Bielefelder planen einen „Siggi“ für den Osten in ihrem unterschätzten Viertel

Bielefeld. Zehn kluge Köpfe sind es, die der Stadt Bielefeld helfen wollen – mit ihren Ideen zur Stadtplanung. Mit dem Wissen aus Soziologie, Psychologie, Geografie, Wirtschaft, Kunst und Architektur. Oft über Jahrzehnte aufgebautes Wissen, denn viele der Akteure sind in einer Art Ruhestand. 2019 gegründet, gaben sie als Ideenkonferenz (I-Kon) 2021 Impulse zum Ravensberger Park; und haben jetzt das Gebiet, dem sie sich widmen, ausgeweitet. Ravensberger Viertel nennen sie es. Ihr Ziel: gehört werden, in Diskussion kommen, Anstöße geben – jenseits von politisch und verwaltungstechnisch zu oft polarisierten Positionen. &bdquo;Wir sind nicht empört, nicht wütend“, betont Architektur-Professor Eduard Führ. Bürgerinitiative ja, aber eine die dafür ist, die gestalten will, die in einen Diskurs möchte. Konkret: Zwischen Bahndamm im Osten und Kesselbrink im Westen liegt ein Viertel, das sich teilweise gut entwickelt, in Summe aber weitaus mehr Potenzial habe, sagen Führ sowie Geographin Luisa Linek und Soziologe Andreas Kämper, der Jahrzehnte für die Stadt auch in der Stadtplanung arbeitete. Das Team hat konkrete, einzelne Ideen; im Konzept dominiert aber spürbar das Prinzip, das Quartier als Ganzes zu betrachten. Ein Quartier, geprägt von der Ravensberger Spinnerei und den Bleichen, Keimzelle der &bdquo;Leinenstadt Bielefeld“. Und heute Standort von Wiesenbad und VHS, Museen und Berufsschulen, Agentur für Arbeit und ehemaliger Fachhochschule, Feuerwehrhauptwache und Ostbahnhof, Kino und Party-Ort – und Wohnkomplexen sowie vielen kleinen grünen Inseln. Die Ideenkonferenz wolle alles miteinander vernetzt sehen, integriert denken – ein Unterschied zur Stadtplanung, die die Akteure oft als zu isoliert agierend wahrnehmen. &bdquo;Wir als Bürger dürfen und können freier denken“, betont Kämper. Das könnte helfen, im Wahlkampf Blicke zu schärfen, Ideen nach oben zu spülen. Auch dann, wenn es politisch künftig um die Ausweitung des &bdquo;Insek“ geht, also des Entwicklungskonzeptes für die nördliche Innenstadt, zu dem dann auch Teile des Ravensberger Viertels gehören könnten; verbunden mit der Chance auf Fördergelder. Schwerpunkt ist das Wohnen als Motor für alles Ein Schwerpunkt sei der Blick aufs Wohnen, &bdquo;das ist der Motor einer Revitalisierung“, heißt es im Konzept. Es gebe nur etwa 100 Wohnhäuser im gesamten Viertel, das sei eher wenig. Doch kein Wohnen ohne Infrastruktur – das Grün müsse dabei besser erkennbar werden und nutzbarer sein, Wasser könne hier Identität stiften (wie zu Zeiten der Bleichen) und auch neue Qualitäten mit sich bringen, so Linek. Hitzeinseln müssten verhindert und abgebaut werden. Beim Verkehr sieht das Team viel Potenzial, um auf die allseits zu beobachtenden Veränderungen zu reagieren. Braucht es ewig eine Aral-Tankstelle an der Heeper Straße – oder vielleicht eher eine Mobilitätsstation? Muss der Parkplatz am hinteren Ende der Werner-Bock-Straße so versiegelt sein wie er es heute ist? Braucht es das Parkhaus zwischen den Berufskollegs? Wäre ein Neubau mit Wohnbebauung auf dem Parkhaus nicht sinnvoller? Könnte der Parkplatz vor dem Wiesenbad nicht weitgehend einer Wohnbebauung weichen? Fragen, die bewegen. Fuß- und Radwege werden derzeit als eher schwierig wahrgenommen – dabei ist die Innenstadt gar nicht weit. Nur der ÖPNV sei bestens ausgebaut. Linek: &bdquo;Der Verkehr bringt in diesem Viertel eine hohe Belastung mit sich.“ Und die Menschen, ihre Identität? Konkret soll der Verein Ostblock-Kulturhaus ein Anker im Quartier werden, dauerhaft in der ehemaligen Fachhochschule. Also: Nachnutzung statt Abriss. Die alte FH könne mit ihrem Audimax als &bdquo;Ravensberger Bühne“ zu einem &bdquo;Mehrwert werden“, so Kämper. Der Verein sei bereits gut vernetzt, das gelte es zu würdigen und zu fördern. Eine Art zweite Siggi-Kultur entstehe hier, so Kämper in Anspielung auf den Bielefelder Westen. Neues Hochhaus als bauliche Landmarke Zudem soll es baulich eine Art zweiter Landmarke geben – als Pendant zum Schlot der Ravensberger Spinnerei: Im Osten auf einem Parkplatz vor dem Bahndamm an der Bleichstraße schlägt &bdquo;I-Kon“ eine &bdquo;Quartierskrone“ vor, laut Führ ein sieben- bis achtgeschossiges Gebäude, dass sich auf einer Linie mit der Raspi befindet und auch den Blick über den Bahndamm hinweg gen Osten erlaubt, sozusagen als Bindeglied zwischen den Quartieren. Ein Anker des Viertels sollen auch die Kollegschulen werden. Dass der Stadtentwicklungsplan hier einen &bdquo;Campus Mitte“ entwickeln will, begrüßt das Team, denn mit 8.500 Schülerinnen und Schülern täglich seien Maria-Stemme- und Carl-Severing-Berufskolleg prägende Akteure im Viertel. Und wie geht es weiter? Es soll Quartiersspaziergänge geben, Workshops, Treffen mit Politik, Bürgern und Verwaltung, so der Wunsch, so das Ziel.Alle Details gibt es unter www.i-kon-bielefeld.de

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