Trotz Rentenalter: Bielefelder Kita-Leiterin muss immer noch weitermachen

Bielefeld. Eigentlich wäre Susanne Gries schon seit Dezember im Ruhestand. Doch die 66-Jährige kann ihren Job nicht an den berühmten Nagel hängen, weil sich keine Nachfolgerin, kein Nachfolger für sie findet. Der nächste Stichtag, der 31. Juli, könnte ebenfalls verstreichen. Und dann? Macht die 66-Jährige auch nach 30 Jahren weiter als Leiterin der Kita &bdquo;Die Glühwürmchen“ in Bielefeld. &bdquo;Wenn es der Vorstand denn will“, sagt sie. Dabei bereiten ihr noch andere Umstände Sorgen. Die Bielefelderin ist mit Leib und Seele Erzieherin. Und ihre &bdquo;Glühwürmchen“ liegen ihr sehr am Herzen. Die kleine eingruppige Kita wird von einem Verein getragen, der aus einer Elterninitiative hervorgegangen ist, die sich 1987 zusammengefunden hatte. Elf Kinder im Alter von ein bis drei Jahren werden aktuell am Grabenkamp in Brackwede liebevoll betreut. Es belastet Susanne Gries, dass ihre Nachfolge noch nicht geregelt ist. Und dass noch nicht alle Plätze für das neue Kindergartenjahr belegt sind. &bdquo;Ich mache meinen Job immer noch sehr gerne“, sagt Susanne Gries, der man das Rentenalter nicht ansieht. &bdquo;Ich kann mir auch noch nicht wirklich vorstellen, nicht mehr jedem Tag in die Kita zu fahren“, sagt sie und lacht. Doch natürlich hofft sie, dass sich mithilfe des Jobcenters oder ihres Dachverbandes, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, eine Lösung findet – zumal die Mitarbeitenden am Grabenkamp ordentlich nach Tarif bezahlt werden. Zudem kann sich die Mutter und Oma auch sehr gut außerhalb der Kita beschäftigen, wie sie mit einem Schmunzeln auf den Lippen erzählt. Pläne für den Ruhestand hat sie natürlich schon, aber die scheinen noch etwas warten zu müssen. Elterninitiative musste Kimbernhaus in Bielefeld verlassen Die Jahre bei den &bdquo;Glühwürmchen“ waren trotz der überschaubaren Größe nicht nur stressfrei, wie Susanne Gries erzählt. Insbesondere die Zeit, als klar wurde, dass die Gruppe nicht mehr im Kimbernhaus im Herzen Brackwedes bleiben konnte, das ab 1995 ihre Heimat war. Nach den Maßstäben des Kibiz, des Kinderbildungsgesetzes in NRW, waren die Räume des Gemeinschaftshauses an der Kimbernstraße nicht mehr zulässig für eine Kita mit damals 15 Kindern. &bdquo;Wir hatten es gut dort“, erinnert sich Gries, sogar eine Turnhalle habe zur Verfügung gestanden. Legendär waren die Flohmärkte auf dem großen Schulhof zwischen Kimbernhaus und Griechischem Lyceum, die von 1998 bis 2013 dort abgehalten worden sind. &bdquo;Um zusätzliches Geld zu generieren, mussten wir erfinderisch sein“, sagt Susanne Gries und lacht. &bdquo;Unser Flohmarkt war eine Institution.“ Bei der Suche nach einer neuen Bleibe habe ein bisschen das Glück geholfen und der Verein sei an einen privaten Investor geraten, der passgenau für die &bdquo;Glühwürmchen“ auf dem Gelände der ehemaligen Kirchengemeinde Brock gebaut habe. Die Glocke vor der Eingangstüre des Wohnkomplexes und die Kirchturmspitze auf dem Außengelände zeugen davon. Lesen Sie auch: Erstaunliche Entwicklung bei Kita-Plätzen in NRW – das steckt dahinter Bielefelder Kita hat sich bewusst gegen 45-Stunden-Angebot entschieden Seit 2014 sind die &bdquo;Glühwürmchen“ unter Susanne Gries’ Leitung nun am Grabenkamp; sie haben dort knapp 200 Quadratmeter zur Verfügung und einen 320 Quadratmeter großen Garten. Die Kinder unter drei Jahren werden dort 35 Stunden pro Woche betreut, von 7.30 bis 15.30 Uhr. &bdquo;Wir haben uns bewusst gegen ein 45-Stunden-Angebot bei den kleinen Kindern entschieden“, sagt die 66-Jährige. Nur fehlen noch etliche Interessenten fürs kommende Kita-Jahr. Susanne Gries hat aus anderen Einrichtungen gehört, dass dort ebenfalls die U3-Plätze nicht immer ausgelastet sind. Auch Tagesmütter haben ihres Wissens nach schon Probleme. Die &bdquo;Glühwürmchen“ haben selbst bei Unterbesetzung ein Jahr Planungsgarantie. &bdquo;Aber danach wäre Schicht“, sagt die Kita-Leiterin, die natürlich hofft, dass es nicht so kommt. Auch interessant: &bdquo;System völlig untragbar“: Unternehmer-Paar nimmt Tochter aus Bielefelder Kita Stagnation beim U3-Bedarf in Bielefeld Jochen Hanke, stellvertretender Leiter des Jugendamtes Bielefeld, bestätigt, dass seit zwei Jahren die Zahl der Kinder rückläufig ist. Die Zahl der unter Einjährigen fiel erstmals seit zehn Jahren auf unter 3.000, es gebe eine Stagnation beim U3-Bedarf. Aber zusammen mit dem Ausbau der Kita-Plätze in den vergangenen Jahren ergebe sich eine komfortable Situation: Erstmalig seit 2014 stehen ab dem Kita-Jahr 2025/26 planerisch für Bielefeld genügend Betreuungsplätze in den Kitas und in der Kindertagespflege zur Verfügung. Im Ü3-Bereich werde eine Versorgungsquote von 100,9 Prozent erreicht, im U3-Bereich von 48,4 Prozent. 50 Prozent seien dort angestrebt und deckten den Bedarf. Das biete die Chance, weiter kontinuierlich Überbelegung abzubauen, die früher angesichts knapper Plätze nötig war. Zum Thema: Trotz großer Finanzsorgen – darum verzichten Kitas in OWL auf Millionen vom Land Auch die &bdquo;Glühwürmchen“ haben aktuell ein Kind mehr, als ihre Regelgröße vorsieht. Susanne Gries hofft natürlich, dass sich alle zehn Plätze doch noch alle füllen. Die Jugendamtsstatistik könnte Hoffnung machen: Danach nehmen 90 Prozent aller Eltern von Zwei- bis Dreijährigen das Angebot eines Kita-Platzes an. Genau die richtige Zeit, wie erfahrene Fachfrau weiß: &bdquo;Die Erfahrungen haben gezeigt, dass entwicklungsbedingt vor allem Kinder ab dem zweiten Lebensjahr von dem Besuch einer Kita profitieren.“ Und die überschaubare Größe der &bdquo;Glühwürmchen“ sei für die sehr jungen Kinder von Vorteil, da sie in Geborgenheit und familiärer Atmosphäre betreut werden könnten. 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW-Bielefeld

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