Tierquälerei an Bielefelder Grundschule: Ein Igel ist kein Fußball – Punkt!

Bielefeld. Bei kaum einem Thema kochen die Emotionen ähnlich hoch wie beim Tierschutz. Das hängt mit den Emotionen zusammen, die Tiere bei vielen Menschen auslösen, und mit den wirtschaftlichen Interessen, die an ihnen hängen. Der Umgang mit Tieren sagt viel über uns Menschen aus, und wer sich ansieht, welches Leid industrielle Fleischproduktion, Pharma-Branche oder Unterhaltungsindustrie Tieren auch hierzulande immer noch zufügen, kann durchaus für einen Moment den Glauben an Menschheit und Menschlichkeit verlieren.Ein Vorfall in Bielefeld hat jüngst viele Menschen erschüttert. So auch meine Kollegin Susanne Blersch: &bdquo;Es gibt Themen, über die ich in meinem Journalistinnenleben berichtet habe, die mich auch lange Zeit später nicht loslassen. Dazu gehört die Geschichte, die mir Verena Falk und Angela Krieger erzählt haben.“ Die beiden Frauen engagieren sich bei der Igelhilfe Herford und berichten über einen schauerlichen Vorfall vor einer Bielefelder Grundschule. Kinder haben dort mit einem jungen Igel Fußball gespielt. Allein diese Zeile lässt fassungslos zurück. Doch wirklich sprachlos macht mich wirklich, dass Erwachsene daneben gestanden haben sollen – ohne einzugreifen. Der kleine Igel kann nicht in einem Käfig leben Der jetzt erst bekanntgewordene Vorfall ist bereits Anfang März passiert. Eine Frau, die von ihrem Fenster aus die fußballspielenden Kinder beobachtet hat, reagierte sofort, als sie erkannte, dass nicht gegen einen Ball, sondern gegen ein Lebewesen getreten wurde. Die Zeugin hat das kranke und verletzte Igelmädchen gerettet und über das Notfalltelefon die Igelhilfe kontaktiert.Ob Joy, wie die Helferinnen des Vereins das Tier getauft haben, jemals wieder ausgewildert werden kann, können die Igelhelferinnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit Gewissheit sagen. Denn bei der Untersuchung beim Tierarzt stellte sich heraus, dass durch die Tritte der Kinder das Schlüsselbein gebrochen und verschoben wurde. Die Behandlung ist langwierig. Doch sie muss gelingen, denn der kleine Igel kann nicht in einem Käfig leben – sonst bleibt nur noch die Euthanasie. Die Igelhelferinnen hat der Fall an der Grundschule nicht losgelassen. Sie suchten das Gespräch mit der Schulleitung und baten darum, den Fund des Igels zu thematisieren und den Fall bei den Schülern anzusprechen. Dies sei abgewiegelt worden, schildern sie enttäuscht. Die Reaktion der Schulleitung sei sogar abweisend gewesen. Man wisse schließlich nicht, ob es zu Schulzeiten oder überhaupt auf dem Schulgelände geschehen sei. Tierschutz ist im Grundgesetz verankert Die Situation zeigt einmal mehr, wie dringend notwendig die Gewaltprävention an Schulen ist und welche Verantwortung Bildungseinrichtungen haben. Deutschland hat eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt. In keinem anderen EU-Land hat der Tierschutz Verfassungsrang – in Deutschland wurde er 2002 als Staatsziel ins Grundgesetz (Artikel 20a) verankert. Diese Grundgesetzänderung ist als ein Aufruf an Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung zu werten, den Tierschutz als wesentliches Verfassungsgut zu verwirklichen.Deshalb sei es längst überfällig, dass tierethische Themen in Lehrplänen verankert würden, fordert angesichts des Bielefelder Vorfalls Deutschlands größte Tierrechtsorganisation PETA. Nur so könnten Kinder für ein gerechtes Miteinander sensibilisiert und ihre Empathie gegenüber Schwächeren gestärkt werden. Kein Einzelfall in Bielefeld Der Vorfall mit dem kleinen Igel ist leider kein Einzelfall in Bielefeld. Der Tierpark Olderdissen wird jetzt eingezäunt. Ein Grund dafür ist, dass nächtliche Tierparkbesucher die Regeln gesprengt haben, Hinweise und Abgrenzungen würden konsequent missachtet, so berichtet es der Tierparkleiter. Es gab Übergriffe auf Gehege, Waschbären etwa seien mit Kaugummis, sauren Gurken oder Zigarettenkippen gefüttert worden.Beim Tierschutz muss sicherlich vieles miteinander abgewogen werden. Etwa ob wir bei Tierversuchen tierisches Leid in Kauf nehmen dürfen, um menschliches zu lindern. Aber beim Vorfall an der Bielefelder Grundschule gibt es eine ganz einfache Antwort: Man spielt mit einem Igel nicht Fußball – Punkt. Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf Ihre Meinung unter stefan.gerold@nw.de

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