Warum sind plötzlich so viele Kinder da? Bielefeld braucht 700 Kita-Plätze zusätzlich

Bielefeld. Wer einen Kita-Platz sucht, braucht starke Nerven. Denn die Nachfrage übersteigt das Angebot. 2014 schien der Kita-Platz-Ausbau in Bielefeld abgeschlossen, doch seit 2015 wächst Bielefeld unaufhörlich. Das hat Folgen für die Kita-Landschaft. Die NW fasst alles Wissenswertes für Eltern zusammen. Warum sind plötzlich so viele Kinder da? Neben den steigenden Geburtenraten sind laut Stadt Bielefeld der Zuzug aus anderen Kommunen sowie aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland Gründe, warum mehr Kita-Plätze gebraucht werden. Es sei auch davon auszugehen, dass durch den russischen Überfall auf die Ukraine einige vertriebene Familien in Bielefeld einen neuen Wohnsitz finden werden – und eben einen Kita-Platz benötigen. Wie haben sich die Zahlen entwickelt? Bis 2021 ist die Zahl der Kinder unter sechs Jahren kontinuierlich angestiegen. Das sieht man besonders gut, wenn man sich den jüngsten Jahrgang in den Kitas ansieht. Zum Stand 31. Juli 2013 zählte die Stadt etwa 2.800 Kinder in diesem Bereich. Bis zum 31. Juli 2017 ist die Zahl kontinuierlich auf etwa 3.300 Kinder angestiegen. Nach einem leichten Rückgang zum 31. Juli 2018 (etwa 3.100 Kinder) waren es zum Stand 31. Juli 2021 3.341 Kinder im jüngsten Jahrgang. Im Jahr 2022 sank die Zahl der Kinder erstmals wieder auf 3.223 und fiel zum Stichtag 31. Juli 2023 noch einmal deutlich auf 3.022 Kinder. Dies sorge für eine leichte Entspannung in der Versorgung der unter Dreijährigen. &bdquo;Sollte sich diese Entwicklung so fortsetzen, würde sich dies perspektivisch auch entsprechend positiv auf die Versorgungsquoten der älteren Kinder auswirken“, sagt Sozialdezernent Ingo Nürnberger (SPD). Wie ist der elterliche Bedarf derzeit? Laut Stadt Bielefeld liegt der Bedarf der Eltern bei Kindern, die unter einem Jahr alt sind und eine Kita oder eine Tagespflege besuchen sollen, bei 3 Prozent. Bei Kindern im Alter von 1 bis 2 Jahren sind es 65 Prozent, bei den Zwei- bis Dreijährigen 90 Prozent und bei Kindern, die älter als drei Jahre sind, 100 Prozent. Wie viele Plätze fehlen in Bielefeld? Um alle Kinder ab drei Jahren mit einem Kita-Platz zu versorgen, fehlen in Bielefeld 325 Plätze (Stand Kita-Jahr 2023/2024), erklärt Nürnberger. Damit würde eine Versorgungsquote von 100 Prozent für den Ü-3-Bereich erreicht. Obwohl die Nachfrage der Eltern nach Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren steigt, liegedie Quote aber immer noch deutlich unter der für die älteren Kinder. Hier will die Stadt eine Versorgungsquote von 50 Prozent anstreben; die frühere politisch beschlossene Vorgabe von 43 Prozent reicht heute nicht mehr aus, sagt Nürnberger. Für die Erfüllung einer Versorgungsquote von 50 Prozent fehlen noch 356 Plätze für Kinder unter drei Jahren. Das sind insgesamt 681 Kita-Plätze. Wie will die Stadt den Bedarf decken? Zur Deckung des Bedarfs von zusätzlichen knapp 700 Kita-Plätzen müssten – ohne Zuzüge aus Nachbarkommunen – rechnerisch zehn viergruppige Kitas gebaut werden, so die Verwaltung. Darüber hinaus müssten weiterhin bei den bestehenden Kitas – dort, wo es möglich ist – Plätze von Ü3 in U3 umgewandelt werden. Die Stadt hat ein Interesse daran, dass die Kinder die gesamte Kita-Zeit in derselben Einrichtung verbringen. &bdquo;Sollte das nicht möglich sein, müssen Verbünde im Sozialraum geschaffen werden, damit Kinder gemeinsam mit ihren Freunden in Partnereinrichtungen wechseln“, so Nürnberger. Wie viele Kitas sollen demnächst an den Start gehen? In den letzten Jahren sind laut Stadt bereits 16 neue Kitas und Kita-Erweiterungen in Betrieb gegangen. 16 weitere neue Kitas sind in näherer Zukunft fest eingeplant, heißt es von der Stadt. Außerdem werden in sieben geplanten Wohnbaugebieten neue Kitas entstehen. Was ist mit Kindern, die einen heilpädagogischen Förderbedarf haben? Die Zahl der Kinder mit heilpädagogischem Förderbedarf steigt laut Stadt Bielefeld kontinuierlich an. Die vorhandenen vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe aus Eingliederunghilfemitteln finanzierten heilpädagogischen Plätze würden aber nicht ausreichen, um allen Kindern mit erhöhtem Förderbedarf eine Tagesbetreuung anzubieten. Mit Blick auf die in einigen Jahren geplante Überführung in das KiBiz-Finanzierungssystem, schaffe der dafür bisher zuständige Landschaftsverband Westfalen-Lippe keine neuen Plätze für diese Kinder mehr. Zum Hintergrund: Das KiBiz (Kinderbildungsgesetz) regelt die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der Kindertagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege in NRW. Ziel sei es, alle Kinder gemeinsam zu betreuen und von der spezialisierten Form der exklusiven heilpädagogischen Gruppen abzurücken. Hiermit werde die Grundidee der Inklusion verwirklicht, dass in jeder Kita jedes Kind wohnortnah betreut werden kann. Dazu müsse aber die Gruppenstärke abgesenkt werden – und damit steigt der Druck, zusätzliche Kita-Plätze bzw. Kitas zu schaffen, weiter. Warum geht der Ausbau nicht noch schneller voran? In bereits bestehenden Baugebieten wird es laut Stadt Bielefeld immer schwieriger, geeignete Kita-Grundstücke zu finden. Es gebe eine hohe Konkurrenz, weil es oftmals auch alternative Verwendungsmöglichkeiten für ein Grundstück gebe, die oft lukrativer für Eigentümer und Investoren seien. Diese Konkurrenzsituation führe auch zu steigenden Grundstückspreisen. Außerdem führe der anhaltende Fachkräftemangel dazu, dass sich die Inbetriebnahme einer neuen Kita öfters verzögere.

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