Wegen Drogen: Ein attraktives Stadtquartier in Bielefeld steht auf der Kippe

Bielefeld. Die Vorschläge der SPD in der Bezirksvertretung Mitte zur Minderung des Drogen-Problemdrucks im Ostmannturmviertel sind aller Ehren wert. Aber letztlich sind sie auch Ausdruck großer Hilflosigkeit, wenn am Ende nur bleibt, einen Kinderspielplatz zu schließen oder eine Bank abzumontieren. Das ist zu wenig. Vor allem deshalb, weil inzwischen seit bald 20 Jahren nach einem Konzept gesucht wird, damit das Innenstadtquartier nicht weiter im Sumpf von Dealern, Abhängigen und Prostitution versinkt. Drogenhandel und Prostitution Irgendwo müssen die Drogenabhängigen ja hin, heißt es immer wieder. Stimmt. Aber das muss dort sein, wo es für alle Beteiligten, Abhängige und Anwohner, erträglich ist. Im Moment ist es das für die Menschen, die im Ostmannturm leben, eben nicht. Wenn Kinder einen Spielplatz gar nicht mehr nutzen können, weil er nur noch Drogenumschlagplatz und Ort offener Prostitution ist, dann ist der berühmte Tacken zu viel. Das Ostmannturmviertel ist ein eigentlich ein ideales innerstädtisches Wohnquartier. Die Mischung aus alter Bebauung an der Brandenburger Straße und den in den 80er Jahren entstandenen Neubauten ist zusammen mit dem vielen Grün und den kleinen Plätzen auch nach heutigen Maßstäben noch hochmodern und angesagt. Das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen klappt dort besonders gut. Der Nachbarschaftsrat ist dabei ein wichtiges Bindeglied. Doch dessen Vorsitzender Reinhard Kranz hat zuletzt davon berichtet, dass immer mehr Anwohner überlegen wegzuziehen. Sie kapitulieren vor den Verhältnissen. Dabei gibt es gute Ansätze zur Verbesserung der Situation. Sozialdezernent Ingo Nürnberger hat sie zuletzt im März aufgezeigt. Eine verbesserte Ansprache der Abhängigen an der Tüte oder ein Ausbau der Anlaufstelle Kava an der Kavalleriestraße sind sicher richtig. Nur muss den Ankündigungen auch eine Umsetzung folgen. Das gleiche gilt für die Machbarkeitsstudie für die Neugestaltung des gesamten bahnmhofsumfeldes. Dabei ist das Ostmannturmviertel als direkter Nachbar bislang nur am Rande ein Thema. Drogenpolitik gerät an GrnezenDie Probleme im Stadtquartier sind aber ein Beleg dafür, dass die Drogenpolitik an Grenzen gerät. Gesetzt wurde lange Zeit auf Repression, also die konequente Verfolgung von Drogenkriminalität. Bei der Therapie geht es um die Behandlung von Menschen, die abhängig sind und die bereit sind, ihren Konsum zu reduzieren. Genauso wichtig sind Prävention und Früherkennung, damit das Abgleiten in die Sucht gar nicht erst erfolgt. Vielleicht muss noch mehr Gewicht auf die die Schadensminimierung gelegt werden. Dazu gehören Drogenkonsumräume, wie es sie im Drogenhilfezentrum an der Borsigstraße gibt, einfache Angebote wie ein regelmäßiger Sptritzentausch, gesundheitliche und soziale Beratung. All das kann Voraussetzung für einen späteren Ausstieg aus der Sucht sein. Noch mehr Drogentourismus Schadensminimierung kann auch sein, den Schwerstabhängigen Diamaorphin, pharmazeutisch hergestelltes Heroin, zu verabreichen. Doch in diesem Ansatz sehen manche auch ein großes Geschäft, wie die Pläne eines Düsseldorfer Arztes für eine Diamaorphinpraxis in der ehenmaligen Hauptpost an der Nahariyastraße zeigen. Bis zu 400 Patienten sollen dort täglich ihre Spritze oder künftig vielleicht auch entsprechende Tabletten erhalten. Die Stadt will mit einer eigenen Praxis an der Borsigstraße dagegenhalten. Für die Menschen im Ostmannturmviertel kann auch dieser letzte Ausweg für die Abhängigen zu einer zusätzlichen Belastung ihrer Lebenssituation werden. Sie fürchten einen zusätzlichen Drogentourismus. Soweit darf es eigentlich nicht mehr kommen.

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