Serienvergewaltigungen an Bielefelder Klinik: EvKB-Vorgesetzte teils entlastet

Bielefeld/Duisburg. Seit November 2021 ermittelt die Staatsanwaltschaft Duisburg in dem wieder aufgenommenen Fall des Serienvergewaltigers Philipp G., der als Assistenzarzt des Evangelischen Klinikums Bethel (EvKB), mindestens 32 seiner Patientinnen betäubt und dann vergewaltigt haben soll. Nun haben die vier mit dem Fall betrauten Staatsanwälte einen der wesentlichen Vorwürfe fallengelassen – und zwar den Vorwurf der Beihilfe der Vergewaltigung gegen die Vorgesetzten des Täters. Wie berichtet, wird in Duisburg nicht etwa gegen den Serienvergewaltiger selbst ermittelt, weil der 32-Jährige sich bereits im September 2020 in der U-Haft das Leben genommen hat. Aber mehrere Opfer des Assistenzarztes hatten nach Bekanntwerden der Taten und vor allem nach ihrer eigenen Erfahrung, im Klinikum nach Hinweisen zu dem eigenartigen Verhalten des Arztes abgebügelt worden zu sein, Anzeige gegen die Vorgesetzten erstattet. Ermittler gehen davon aus, dass Verantwortliche keine Ahnung von den Taten hatten Wie Felix Bachmann, Sprecher der Staatsanwaltschaft Duisburg, nun mitteilte, haben sich bei den ausführlichen Ermittlungen &bdquo;nach dem derzeitigen, noch nicht abschließenden Ermittlungsstand keine Hinweise darauf ergeben, dass die Verantwortlichen des EvKB positive Kenntnis von den sexuellen Handlungen des verstorbenen Assistenzarztes hatten oder diese zumindest für möglich gehalten haben.“ Der Podcast zum Vergewaltigungsfall: Warum stoppte niemand den Bielefelder Arzt? Das heißt, dass weder die Hinweise der zum Tatzeitpunkt betäubten Patientinnen noch die eigenen hausinternen Ermittlungen erkennbar gemacht haben dürften, dass die Betäubung eine Vorbereitungshandlung zur eigentlichen Sexualstraftat war. Wie die Ermittlungen der Kripo ergeben haben, hatte sich der Assistenzarzt nachts zu den Patientinnen begeben und ihnen vorgegaukelt, sie müssten für die morgige Untersuchung noch ein Medikament verabreicht bekommen. Betroffene Patientinnen melden, dass sie betäubt worden sind Tatsächlich handelte es sich bei dem Medikament um das Anästhetikum Propofol, dass das Bewusstsein der Patienten ausschaltet. Die Frauen fielen sofort in einen bewusstlosen Tiefschlaf, in diesem Zustand wurden sie dann von dem Assistenzarzt vergewaltigt und dabei sogar von ihm gefilmt. Der Vorwurf, dass ein Oberarzt, der Chefarzt der Station und die Klinikleitung die Beschwerden der Patientinnen, die nach der Tat die eigenartigen Besuche des 32-Jährigen inklusive ihrer nicht erklärlichen Betäubung gemeldet hatten, nicht ausreichend geprüft und hinterfragt haben könnten, ist damit aber immer noch nicht vom Tisch. Dimension der Taten nicht erkennbar, aber wohl die falsche Medikamentenabgabe Wie Staatsanwaltssprecher Bachmann bestätigt, werden die Ermittlungen &bdquo;auf Grundlage des derzeitigen Sachstands unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Beihilfe zur gefährlichen vorsätzlichen Körperverletzung beziehungsweise der fahrlässigen Körperverletzung geführt.“ Wie berichtet, hatte die &bdquo;Ermittlungskommission Medicus“ der Bielefelder Kripo nach der Wiederaufnahme alle Mitarbeiter und viele Patienten der betroffenen Klinikstation befragt und vernommen. Dabei dürfte deutlich geworden sein, dass trotz mehrerer Hinweise niemand die wahre Dimension der Taten erkannt oder erahnt haben dürfte. Sehr wohl muss es aber ausreichend Hinweise gegeben haben, die auf eine &bdquo;falsche Medikamentenabgabe“ hinauslaufen. Wer einem Patienten bewusst ein Medikament verabreicht, das zur Behandlung ungeeignet und deshalb auch nicht im Therapieplan vorgesehen ist, macht sich möglicherweise der gefährlichen Körperverletzung strafbar. Tut er dies versehentlich, ist es zumindest fahrlässige Körperverletzung. Neues Ärzte-Gutachten soll nun Versäumnisse im Klinikum Bethel aufdecken Wie berichtet, gab es im Januar 2020 – also acht Monate vor der Entlarvung der Serienvergewaltigungen – ein Dienstgespräch, bei dem der Chefarzt seinem Assistenzarzt den Einsatz von Narkosemitteln untersagt haben soll. Nur Philipp G. soll das Mittel Propofol vor CT-Untersuchungen eingesetzt haben. Im Rechtsausschuss des Landtags hieß es dazu, dass diese &bdquo;Vorgehensweise, nicht den klinikinternen Standards entsprach.“ Außerdem untersagte man ihm von nun an, ohne Begleitung von Pflegekräften, Patientinnen aufzusuchen. Dass sich G. an diese Anweisung nicht hielt, soll inzwischen durch weitere Ermittlungen und Tatbeweise belegt sein. Deshalb hatte die Anklagebehörde zwischenzeitlich – unter Einbindung der Ärztekammer Nordrhein – ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. &bdquo;Gegenstand der Prüfung ist unter anderem die Frage, ob die Verantwortlichen des Klinikums es im Rahmen der ihnen obliegenden Organisations- und Aufsichtspflichten pflichtwidrig unterlassen haben, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Taten des verstorbenen Assistenzarztes zu treffen.“ Wann die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Duisburg gegen die Vorgesetzten des Assistenzarztes beendet sein werden, ist auch knapp zweieinhalb Jahre nach Wiederaufnahme der Ermittlungen weiterhin unklar. Zum Nachlesen: Alle Berichte zu den Serienvergewaltigungen im Evangelischen Klinikum Bethel

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