Nach Zoff im Klinikum Bielefeld: Ex-Chefarzt gründet Privatklinik

Bielefeld. Noch wird gebohrt, montiert, verputzt. Aber schon im Mai soll im Seidensticker-Kontor am Stadtholz das neue &bdquo;Kopfzentrum Bielefeld“ eröffnen. Holger Sudhoff, ehemaliger Ärztlicher Direktor des Klinikums Bielefeld und Chefarzt der HNO-Klinik, will dort zusammen mit drei Kollegen und dem Hausärztlichen Medizinischen Versorgungszentrum Finkenstraße (MVZ) ein umfassendes privatärztliches Angebot machen. Neben Sudhoff bilden seine HNO-Kollegin Christiane Rodegast, der frühere Chefarzt der Hautklinik im Klinikum, Isaak Effendy, der Kieferchirurg Christoph Pytlik und das MVZ eine Praxisgemeinschaft. Damit sei ein breites Spektrum auf den Gebieten der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, der Phoniatrie (Störungen der Stimme, des Sprechens, der Sprache und beim Schlucken), der Pädaudiologie (Hörstörungen bei Kindern), der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Dermatologie (Hauterkrankungen) und Allergologie abgedeckt, sagt Sudhoff. Zwei Operationssäle für mindestens rund 2000 Eingriffe pro Jahr Zwei OP-Säle werden für ambulante Eingriffe zur Verfügung stehen. Die Kapazität sei für mindestens 2000 Operationen pro Jahr ausgelegt. Sudhoff und seine Kollegen setzen auf ein Höchstmaß an Digitalisierung. Zum Einsatz kommen soll auch KI (Künstliche Intelligenz). Einerseits können die Mediziner über eine App überall auf Patientendaten zugreifen, Befunde und Therapien speichern, Texte diktieren, die sofort in einer elektronischen Patientenakte eingefügt werden. Andererseits werden auch die Patienten ebenfalls über eine App Zugang zu ihren Daten haben. Der Arztbrief, den sie etwa nach einem Eingriff mit nach Hause bekommen, wird mit Hilfe von KI in eine auch für Laien verständliche Sprache übersetzt. Lesen Sie auch zum Thema: Heftiger Streit am Klinikum Bielefeld: Chefarzt hat gekündigt Langer Konflikt am Klinikum Bielefeld eskaliert - Insider äußern sich &bdquo;Bei uns sollen die Patienten nicht lange warten müssen“, sagt Sudhoff. &bdquo;Sie sollen schnell behandelt werden, und wir wollen eine hohe Transparenz gewährleisten.“ Das hat allerdings seinen Preis. Die Leistungen werden nur privatärztlich angeboten. Die Untersuchungen werden je nach Umfang berechnet. Verursachen eine weitergehende Diagnostik oder notwendige Eingriffe höhere Kosten, werden die Patienten darüber vorab informiert. Die Abrechnung erfolgt jeweils direkt mit den Medizinern. Das bedeute jedoch nicht, dass Kassenpatienten ganz außen vor wären, betont Sudhoff. Der habilitierte HNO-Spezialist ist jetzt auch Sektionsleiter für Kopf-Hals-Tumorchirurgie an der Karl-Hansen-Klinik in Bad Lippspringe, hat dort bereits erste Operationen absolviert. Patienten könnten zu Kassenkonditionen dorthin überwiesen und behandelt werden. &bdquo;Ich habe die vergangenen Monate genutzt, um mich neu zu orientieren“, sagt Sudhoff. Er habe die Möglichkeit gehabt, an große Häuser zu wechseln. Am Ende schlug er auch einen Ruf an die renommierte amerikanische Universität Stanford aus, um in Bielefeld seine eigenen Pläne zu verwirklichen. Sudhoff hatte zum 31. März dieses Jahres beim Klinikum Bielefeld gekündigt, weil er nach seinen Angaben auf Mängel bei der Patientenversorgung und die Überlastung des Personals an dem Krankenhaus aufmerksam machen wollte. Klinikum-Geschäftsführer Michael Ackermann hatte Sudhoff daraufhin bereits im September vergangenen Jahres mit sofortiger Wirkung freigestellt, weil er seiner Verschwiegenheitspflicht nicht nachgekommen sein soll. Der international anerkannte Hals-Nasen-Ohren-Spezialist war auch Professor an der Medizinischen Fakultät der Universität Bielefeld. Weil diese Professur an die Chefarzt-Position gebunden ist, musste er sie aufgeben. Inzwischen halte er als Gastprofessor Vorlesungen an Hochschulen in Shanghai und Barcelona, sagt Sudhoff. Und er kümmert sich die Gestaltung der künftigen Praxisetage im Seidensticker-Kontor. In einem anderen Stockwerk lagert bereits die medizinische Ausrüstung vom Ultraschallgerät über einen CO2-Laser für die Tumorchirurgie bis hin zum OP-Mikroskop. Aber nicht nur die medizintechnische Ausstattung soll stimmen. Die Patienten sollen in Praxisräumen empfangen und behandelt werden, die den besonderen Charme der Indusriearchitektur des Gebäudes, das einst zum Anker-Werk 2 gehörte, aufnehmen.

Meistgelesen