Bielefelder Familie holt das Maximum aus alter Immobilie

Bielefeld. Endlich geht es wieder zügig weiter beim Bau des Hauses, zurück liegen die Momente der bösen Überraschungen, an die sich Melina Sapo heute mit einer Mischung aus Schreck und Komik erinnert. Als sie und ihr Mann sowie die Helfer der Familie ganze Äste aus den labilen Zwischendecken zogen, eingebettet in Stroh und Schutt, und was die Bauleute Ende des 19. Jahrhunderts sonst noch so alles zwischen die Balken stopften. 2013 hatten sich Melina Sapo und ihr Mann in das Einfamilienhäuschen im nahen Osten von Bielefeld verliebt und den Bau von 1890 mit viel Hingabe und Ausdauer renoviert. In der ersten Sanierung legte die Familie mit lettisch/polnischen Wurzeln das Haus tiefer, buddelte mit Stirnlampen und Spaten drei neue Keller und verlegte den bestehenden Kohle-Bunker so weit nach unten, dass Erwachsene erstmals aufrecht darin stehen konnten. Nach dem Tiefbau ging es an den Anbau. Das ehemalige Einliegerhaus sei damals kalt, dunkel und nass gewesen erzählt Sapo. Heute ersetzt eine Glasfront die Wand zum Garten und lässt viel Luft samt Sonnenlicht in den großen Raum. Der gegenwärtig als Abstellkammer dient, weil sich die Familie seit diesem Frühjahr zu sechst in einer 70 Quadratmeter großen Wohnung organisiert, während das Haus jetzt einen kompletten Umbau erfuhr. Als das Paar 2014 erstmals in sein Haus einzog, war das älteste Kind drei Jahre. Im Laufe der Zeit kamen noch drei Geschwister hinzu und der Platzbedarf stieg. Herausforderung windschiefe Außenwand Was tun? "Hätten wir das alte Haus abgerissen, könnten wir nur einen Turm bauen, denn zum Nachbarn müssten wir drei Meter Abstand halten und einen Parkplatz müssten wir auch noch bauen" schildert Sapo die Zwänge der Bauordnung. Also aufstocken. "Ein Statiker hat berechnet, was die alten Wände tragen, ein befreundeter Architekt hat den Umbau nach unseren Wünschen entworfen und ein Bauleiter aus der Nachbarschaft behält die Fortschritte im Blick. Zu den großen Herausforderungen habe es gehört, auf der windschiefen Außenwand, die direkt an das Nachbarhaus grenzt, aufzustocken und später noch zu dämmen. "In diesem Haus gab es keine rechtwinkligen Wände", erzählt Familien-Managerin Sapo beim Klettern von Etage zu Etage übers Baugerüst. Unter dem neuen Dach, das rund 90 Zentimeter höher hinaus durfte, widmen sich die Arbeiter dem Innenausbau. Da sie bereits vor fünf Jahren eine moderne Gasheizung mit höherer Kapazität eingebaut hätten, sei die auf 300 Quadratmeter gewachsene Wohnfläche kein Problem. Rigips-Wände kämen ihr nicht ins Haus, stattdessen solider Beton, der an manchen Stellen auch sichtbar bleiben soll. Wie die alten roten Ziegelsteine, die den Charme des Mauerwerks ausmachen: "Wir möchten die Geschichte des Hauses wahren" sagt sie und präsentiert im Garten einen Stapel dicker Bohlen, die einst als Türzargen dienten. "Die hatte ich gemeinsam mit meinem Vater aufgearbeitet. Diese Stämme samt Maserung und Spuren von Insekten besitzen soviel Charakter und kommen später wieder ins Wohnzimmer." Erst Corona, dann massiv gestiegene Baukosten Einen Termin für den Wiedereinzug gebe es noch nicht, auch wenn die Arbeiten gut vorankommen, sagt sie. Eigentlich hatte das Paar den für rund 200.000 Euro kalkulierten Umbau schon für 2019 geplant - da seien die Kreditzinsen zwar niedrig gewesen - bloß habe es an Firmen gefehlt, weil alle bauten. Dann sei Corona gekommen und das Projekt ins Stocken geraten. "Diesen April haben wir dann spontan entschieden, dass wie endlich anfangen" erzählt Sapo, während sie im Garten mit einem befreundeten Handwerker aus der alten Heimat die Bohlen zusammensteckt. Im Buggy döst die kleine Linda und träumt vielleicht schon vom ersten eigenen Kinderzimmer.

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