucht. Die Idee der &bdquo;mobilen Wache“ wurde längst von der Idee der Innenstadtwache abgelöst, weil die Beamten nicht ständig hinter wechselnden Kriminalitätshotspots hinterherlaufen wollen und können. Eine Dauerüberwachung des Kesselbrinks scheidet ebenfalls aus, weil das die Täter nur verdängen und andere Orte zum Problemfall machen würde. Frage: Gibt es Maßnahmen seitens der Polizei, den gefühlt ansteigenden Straftaten – etwa mit Körperverletzungen – Einhalt zu gebieten? Polizei Bielefeld: Einzelne Gewalttaten im Umfeld des Kesselbrinks, über die medial in der jüngeren Vergangenheit aufgrund einer damit einhergehenden Verunsicherung der Bevölkerung ebenfalls ausführlich berichtet wurde, zeigen die Grenzen der Bewältigung gesellschaftlichen Gewaltpotenzials allein durch polizeiliche Präsenz oder Überwachung. Um die Polizei, wenn die Beamtinnen und Beamten nicht am konkreten Ereignisort sind, in die Lage zu versetzen, auf Taten zu reagieren, sollte grundsätzlich der polizeiliche Notruf gewählt werden. Selbstständiges Einschreiten kann zu unüberschaubaren Selbstgefährdungen und sogar einer weiteren Eskalation der Situation führen. Aufgrund der Nähe zur Wache Ost ist eine beschleunigte Reaktion regelmäßig sichergestellt. Übersetzung: Die Polizei rät bei drohender Eskalation lieber den Notruf zu wählen, als alles selbst regeln zu wollen. Wer einschreitet, gefährdet sich selbst und heizt die Lage möglicherweise noch an. Dabei ist die Polizei doch direkt gegenüber. Denn zu einer Massenschlägerei gehören immer zwei Parteien. Die jüngsten Gewalttaten am Kesselbrink: 13. April: Mann greift Helfer mit einer Machete an 20. April: Ins Krankenhaus geprügelt: 20 Männer verfolgen Bielefelder am Kesselbrink 6. Mai: Massenschlägerei am Kesselbrink: Gruppe prügelt Steinhagener ins Krankenhaus 11. Mai: Helfer wollen Bielefelderin retten - und werden von 20 Männern attackiert 15. Mai: Frau auf Kesselbrink belästigt: Wieder wird ein Helfer angegriffen 18. Mai: Massenschlägerei in einem Hinterhof: Wieder nächtliche Randale am Kesselbrink

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